31. Juli 2017 – Anzeige

Lärmreduzierung beschäftigt die Kommunen

Forschungsverbund „Leiser Verkehr“ stellt Möglichkeiten der Städte und Gemeinden vor

Verkehrslärm beeinträchtigt das Leben vieler Menschen. Aus Umfragen des Umweltbundesamtes geht hervor, dass sich etwa 50 Prozent der deutschen Bevölkerung vom Straßenverkehrslärm gestört oder belästigt fühlen und um die 20 beziehungsweise 15 Prozent vom Flugverkehrslärm bzw. Schienenverkehrslärm. Die Zunahme des Transitverkehrs in Ost-West-Richtung, die wachsende Verlagerung von Gütern von der Schiene auf Lkw – hier wird ein Wachstum von bis zu 40 Prozent bis 2030 prognostiziert – und die zunehmende Auslieferung von Online-Bestellungen lassen erwarten, dass insbesondere der Straßenverkehr ein großes Problem für die Bürger von Städten und Gemeinden bleibt oder sogar noch belastender wird.

 

Lärm hat verschiedene Auswirkungen auf den Menschen. Unterschieden wird zwischen der auralen, das heißt der Lärmschwerhörigkeit verursachenden Wirkung, und extraauralen Wirkungen. Dazu gehören Kommunikationsstörungen und Schlaf- beziehungsweise Ruhestörungen, die sich leistungsmindernd auswirken können, sowie vegetative Reaktionen. Zusammen können sie Krankheitsbilder auslösen oder verstärken wie kardiovaskuläre Erkrankungen und Depressionen.

Unter anderem wird die akute Störung der verbalen Kommunikation als mögliche Ursache der Beeinträchtigung des langfristigen Spracherwerbs und der Leseleistung von Schulkindern betrachtet.

Die Lärmminderung an der Quelle (Emission) stellt die effektivste Maßnahme zur Minderung des Verkehrslärms dar, gefolgt von Lärmminderung auf dem Weg zum Ohr (Transmission) durch passiven Schallschutz, und letztendlich am Ohr selbst (Immission) durch Hörschutz. Diese Lärmminderungsmaßnahmen sind technischer Natur.

 

Die Windrichtung spielt bei der Belästigung durch Verkehrslärm eine erhebliche Rolle.

Die Windrichtung spielt bei der Belästigung durch Verkehrslärm eine erhebliche Rolle.

Minderung von Emission und Transmission

Im Flugverkehr gäbe es die Möglichkeit, lärmarme An- und Abflugverfahren (zum Beispiel gleichmäßiger Sinkflug statt gestaffeltem Sinken beim Anflug, lokale Optimierung der Lärmbelastung durch geeignete Streckenführung und Navigation beim Abflug) einzuführen, und lärmreduzierende Maßnahmen an Triebwerk und Zelle vorzunehmen, die wahrnehmbar leisere Flugzeuge zur Folge hätten.

Im Schienenverkehr geht der bei weitem größte Lärm von den herkömmlich mit Graugussbremsen ausgerüsteten Güterwagen aus. Beim Bremsen drücken die Bremsklötze auf die Laufflächen der Räder und rauen diese auf, was zu lauten Rollgeräuschen führt. Abhilfe schaffen „Flüsterbremsen“, die die Laufflächen glatt halten, so die „K-Sohle“ aus Komposit-Werkstoffen und die „LL-„low noise, low friction“-Sohle (wenig Lärm, wenig Abrieb). Letztere ist günstiger und eignet sich besonders für die Umrüstung von Bestandsgüterwagen, was zur Zeit in Deutschland geschieht. Anders als Schallschutzwände wirken Änderungen an den Wagen auf dem gesamten Streckennetz.

Im Straßenverkehr bestimmen der Mix aus Autos, Lkws und anderen Fahrzeugen, das Antriebsgeräusch (Motor, Antriebsstrang, Auspuff) und Rollgeräusch (Reifen-Fahrbahn) das Gesamtgeräusch. Ausschlaggebend, welche Quelle dominiert, ist die Geschwindigkeit. Die Fahrzeugaerodynamik spielt innerörtlich keine Rolle. Lärmarme Reifen und ein „Flüsterasphalt“ reduzieren hörbar das Rollgeräusch. Beim Antriebsgeräusch von Autos bestünde ebenfalls Minderungspotenzial, doch ein „kerniger Sound“ ist für so manch einen Autofahrer wiederum ein Verkaufsargument.

