Auch wenn Honigbienen weniger in Gefahr sind, sondern vor allem Wildbienenarten und auch andere Insekten: Sehr viele von ihnen sind für die Bestäubung von Obst- und Gemüsepflanzen unerlässlich.

Auch wenn Honigbienen weniger in Gefahr sind, sondern vor allem Wildbienenarten und auch andere Insekten: Sehr viele von ihnen sind für die Bestäubung von Obst- und Gemüsepflanzen unerlässlich.

1. Oktober 2020

Die Biene stachelt zum Umdenken an

Neue Mähtechnologie gibt Insekten und Gräsern eine Chance

Die Biene gab den Impuls für ein Volksbegehren in Bayern und bewirkte letztendlich für das Überleben von Insekten ein Nachdenken über neue Mähtechniken. Anlass für die erste Veröffentlichung in der Juniausgabe dieses Magazins war die Vorstellung eines Öko-Mähgerätes. Inzwischen ist aus dem Prototyp eine Nullserie entstanden. Für Bayern wurden drei Geräte zu Testzwecken gekauft. In gemeinsamer Arbeit mit dem Gerätehersteller und Wissenschaftlern sollen fundierte Erkenntnisse zur Optimierung der neuen Technologie führen.

Für verbindliche Anforderungen an ein Öko-Mähgerät sind die Parameter noch nicht in Stein gemeißelt. Offensichtlich sitzen aber im Bayrischen Staatsministerium für Wohnen, Bauen und Verkehr die Vorreiter einer neuen Technologie für die Erhaltung der Artenvielfalt. Ausschlaggebend war das Volksbegehren Anfang 2019 in Bayern zur Rettung der Bienen.

Im Fokus der Initiative stand zuerst die Landwirtschaft, die wiederum den Ball auch an die Verantwortlichen des staatlich gepflegten Begleitgrüns an Straßenrändern und Böschungen weitergab. Das war Anlass für das Ministerium, bei der Pflege seiner Straßenböschungen neue Wege zu gehen. Ziel ist es, vom für Insekten und Pflanzen besonders schädlichen Mulchen wegzukommen. Mit klarer Ansage wurden Forderungen nach einer neuen Mähtechnik formuliert, die weniger Insekten vernichtet und das Gras im Extensivbereich von der Fläche bringt, damit die Artenvielfalt von Tieren und Pflanzen gewährleistet wird.

Mit herkömmlichen Mähköpfen entstehe ein Gemisch aus toten Insekten und gehäckselten Pflanzen, wie das Ministerium auf Nachfrage beschreibt. Durch das Mulchen kämen dadurch zu viele Nährstoffe in die Böden, in denen sich nur wenige widerstandsfähige Pflanzen durchsetzten. Ziel seien magere Wiesen für Pflanzenvielfalt. Aus Gründen der Verkehrssicherheit müssten die zirka ersten drei Meter am Fahrbahnrand wie gehabt bearbeitet werden, großes Potenzial liege aber in den anschließenden Böschungen, die kleinen Tieren Raum zum Überleben geben könnten.

Ein Volksbegehren in Bayern gab letztendlich den Ausschlag dafür, über neue Mähtechniken nachzudenken, die das Überleben von Insekten ermöglichen. Zusammen mit dem Hersteller Mulag entstand der Grünpflegekopf „Eco 1200 plus“, ein Produkt mit insektenfreundlicher Mähtechnologie.

Ein Volksbegehren in Bayern gab letztendlich den Ausschlag dafür, über neue Mähtechniken nachzudenken, die das Überleben von Insekten ermöglichen. Zusammen mit dem Hersteller Mulag entstand der Grünpflegekopf „Eco 1200 plus“, ein Produkt mit insektenfreundlicher Mähtechnologie.

Partner für neues Mitdenken gesucht

Auf der Suche nach der praktischen Umsetzung bot sich eine Verbindung mit der Firma Mulag an, deren Ideen für einen neuen Mähkopf am weitesten fortgeschritten waren. Die Vorführung des Prototyps, an der auch Staatssekretär Klaus Holetschek teilnahm, war überzeugend. „Die neue Mähtechnik kommt den Vorstellungen des Ministeriums schon sehr nahe und hat ganz klare Vorteile gegenüber der alten.“ Aus dem Prototyp entstand inzwischen eine Nullserie mit dem Namen „Eco 1200 plus“. Die Bayern kauften drei neue Mähköpfe, die an unterschiedlichen Straßenabschnitten auf Herz und Nieren geprüft werden. Sie wollen damit nicht nur die Ersten sein, sondern für eine neue Mähtechnologie kämpfen.

Ziel für das Ministeriums sei es, einen Markt zu schaffen, damit auch andere Straßenbauverwaltungen Interesse haben, zukünftig insektenschonend zu mähen und nicht zu mulchen und so für mehr Biodiversität an den Böschungen zu sorgen.

Dunkle Erdhummeln werden weltweit als Bestäuber im Gemüseanbau eingesetzt.

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Zwei Mähköpfe mit gewaltigen Unterschieden

Überzeugt von der Initialzündung, die vom Gerätebeschaffungsdienst in Bayern ausging, entwickelte das Team um Frank Spinner, Produktmanager bei dem Gerätehersteller, Ideen für eine neue Mähtechnologie, die den Anforderungen nach insektenfreundlichem Mähen gerecht werden kann und auch wirtschaftlich sinnvoll ist.

