Eine Gruppe des Jugendkreistags befasst sich auch mit der Umsetzung eines jährlichen Jugend-Kultur-Preises. Der stellvertretende Landrat Robert Scholz (links) und Organisator Wolfgang Kopf (hinten) mit den Preisträgern 2018 und den beiden Moderatorinnen Sabrin Salifu (rechts) und Paulina Gastl (Zweite von rechts).

Eine Gruppe des Jugendkreistags befasst sich auch mit der Umsetzung eines jährlichen Jugend-Kultur-Preises. Der stellvertretende Landrat Robert Scholz (links) und Organisator Wolfgang Kopf (hinten) mit den Preisträgern 2018 und den beiden Moderatorinnen Sabrin Salifu (rechts) und Paulina Gastl (Zweite von rechts).

24. Dezember 2020

Frage an die Mitwirkenden des Jugendkreisrates in Freising

Jugendliche entwickeln ein Gefühl für die richtige Politik

Das Interesse an der Jugend in den Kommunen ist groß, denn Demokratieverständnis entsteht nicht von heute auf morgen, sondern wird im Laufe der Jahre durch Erfahrung erworben. Man freut sich daher, wenn junge Politikinteressierte nach und nach in die Fußstapfen der älteren Generation treten und neue, wichtige Ideen entwickeln und umsetzen möchten.

 

Um Kindern und Jugendlichen auch auf Landkreisebene verstärkt Gehör zu verschaffen, existiert seit 18 Jahren in Freising ein Jugendkreistag, der sich zweimal im Jahr im großen Sitzungssaal des Landratsamtes trifft und Anträge und Themen zur Abstimmung einbringt. Gemeinsam mit ihrem Kreisjugendpfleger bereiten sie Themen und Anträge für die Abstimmung vor und bekommen so ein Gefühl, wie Politik erfolgreich gemacht wird.

 

Kilian Winhart findet Politik spannend:
„Wie können Jugendliche politisch partizipieren?“

„Das ist eine Frage, über die oft und viel diskutiert wird. Der Jugendkreistag (JK) in Freising bietet dazu eine wirklich gute Möglichkeit. In diesem vom Landkreis getragenen Gremium können wir als Jugendliche ein echtes Gefühl für die richtige Politik entwickeln. Das tolle am JK ist nämlich, dass wir nicht wie andere auf den ersten Blick vielleicht ähnlich wirkende Jugendparlamente nur Anträge diskutieren können, sondern über ein eigenes Budgetrecht verfügen. Das heißt, wir können Gelder für bestimmte Projekte vollkommen autark beantragen und auch vergeben. Außerdem beschäftigt sich der JK auch damit, wie junge Erwachsene außerhalb der Politik gefördert werden können und vergibt jedes Jahr den Jugendkulturpreis für besonders begabte junge Künstler. Ich finde es großartig, das Gefühl zu haben, wirklich mitreden zu können, wenn es um Themen geht, die vor allem uns junge Leute betreffen, und freue mich schon auf die nächste Legislaturperiode.“
https://www.jkt-fs.de/allgemeines

 

Wolfgang Kopf: „Ein Jugendkreisrat muss aufgrund der Flächenangelegenheit anders agieren.“

