Die digitale Transformation - KlimaKom

16. Mai 2017

Die digitale Transformation krempelt vieles um

Neue Infrastrukturen stellen Kommunen vor Herausforderungen

Die „digitale Transformation“ ist derzeit eines der großen Themen in Politik, Wirtschaft und Wissenschaft. Die Nutzung digitaler Technologien und die Dynamik ihrer Weiterentwicklung krempeln unsere Gesellschaft tiefgreifend um. Geschäftsmodelle, Wertschöpfungsketten und -netzwerke, Kundenbeziehungen in der Wirtschaft verändern sich durch digitale Infrastrukturen und Anwendungen rasant ebenso wie zwischenmenschliche Kommunikationsprozesse.

 

Vernetzung, Kommunikation in Echtzeit, Big Data und Analyse-Algorithmen schaffen vollständige Transparenz, beschleunigen Prozesse und versprechen Effizienzsprünge. Neue Geschäftsmodelle und Anwendungsmöglichkeiten entstehen in allen Winkeln von Wirtschaft und Gesellschaft.

Auch der öffentliche Sektor wird erfasst: Mit dem Schlagwort der „Smart City“ werden die Potenziale und Wirkungen der digitalen Revolution in Städten und Gemeinden auf den Begriff gebracht. Wer „smart“ ist, ist nicht nur geschickt, gewieft, pfiffig und schlau sondern auch proper, schmuck, elegant. Die digitale Transformation verspricht den Städten die Lösung nahezu aller anstehenden Herausforderungen: mit einer intelligenten, auf digitalen Technologien basierenden, alle Felder der Stadtentwicklung einbeziehenden Vernetzung kann eine gewaltige Rationalisierung aller städtischen Systeme und Infrastrukturen erreicht werden. So können Verkehrssysteme in Echtzeit gesteuert, lange Staus und Parksuchverkehre ebenso vermieden werden wie unterbesetzte Busse im ÖPNV.

Eine Frage der Effizienz

Durch die digitale Analyse und Steuerung von Energieverbräuchen und -bedarfen können Effizienzsteigerungen erreicht, der Einsatz erneuerbarer Energien wirkungsvoll koordiniert und die Klima-Bilanz verbessert werden. Steuerungs- und Verwaltungsabläufe können optimiert, Bürger online besser beteiligt und öffentliche Räume sicherer werden. Warenströme können effizienter organisiert, Siedlungssysteme und Infrastrukturen besser geplant, kosteneffizienter gebaut und unterhalten werden. Nicht zuletzt kann die Betreuung hilfsbedürftiger Menschen in digital vernetzten „smart homes“ mithilfe von innovativen Assistenzsystemen sichergestellt werden. Zum Wohle der Menschen und der Umwelt optimiert die smarte Stadt ihren Stoffwechsel, hebt Leistungs- und Effizienzreserven, macht die Zukunft planbar und sorgt für Sicherheit.

Gigantisches Projekt

Und natürlich auch zum Wohle der Wirtschaft! Der Umbau der Städte zu Smart Cities ist in erster Linie ein gigantisches Investitions- und Infrastrukturprojekt. Bevor die Reduktion der Betriebskosten im städtischen Metabolismus im Umfang von versprochenen 70 Prozent erreicht werden können, stehen gigantische Investitionen in digitale Infrastrukturen an. Allein im öffentlichen Bereich werden die anstehenden Investitionen in Deutschland auf 200 Milliarden Euro bis 2020 geschätzt. Kein Wunder, dass die großen globalen Infrastruktur- und Technologiekonzerne bei den deutschen Städten Schlange stehen und versuchen, ihre Version von der „schönen neuen Stadt“ den Entscheidungsträgern nahe zu bringen. Ihr zentrales Argument: Wer bei den Smart Cities vorn dran ist, führt den Wettbewerb der Standorte an. Wer möchte seine Kommune nicht gerne als modern, offen und smart vermarkten?

