Neuschwanstein: 150 Jahre bayerisches Märchenschloss
Trotz zahlreicher Besucher laufen komplexe Restaurierungsaufgaben im und am Schloss
Schloss Neuschwanstein und die Bayerische Schlösserverwaltung stehen derzeit vor einer der größten und komplexesten Restaurierungsaufgaben ihrer Geschichte: der Innenrestaurierung des Schlosses bei laufendem Betrieb. Im Sommer drängen sich täglich bis zu 7000 Besucher durch Räume, die für einen einzigen Bewohner – König Ludwig II. – bestimmt waren. Das führt in Verbindung mit dem alpinen Klima und dem Licht zu erheblichen Belastungen für die wertvollen originalerhaltenen Möbel und Textilien. Deshalb laufen erstmalig seit 1886 nun vollumfängliche Restaurierungs- und Sanierungsarbeiten in und an den Prunkräumen.
Die Schlossverwaltung möchte nicht nur den Besucherbetrieb für die jährlich bis zu 1,5 Millionen Gäste währenddessen aufrechterhalten, sondern ihnen weiterhin ein einmaliges Besuchserlebnis bieten.
So laufen viele Arbeiten im Verborgenen. Derzeit wird – für Außenstehende kaum wahrnehmbar – eine Lüftungsanlage eingebaut. Zurzeit sind noch alle Räume im Rahmen der Führungen für Besucher zugänglich. Der Sängersaal ist zwar teilweise eingerüstet, aber bereits im Frühjahr 2020 soll er wieder in seiner ganzen Pracht und ohne Gerüst bewundert werden können.
Die arbeitsintensiven Restaurierungen an den einzigartigen Kunstwerken umfassen alle für Besucher zugänglichen Schau-, Neben- und Funktionsräume: Insgesamt werden 2329 Positionen restauriert, darunter 93 Räume mit 184 Wand- und Deckenfassungen. Es gibt 65 Gemälde, 355 Möbel, 228 Textilien und Lederobjekte, 322 kunsthandwerkliche Objekte, 315 Holzbauteile, 196 Natur- und Kunststeinobjekte sowie 664 Fenster und Außentüren.
Restaurierungsziel ist neben der Wiederherstellung eines gepflegten, gealterten Erscheinungsbilds eine dauerhafte Konservierung der historischen Ausstattung und Bausubstanz. Darüber hinaus werden die Dächer und Fassaden des Torbaus und die angrenzenden Stützmauern saniert. Zurzeit stehen an der Südfassade des Ritterhauses und am Verbindungsgang Gerüste, von denen aus die Fenster restauriert werden.
Die Arbeiten werden voraussichtlich noch in diesem Jahr abgeschlossen werden können. Vorgesehen ist ferner eine Tragwerkssicherung im Dachwerk über dem Thronsaal sowie der Einbau eines Textil- und Möbeldepots im Dachraum des Ritterhauses.
Grundstein des Königsschlosses aufgespürt
Finanz- und Heimatminister Albert Füracker lüftete bei einem Pressetermin am 30. August 2019 ein weiteres Geheimnis in Schloss Neuschwanstein: Bisher war nicht bekannt, wo der Grundstein des Königsschlosses exakt liegt. 150 Jahre nach der Grundsteinlegung konnte in diesem Sommer – dank der Amtshilfe durch das Bayerische Landeskriminalamt – exakt festgestellt werden, wo König Ludwig II. 1869 den Grundstein legen ließ.
Mit elektromagnetischen Sondierungssystemen orteten die BLKA-Experten nun die runde Messingkapsel ganz in der Nähe des „1869“ datierten Ziegels in der Südwand des Ritterbads.
Aufgrund historischer Dokumente konnte man bislang nur vermuten, wo der geschichtlich bedeutende Grundstein liegen muss: Der Ortspfarrer von Schwangau schrieb in der sogenannten „Albrechtchronik“, dass der Grundstein und seine Kapsel in die Südwand nahe der Südwestecke eingelegt wurden, also in eine Wand des „Ritterbads“, und wer dabei zugegen war. Was sich in der Kapsel befindet, steht in der Beschreibung des Entwurfs zur Grundsteinlegungsurkunde, der sich im Bestand der Schlösserverwaltung befindet: Ganz in der Tradition der damaligen Zeit enthält die nun gefundene Messingkapsel einen Bauplan, Porträts des Bauherrn und Geldmünzen.
Ludwig II. und sein Schloss Neuschwanstein
Schloss Neuschwanstein wurde für den bayerischen König Ludwig II. (1845-1886) errichtet und nie vollendet. Sein Schloss war für ihn ein Denkmal der Kultur und des Königtums des Mittelalters. Errichtet und ausgestattet in mittelalterlichen Formen, aber mit damals modernster Technik, ist es das weltweit bekannteste Bauwerk des Historismus.
Der König überprüfte jedes Detail der Ausstattung anhand der Entwürfe und ließ häufig Korrekturen vornehmen, ehe er die Ausführung genehmigte. Besonders beschäftigte er sich mit der Planung der Wandgemäldezyklen. Ludwig II. ließ sich von dem Literaturhistoriker Hyacinth Holland, einem Spezialisten in mittelalterlicher Ikonografie, sehr verschiedenartige Vorschläge ausarbeiten.
Der König war an seinen Bauten wesentlich schöpferisch beteiligt. Sie bildeten den Hauptinhalt seines Lebens und sind sein Lebenswerk.