Ansatzmöglichkeiten im Straßenverkehr

Welche technischen Möglichkeiten zur Reduzierung von Verkehrslärm es gibt, hat der Forschungsverbund Leiser Verkehr auf seiner Website zusammengefasst. Auf die Entwicklung und Einführung technischer Maßnahmen haben Kommunen zwar keinen Einfluss, aber die Informationen könnten ihren Vertretern als argumentative Hilfestellung dienen, wenn sie ihre Forderungen zum Schutz ihrer Einwohner gegenüber zuständigen Behörden und der Politik zum Ausdruck bringen möchten.

Neben den technischen und betrieblichen Verbesserungen können die Gemeinden auch folgende Lärmminderungsmaßnahmen ergreifen:

  • Kommunale Fuhrparks können auf lärmarme Fahrzeuge (Elektro- oder Hybridfahrzeuge) umgerüstet werden.
  • Eine Verkehrsberuhigung, die durch einen gleichmäßigen Verkehrsfluss erzielt wird (grüne Welle, Kreisverkehre) kann den Lärm mindern. Auch ein Straßenversatz beziehungsweise Blockparken in Wohnstraßen können Verbesserungen erzielen. Bremsschwellen dagegen verlangsamen zwar zunächst die Fahrgeschwindigkeit, eine danach folgende Beschleunigung wirkt sich aber negativ auf den Fahrlärm aus.
  • Innerörtlich können Geschwindigkeitsbeschränkungen festgelegt werden, nachts könnte eine zusätzliche Reduzierung helfen.
  • Der Durchgangsverkehr aus Ortsmitten oder Wohnbereichen kann verbannt sowie Wohnstraßen für Lastwagen gesperrt werden.
  • Bei Teilstrecken, auf denen höhere Geschwindigkeiten zugelassen sind, kann Flüsterasphalt lämmindernd wirken.
  • Bei Lärmkontrollen könnte die Kommune übermäßig laute oder getunte Fahrzeuge, speziell Motorräder und Mopeds, aus dem Verkehr zu ziehen.
  • Intelligente Geschwindigkeitsregelungen, zum Beispiel abhängig von Windrichtung, zum Beispiel bei hohem Fahrzeugaufkommen auf ortsnahen Umgehungsstraßen oder Autobahnen können den Lärm reduzieren.
  • Bei der Erschließung von Neubaugebieten könnten lärmreduzierende Bauweisen gefordert werden, die zudem durch lärmdämmende Grünanlagen unterstützt werden.
  • Der Bau von Umgehungsstraßen und Lärmschutzwänden wirkt sich ebenfalls positiv aus.

 

Info:  Forschungsverbund „Leiser Verkehr“

In dem 1999 auf Initiative des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) gegründeten Verbund haben sich Partner aus Industrie, Behörden und Forschung in einem branchenübergreifenden Forschungs- und Technologieprogramm zusammengefunden, um den Verkehrslärm durch technische Eingriffe an seinen Quellen und durch lärmarme Betriebsweisen spürbar und nachhaltig zu senken.

Zwar konnte in den vergangenen Jahrzehnten der Verkehrslärm beachtlich gesenkt werden: 25 Dezibel in der Luftfahrt, acht bis zehn Dezibel im Straßen- und bis zu 20 Dezibel im Hochgeschwindigkeitsschienenverkehr (zehn Dezibel bedeuten eine Halbierung der Lautstärkeempfindung). Dies reicht aber nicht aus; vielmehr müssen die noch vorhandenen Potenziale – in jeder der Verkehrssparten mehr als zehn Dezibel – konsequent erschlossen werden, um Verkehrswachstum und Lärmzuwachs zumindest teilweise zu entkoppeln. Neben den technischen Lösungen stellt der Verbund wissenschaftliche Grundlagen für sachgerechte, ordnungspolitische Entscheidungen bereit.

Weitere Informationen zur Lärmwirkungsstudie NORAH:  www.laermstudie.de


Logo Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V.

Geschäftsstelle Leiser Verkehr

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27. März 2024


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