Die digitale Infrastruktur ist dabei der zentrale Engpass. Wer die Früchte der digitalen Transformation ernten will, muss im Wortsinne dafür den Boden bereiten. Die Verfügbarkeit eines schnellen Internets ist die Grundvoraussetzung, um am digitalen Umbau der Gesellschaft teilnehmen zu können. Die Breitbandversorgung wird zur elementaren Basisinfrastruktur, wie die Strom- und Wasserversorgung. Dabei ist längst die Rede von der Gigabit-Gesellschaft. Übertragungsraten von 30 bis 50 Megabyte pro Sekunde, die heute in den staatlichen Ausbauprogrammen den ländlichen Regionen nahegebracht werden, führen schon morgen wieder zu Engpässen. An den Einfallstraßen der großen Städte werben die Internetfirmen mit Glasfaser bis in die Wohnung und Übertragungsraten jenseits der 100 Megabyte pro Sekunde.

 

Prof. Dr. Manfred Miosga, Diplom-Geograph und Gründungsmitglied der KlimaKom Kommunalberatung, beschäftigt sich unter anderem intensiv mit Vor- und Nachteilen der gesellschaftlichen Digitalisierung.

Prof. Dr. Manfred Miosga, Diplom-Geograph und Gründungsmitglied der KlimaKom Kommunalberatung, beschäftigt sich unter anderem intensiv mit Vor- und Nachteilen der gesellschaftlichen Digitalisierung.

Die Industrie 4.0

Die Disparitäten in der Qualität der digitalen Infrastrukturversorgung drohen alte Spaltungslinien der Gesellschaft zu vertiefen: Stadt gegen Land, Metropole versus peripherer ländlicher Raum. Ohne diese neue Basisinfrastruktur gibt es keine Chance, von den Dezentralisierungspotenzialen der digitalen Wirtschaft zu profitieren.

Die „Industrie 4.0“ als digital vernetzte, zunehmend automatisierte und intelligent gesteuerte Wirtschaft verändert die Standortanforderungen der Unternehmen. Nur wer über eine leistungsfähige Datenübertragungsinfrastruktur verfügt, kann bei der Neuformierung von räumlichen Standortmustern mitspielen. Neue digitale Dienstleistungen eröffnen ländlichen Räumen Perspektiven, ihre Lebensqualität zu verbessern. Standortnachteile im Zugang zu Infrastrukturen der Daseinsvorsorge beispielsweise im Gesundheitswesen, beim Handel oder in der Bildung könnten durch Online-Dienste kompensiert werden. Die virtuelle Erreichbarkeit wird folglich zu einem entscheidenden Faktor für die Lebens- und Arbeitsbedingungen auf dem Lande.

 

Die totale Datentransparenz

Die digitale Transformation eröffnet noch eine zweite Konfliktlinie. Die Verknüpfung von Smart Cities, Smart Buildings und Smart Homes sorgen bis ins Wohn- und Schlafzimmer für die totale Datentransparenz. Das Interesse der privaten Konzerne und nicht nur dieser an diesen Daten ist groß.

Wie also können die Bürgerinnen und Bürger vor dem digitalen Zugriff auf ihre Privatsphäre und vor der digitalen Überwachung geschützt werden? Diese Frage ist bisher nicht befriedigend beantwortet.

Überhaupt wird in vielen Diskussionen um die digitale Transformation vergessen, dass diese in erster Line den Menschen dienen soll. Dies bringt die Kommunen ins Spiel. Die Daseinsvorsorge war bisher bei den Kommunen am besten aufgehoben. Dies gilt auch für die Basisinfrastrukturen der digitalen Transformation. Die Kommunen sind die staatliche Ebene, die den Menschen am nächsten ist. Sie haben die Erfahrung für die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an Entscheidungsprozessen. Diese Erfahrung sollte genutzt werden, um die Bürger an der Ausgestaltung der digitalen Transformation in der Kommune zu beteiligen und zwar nicht nur bei den Fragen zu den Anwendungs- und Einsatzbereichen digitaler Technologien, sondern insbesondere auch bei der Frage des Umgangs mit den Daten und der Datensicherheit.


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27. März 2024


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