Kaltes Nahwärmenetz passt sich den Jahreszeiten an
Markt Dollnstein setzt auf das etwas andere Konzept / Bedarfsgerechte Lösung empfiehlt sich den kleineren Kommunen
Der Markt Dollnstein, westlich von Eichstätt, geht innovative Wege in der Energiewende. Seit 2014 gibt es hier eine intelligente Wärmeversorgung über ein Nahwärmenetz. Es liefert bedarfsgerecht und variabel genau die Wärme, die tatsächlich in den Haushalten und Gemeindegebäuden gebraucht wird. Das Besondere daran: Es ist ein kaltes Nahwärmenetz. Flüssiggas deckt dabei die Spitzenlast ab.
Die Idee zum Wärmenetz entstand 2011, als neue Wasserleitungen verlegt werden sollten. Die erforderlichen Erdarbeiten sollten zugleich mit der Verlegung eines Wärmenetzes erfolgen. Doch schnell zeigte sich, dass die klassische Technik für die kleine Gemeinde einfach eine Nummer zu groß war.
Im Sommer kühler
Normal stellt die Heizzentrale im Nahwärmenetz Wasser mit 80 Grad Celsius (°C) bereit. Dieses gelangt zu den Haushalten für Heizen und Warmwasseraufbereitung. In einer Gemeinde wie Dollnstein lässt sich so ein Netz aber nur im Winter wirtschaftlich betreiben. Wird im Sommer nicht mehr geheizt, sind die Wärmeverluste entlang der Rohrleitungen wesentlich höher als der eigentliche Wärmebedarf. Was also tun?
Der ortsansässige Energiespezialist ratiotherm übernahm die Konzeption. Und die Idee zum kalten Nahwärmenetz stand im Raum. Die Idee dahinter: Absenkung der Betriebstemperatur in den Sommermonaten auf 25 bis 30 °C. Das reduziert die Leistungsverluste auf weniger als ein Viertel. Die Heizzentrale bleibt abgeschaltet. Denn die Wärme für das Netz stellt eine Solarthermieanlage mit Wärmespeicher erneuerbar bereit. Da 30 °C jedoch nicht immer ausreichend sind, haben die Haushalte spezielle Übergabestationen: Kleine Wärmepumpen erhitzen das Wasser bis auf 70 °C und befüllen die häuslichen Pufferspeicher. Das Gute: Der Strom dafür ist erneuerbar und kommt von der Photovoltaikanlage (PV-Anlage) auf dem Schuldach.
Schlaue Steuerung
Weitere Besonderheit des Dollnsteiner Nahwärmenetzes ist die intelligente Steuerung: Alle Komponenten sind miteinander vernetzt. Sie teilen sich mit, wie viel Strom und Wärme zur Verfügung stehen und wie hoch der einzelne Bedarf ist. Eine ausgeklügelte Regeltechnik sorgt dafür, dass Wärme und Strom aus Sonnenenergie möglichst effizient genutzt werden. So kann das Dollnsteiner Wärmenetz in den Sommermonaten fast ausschließlich mit Sonnenenergie betrieben werden.
Und in der kalten Jahreszeit? Im Winter, mit viel Heizwärmebedarf, läuft das Netz bei üblichen 80 °C. Die Wärme hierfür stammt nur zum Teil aus der Heizzentrale mit ihrem Blockheizkraftwerk (BHKW).
Da das BHKW auch Strom erzeugt, treibt dieser zusammen mit dem der PV-Anlage eine große Wärmepumpe an, die das 6 bis 8 °C warme Grundwasser als zuverlässige Wärmequelle nutzt. So schöpft man die Hälfte des winterlichen Wärmebedarfs aus regenerativen Quellen. Zur Spitzenlastabdeckung kommt Flüssigas zum Einsatz.
Einsparpotenzial für Gemeinde und Bürger:
- 40 Prozent weniger Energieeinsatz
- 70 Prozent weniger Kohlendioxidemissionen