„Von biologischer Seite kamen wir zuerst auf einen Balkenmäher, der das Gras lang abschneidet und nicht zerkleinert. Balkenmäher haben jedoch erhebliche Nachteile an hügeligen Böschungen und reagieren empfindlich bei Fremdkörpern. Deshalb kam dieser Ansatz für uns nicht infrage.“ Die Oppenauer überlegten, wie die Funktion eines Balkenmähers auf ein anderes Schneidsystem übertragen werden kann.

Unter Berücksichtigung aller Vorgaben kamen die Entwickler auf eine Konstruktion, die sich an ein Scheibenmähwerkprinzip anlehnt und mit freiem Schnitt das Gras in größerer Schnitthöhe abschneidet. Dazu Frank Spinner: „Zu den wichtigen Parametern gehört die Schnitthöhe, die beim Mulchen nur auf vier bis acht Zentimeter kommt. Deshalb legen wir eine insektenfreundlichere ökologische Schnitthöhe von zwölf Zentimetern fest.“ Das Scheibenmähwerk hat für die Konstrukteure den Vorteil, dass im 90-Grad-Winkel geschnitten wird. Die rotierende Scheibe dreht sich um eine senkrechte Achse und bekommt so in größerer Höhe mehr Schneidkraft, während der herkömmliche Mulchkopf sich um eine horizontale Achse dreht.

Bei den bisherigen Standardmähköpfen entsteht zum Untergrund hin eine starke Sogwirkung, so dass Kleinlebewesen vom Boden nach oben gesaugt werden, deshalb wurde der neue unten geschlossen. Von oben kommt die Luft in den Kopf mit dem geschnittenen Mähgut, das über ein Radialgebläse direkt aufgenommen und in den Anhänger transportiert wird. Zusätzlich wird eine sogenannte Aufscheuchvorrichtung vor den Mähkopf montiert. Der Produktmanager sieht darin zwei Effekte: „Durch eine Art Bügel mit losen Kettengliedern können Tiere fliehen und Pflanzen ihren Samen auf den Boden streuen. Damit auch kleine Kriechtiere eine Überlebenschance haben, wird die Laufwalze, die ursprünglich so breit wie der Mähkopf war, geändert. Statt einer durchgehenden Walze hat das neue Mähgerät jetzt nur an den beiden Außenseiten kleine Tasträder, die mit einem Verbindungsrohr mit geringem  Durchmesser verbunden sind, so dass es an dieser Stelle keinen Bodenkontakt gibt.“

Schwebfliegen werden von uns als wichtige Bestäuber unterschätzt (links). Aber auch andere Insekten – wie dieser Distelfalter – spielen als Bestäuber eine wichtige Rolle.

Schwebfliegen werden von uns als wichtige Bestäuber unterschätzt (links). Aber auch andere Insekten – wie dieser Distelfalter – spielen als Bestäuber eine wichtige Rolle.

Praxis und Theorie in Einklang bringen

Zusätzlich zu den Untersuchungen in Bayern hat sich der Gerätehersteller weitere Partner aus den Forschungsbereichen Agrarwissenschaft und Biologie der Unis Hohenheim und Tübingen an die Seite geholt. „Wenn der Grund für eine ökologische Mähtechnologie ins Bewusstsein der Öffentlichkeit kommen soll, muss man das auch visualisieren und wissenschaftlich fundiert belegen können“, begründet Frank Spinner den zusätzlichen Schritt und verbindet damit die Möglichkeit, aufgrund der Untersuchungen eventuell noch Details zu optimieren, denn „letztendlich wollen wir ein wirtschaftliches Konzept umsetzen und dabei den ökologischen Anforderungen gerecht werden.“  [ sf ]

Die Aufscheuchvorrichtung bietet Insekten eine Fluchtmöglichkeit und fördert das Aussamen von Pflanzen.

Die Aufscheuchvorrichtung bietet Insekten eine Fluchtmöglichkeit und fördert das Aussamen von Pflanzen.

Weitere Informationen zur Initiative:

Bayerisches Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr

Referat 41.2 – Flächenmanagement, Landschaftsplanung, Ressourcenschutz
Tel.: +49 89 2192-13501

https://www.stmb.bayern.de/med/aktuell/archiv/2020/200508maehgeraet/index.php

 

Weitere Informationen zum Produkt:

MULAG Fahrzeugwerk – Heinz Wössner GmbH u. Co. KG

https://www.mulag.de/de/strassenunterhaltung/produkte/arbeitsgeraete/maehen-und-aufnehmen/eco-1200-plus/

Aus dem Prototyp entstand inzwischen eine Nullserie mit dem Namen „Eco 1200 plus“, der eine geringe Angriffsfläche bietet durch horizontalen Schnitt mit kleinen Messern (links). Die Fläche wird durch den Einsatz von Tastrollen statt einer Abrollwalze wenig überrollt (rechts).

Aus dem Prototyp entstand inzwischen eine Nullserie mit dem Namen „Eco 1200 plus“, der eine geringe Angriffsfläche bietet durch horizontalen Schnitt mit kleinen Messern (links). Die Fläche wird durch den Einsatz von Tastrollen statt einer Abrollwalze wenig überrollt (rechts).

Siehe auch Beitrag aus unserer letzten Juni-Ausgabe:

„Artenschutz und Sicherheit im Begegnungsverkehr“


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