Die Hohe Kemenate – vom Mittelalterkamin zur modernen Bibliothek
Erfolgreiche Sanierung in Karlstadt am Main
Karlstadt ist mit seinen alten Wehrtürmen, pittoresken Mauern und geschichtsträchtigen Toren ein wahres Schmuckstück. Die Kreisstadt des Landkreises Main-Spessart liegt idyllisch umgeben von Weinbergen im Fränkischen Weinland direkt am Main. Eines der interessantesten Gebäude der Altstadt ist die Hohe Kemenate, die nach 1995 dank einer erfolgreichen Sanierung zu einer modernen Stadtbibliothek mit einer Informationsstelle für Touristen umgewandelt wurde.
Die Baumaßnahmen dauerten vier Jahre und haben die Lebensqualität von Karlstadt nachhaltig verbessert. Auch wenn die Touristen-Informationsstelle 2010 in ein anderes Haus verlegt wurde, ist die Hohe Kemenate nach wie vor ein beliebter Treffpunkt und ein Gebäude, in dem sich Bürger und Gäste gerne aufhalten.
Die Hohe Kemenate von Karlstadt – historisch betrachtet
Eine Kemenate war eigentlich das Kamingebäude einer Burg. Man baute jedoch auch in den von Stadtmauern umgebenen Orten gerne Kemenaten – also turmartige, steinerne Gebäude mit einem Kamin. Manche dieser Kemenaten waren öffentliche Zufluchtsorte in Krisenzeiten – andere waren sichere Wohnhäuser wohlhabender Bürger und für die Nachbarn nicht zugänglich.
Die Kemenate von Karlstadt besteht aus einem Vorder- und einem Hinterhaus. Das Vorderhaus entstand um 1200 in den Gründungsjahren von Karlstadt.
Die ursprüngliche Aufgabe des Hauses wurde anlässlich der Sanierung in den 90er Jahren gründlich erforscht und dennoch nie völlig ergründet. Wahrscheinlich war es das Privatgebäude einer Ministerialenfamiliefamilie aus Würzburg.
Das Archivmaterial zeigte jedoch, dass die Hohe Kemenate immer wieder umgebaut wurde, und dass das Hinterhaus erst im 14. Jahrhundert entstand. Die Kirchenbücher erlaubten außerdem zumindest einen Blick auf die früheren Bewohner bis zum Jahr 1638. Ab diesem Zeitpunkt lebten hier hauptsächlich Handwerker. In den Jahren vor der Sanierung war im Erdgeschoß sogar eine Kfz-Werkstatt mit Tankstelle!
Die Hohe Kemenate heute
Bei der umfassenden Renovierung legte man großen Wert darauf, möglichst viel der ursprünglichen Bausubstanz zu bewahren. Dafür musste man alte Zeichnungen und Pläne gründlich erforschen, da gerade die Umbauten, die im 20. Jahrhundert durchgeführt worden waren, einiges zerstört hatten.
Der wichtigste Teil einer Kemenate ist natürlich der Kamin. Er befindet sich im unteren Saal des Gebäudes und wurde als Drahtmodell rekonstruiert. Vorder- und Hinterhaus wurden mit einem gläsernen Bereich miteinander verbunden und mit einem neuen Anbau erweitert. Dach und Giebel wurden mithilfe von Stahlträgern gesichert, alte Mauern freigelegt, Wandmalereien restauriert.
Im Vordergebäude befindet sich neben dem Lese- und Veranstaltungssaal im Erdgeschoß in den übrigen Stockwerken die Stadtbibliothek. Im hinteren Gebäude und Anbau sind die Kinder- und Jugendbibliothek untergebracht. Im Lese-Café stellen regelmäßig unterschiedliche Künstler aus. Das Gebäude wirkt heute lichtdurchflutet und lädt dank gemütlicher Leseräume auch zum Stöbern, Recherchieren und Verweilen ein.