Bürgerengagement lässt Städte aufblühen
Kreatives Krisenmanagement: Experte Paul-Stefan Roß gibt Impulse für Aktivitäten in Sulz am Neckar
In Krisenzeiten blüht auch das ehrenamtliche Engagement auf. Ein Beispiel dafür sind die Aktivitäten der vergangenen Wochen in Sulz. Eine kleine Stadt am Neckar mit großem Herz, wie ihre Bürger aktuell einmal mehr gezeigt haben. Dieses Engagement kommt nicht von ungefähr, sondern es wird gefördert von der kommunalen Spitze und unterstützt mit Expertenwissen aus Stuttgart. Der Sulzer Gemeinderat hat die Engagementstrategie 2030 beschlossen, die vom Land gefördert wird. Paul-Stefan Roß von der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Stuttgart begleitet die Initiative wissenschaftlich.
Sulz gilt als stark von der Pandemie betroffene Stadt. Das hat ihre Bürger jedoch nicht daran gehindert, sich aufzurappeln und bei der Bewältigung der Krise einzubringen. „In der Krise zeigt sich, wie sich das Bürgerengagement bewährt“, lobte Bürgermeister Gerd Hieber den erreichten Status. Er zählte soziale Projekte wie die Telefonkette für Senioren sowie Skype für behinderte Menschen auf und erwähnte ebenfalls das liebevoll Sulzer Mauldäschle genannte Projekt, den handgenähten Mundschutz in Zeiten der Maskenknappheit.
Das bürgerschaftliche Engagement soll den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken und die Demokratie fördern. Bürgertreffen sind für solches Engagement lebenswichtig. In Zeiten von Corona keine Chance? Die Spitze der Engagierten gab Corona keine Chance, aber einem Treffen mit professionellem Rat sehr wohl. Kurzerhand wurde der Treff online veranstaltet und ging als erstes Sulzer Online-Café des Bürgerengagements in die Stadtgeschichte ein.
„Richtig anfangen ist genauso wichtig wie das richtige Ziel“, erklärte Paul-Stefan Roß, der auch Mitglied im Beirat für Bürgerbeteiligung der Landesregierung und einer der Geburtshelfer der 2012 erarbeiteten Engagementstrategie Baden-Württemberg ist. Der Sozialwissenschaftler ermunterte auch zu einer langfristigen Perspektive, mahnte jedoch die Balance „mit schnellen, kleinen und konkreten Schritten an, um die Freude am Vorankommen zu wecken.“ Sein Leitziel ist die aktive Zivilgesellschaft, an der alle mitwirken und für die er sich intensiv einsetzt – nicht zum ersten Mal unterstützt er die Stadt am Neckar auf ihrem Weg. Die Engagementstrategie für eine Kommune enthält die große Chance, Bürger zu beteiligen.
Politische Legitimation erforderlich
Eine politische Legitimation forderte der Experte: „Da hakt es mitunter, weil die Verwaltung nicht mitzieht“, berichtete er aus seiner Erfahrung und forderte beispielsweise einen aktiven Gemeinderat. Dann könne man bei allen Schattierungen und Widersprüchen eine Vielfalt erfahren und ihren Wert schätzen. Im Rückblick auf das vergangene Jahrzehnt berichtete Roß von der erfreulichen Entwicklung, dass die Zahl der Engagierten zunimmt. Allerdings nimmt der Umfang des jeweiligen Beitrags ab. Zudem gibt es eine Tendenz zu sich selbst organisierenden Gruppen.
Drei wesentliche Themen treibt der Beauftragte für Bürgerengagement und Bürgerbeteiligung Sulz voran: „Die Bürgerbeteiligung, die Quartiersentwicklung und die Qualifizierung sowie Begleitung von Engagierten“, schildert Hans-Ulrich Händel seine Aufgabe. „Wir sind immer noch am Ausprobieren, um eine Form zu finden, die Verwaltung und Politik schätzen.“ Gefördert vom Land ist Sulz 2017 für die partizipative Quartiersentwicklung ausgezeichnet worden.
Das Bürgerengagement in Sulz hat einen guten Status erreicht. Annähernd 6000 Menschen leisten freiwillig einen wichtigen Beitrag in dem Städtchen am Neckar, wie der Bürgermeister erwähnte. Das ist nahezu die Hälfte der Einwohner. Sie haben erkannt, dass die Verantwortung bei allen liegt. „Wir machen das für uns“, fasst Roß das Ergebnis der Engagierten zusammen.
Es führt zu einer höheren Problemlösekapazität und damit zu einem Plus an Lebensqualität.
Weitere Informationen:
Hans-Ulrich Händel – Bürgerengagement und Bürgerbeteiligung
Tel.: 07454/9650-77