Sozial bauen im Süden der Bundesrepublik
Die Bundesländer im Vergleich – Teil 2: Baden-Württemberg und Bayern
In den vergangenen Jahren hat sich der Mangel an bezahlbarem Wohnraum in den europäischen Groß- und Universitätsstädten verstärkt. Heute weist nahezu jedes europäische Land Ballungsräume mit einem dezimierten Bestand und einem zunehmenden Bedarf an sozialem Wohnungsbau auf. Auch in Deutschland war in den letzten Jahren eine gestiegene Nachfrage an mietpreisgebundenen Wohnungen zu verzeichnen, während der Gebäudebestand an geförderten Wohnungen kontinuierlich abnahm.
Die Anzahl belegungsgebundener Wohnungen ist in den letzten Jahren von 1,6 Million (2010) auf 1,2 Million (2016) zurückgegangen. Demgegenüber steht der Bedarf an einer Million neuen und vor allem preisgünstigen Wohnungen bis zum Jahr 2020.
In Deutschland liegt die Verantwortung für die soziale Wohnraumförderung seit der Föderalismusreform von 2006 bei den Bundesländern. Bis heute haben 14 der 16 Bundesländer spezifische Landesgesetze erlassen oder regionale Förderprogramme entwickelt. Dies hat den Vorteil, dass die spezifischen Förderprogramme auf die vielfältigen, regionalen Bedarfe reagieren können.
Zugleich bewirkt dies aber auch, dass die landesspezifischen Gesetze und Förderprogramme unterschiedliche Förderbausteine verwenden und schwierig zu vergleichen sind.
Diese Vielfältigkeit in den Förderprogrammen der Bundesländer wird auch in deren Planungsanforderungen für geförderte Wohnbauprojekte deutlich. Im ersten Teil dieser Serie (im September 2018 in KOMMUNALtopinform erschienen) stellten Theresa Kotulla und Prof. Dr. Elisabeth Beusker vom Lehr- und Forschungsgebiet Immobilienprojektentwicklung (IPE) der RWTH Aachen die Planungsanforderungen der Bundesländer Hessen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein vor. Dieser zweite Teil widmet sich der Situation in Bayern und Baden-Württemberg.
Baden-Württemberg
In Baden-Württemberg (BW) bilden das Landeswohnraumförderungsgesetz (LWoFG, 2007) und die Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums zum Förderprogramm Wohnungsbau von 2018/ 2019 (VwV-Wohnungsbau BW 2018/ 2019) die gesetzliche Grundlage für die soziale Wohnraumförderung. Im Rahmen der Förderangebote werden zinsverbilligte Darlehen und Zuschüsse gewährt. Im LWoFG sind die Fördergrundsätze und Fördermittel beschrieben. Außerdem sind die Fördervoraussetzungen, die Einkommensgrenzen für die zukünftigen Mieterhaushalte sowie die Rahmenbedingungen geförderter Wohnungen definiert.
Im Hinblick auf den Neubau von Mietwohnungen werden die förderfähigen Maßnahmen, die Miet- und Belegungsbindungen sowie die maximal zulässigen Miethöhen beschrieben. Darüber hinaus legt die VwV-Wohnungsbau in Verbindung mit den Durchführungshinweisen des Wirtschaftsministeriums auch die Planungsanforderungen wie die Obergrenzen für Wohnflächenvorgaben von verschiedenen Wohnungstypen, spezifische Vorgaben für das Gesamtprojekt wie Barrierefreiheit und Kinderwagenstellplätze fest. Die Einzelheiten sind in der Grafik zu erkennen.
Bayern
Die soziale Wohnraumförderung in Bayern wird durch das Gesetz über die Wohnraumförderung in Bayern (BayWoFG, 2007) und die Wohnraumförderungsbestimmungen Bayern (WFB Bayern) von 2012 geregelt. In diesem Bundesland setzt sich die Wohnraumförderung aus der Einkommensorientierten Förderung (EOF) und der Aufwendungsorientierten Förderung (AOF) zusammen.
In Bayern können so – anders als etwa in Baden-Württemberg – neben Darlehen und Einmalzuschüssen an den Bauherrn auch monatliche Zuschüsse an den Mieter gewährt werden.
Das Gesetz definiert auch die grundlegenden Förderbedingungen, die Förderfähigkeit des Wohnraums und die Einkommensgrenzen für die zukünftigen Mieterhaushalte. Darüber hinaus sind in Bayern die spätere Zweckbestimmung und die Bindungsdauer des Wohnraums geregelt. Die WFB Bayern legen die förderfähigen Maßnahmen, die Förderempfänger und die allgemeinen technischen Anforderungen fest. Außerdem regeln die WFB Bayern grundsätzliche Fördervoraussetzungen, die maximal zulässigen Miethöhen und die Belegungsbindungen.
Darüber hinaus sind hier auch weitere Planungsanforderungen wie die Obergrenzen für Wohnflächen von verschiedenen Wohnungstypen, Kostenobergrenzen für geförderte Wohnungen und Anforderungen hinsichtlich der Barrierefreiheit geförderter Wohnbauprojekte geregelt, wie an der Grafik zu erkennen ist.
Fünf Bundesländer – fünf Vorgaben
Alle fünf Länder, mit denen sich die IPE der RWTH Aachen beschäftigt hat, legen Unter- und Obergrenzen für Wohnflächenvorgaben von verschiedenen Wohnungstypen oder Haushaltsgrößen fest. Auch die Vorgaben für die Wohnungen sind definiert. Zu diesen Vorgaben zählen die Mindestgrößen bestimmter Räume. Darüber hinaus gibt es Vorgaben für das gesamte Wohnbauprojekt. Die Unterschiede in den Planungsvorgaben fallen vor allem bei den Wohnflächenvorgaben der Bundesländer auf.
In Baden-Württemberg dürfen 2-Zimmer-Wohnungen nur 45 Quadratmeter aufweisen. In Bayern gesteht man einem 2-Personen-Haushalt eine 2-Zimmer Wohnung mit 55 Quadratmetern zu. Des Weiteren gibt es Unterschiede in den Vorgaben hinsichtlich der Barrierefreiheit geförderter Wohnbauprojekte. In Bayern und Nordrhein-Westfalen müssen alle geförderten Wohnungen und die Erschließung zu diesen Wohnungen barrierefrei realisiert werden. In Baden-Württemberg müssen geförderte Wohnungen lediglich dann barrierefrei sein, wenn für diese eine entsprechende Zusatzförderung in Anspruch genommen wurde. In Schleswig-Holstein gibt es dagegen keine Anforderungen an die Barrierefreiheit im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung.
Der 1. Teil dieser Untersuchung, in der die Bundesländer Hessen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein im Fokus standen, finden Sie >> hier << .