„Unser Jugendkreisrat agiert seit 2003 mit durchschnittlich 70 bis 80 Jugendlichen. Alle weiterführenden Schulen im Landkreis wählen ab Jahrgangsstufe 7 bis zu vier Jugendkreisräte einmal jährlich aus und delegieren sie an uns. Zirka 20 Prozent der ehemaligen Jugendkreisräte lassen sich wiederholt aufstellen. Sobald wir die Kontaktdaten haben, schreiben wir die Jugendlichen an und bitten, ihnen wichtige Themen und Anträge, die zur ersten Jugendkreistagssitzung diskutiert und entschieden werden sollen, an uns zu schicken.
Mitunter kommen nur zwei oder drei Anträge. Dann muss ich aktiv werden. Salopp ausgedrückt, schreibe ich allen: ‚Freunde, das ist zu wenig, wenn ihr wollt, dass die Sitzung stattfindet, dann strengt Euer Hirn mal ein bissl an.‘ Das funktioniert. Anträge, für die der Landkreis nicht zuständig ist, leite ich an entsprechende Stellen weiter.
Im Dezember lädt der Landrat die Jugendkreisräte mit Infos zu Tagesordnung und Anträgen ein. In der zweiten Sitzung vor den Pfingstferien berichtet der Landrat über die Stellungnahmen der Verwaltung, was mit den Anträgen passiert ist, ob sie bearbeitet sind, der Prozess länger dauert oder abgelehnt wurde.
Wenn man Jugendlichen erklärt, warum etwas nicht funktioniert, dann ist die Chance gut, dass sie das nachvollziehen können und nicht frustriert sind.

Unser Jugendkreisrat hat einen eigenen Etat von 2500 Euro pro Jahr und entscheidet in Eigenregie, was mit dem Geld passieren soll. Zum Teil gehen Zuschüsse an Freizeitanlagen. Für die Gemeinden ist das dann fast schon eine moralische Verpflichtung, das Gewünschte gemeinsam umzusetzen. Allerdings beobachten wir kritisch, dass zunehmend Schulen diesen Pool nutzen, auch um Materialien oder Obst und Besteck zu finanzieren. Das sind Angelegenheiten der Gemeinden und Schulen, die dafür einen eigenen Etat haben.
Aus meiner Sicht kann der Jugendkreistag maximal die Funktion haben, dass Jugendliche innerhalb des einen Jahres in die lokalpolitische Arbeit hineinschnuppern können. Ein kontinuierlicher Arbeitsprozess ist fast nicht möglich. Der Landkreis ist eine Flächenangelegenheit und der ÖPNV ist nicht auf Bedürfnisse der Jugendlichen, sondern eher auf Pendler abgestimmt.

Wir hatten früher verschiedene Arbeitskreise, die zäh gelaufen sind, weil es für die Kids oft schwierig war, aus ihrer kleinen Gemeinde ins entfernte Freising hin und wieder nach Hause zu kommen. Zusätzlich erschweren die Ausbreitung von Ganztagsklassen oder Unterricht bis in den Nachmittag hinein häufigere gemeinsame Treffen. Die beiden jährlichen Sitzungen finden bei uns am Freitagvormittag statt. Da greift der Schülerverkehr des ÖPNV. Auch der Termin der zweiten Sitzung kurz vor den Pfingstferien ist nicht problemfrei, denn auch ein Jugendkreisrat muss beschlussfähig sein. Für Schüler der Abschlussklassen beginnen ab Ende April für nachfolgende Wochen die Prüfungszeiten. Nicht immer reagieren die Schulen auf diesen Hinweis von uns.

Trotzdem können Jugendliche erfolgreich auf ihre Themen und Probleme aufmerksam machen. In Erinnerung ist mir noch ihre Hartnäckigkeit bei der Forderung nach einer Geschwindigkeitsbegrenzung am Schulzentrum in Freising. Mehrfach haben sie den Antrag gestellt und die Stadt begründete wiederholt, warum das nicht funktioniert. Dann konnte es doch irgendwann realisiert werden. Das war ein tolles Erfolgserlebnis für sie. Manchmal formulieren wir auch ihre Anträge etwas um, damit ein positiver Bescheid daraus wird, wenn der Grundgedanke gut ist, aber die Realisierung anders gehen muss.  Sie erkennen dann auch, dass wir uns kümmern, sie ernst nehmen. Mit dem Jugendkreisrat haben wir ein politisches Mitbestimmungsgremium, das nach denselben Regeln wie die richtige Politik funktioniert.“

 

Weitere Statements zum Thema aus:
Markt Roßtal

Weingarten
Winnenden

 

 

_________________________

 

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Was geht und was geht nicht?
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W
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Alt und Jung, Bürgermeister, Gemeindeverwaltungen, Gemeinderäte –
wir sind gespannt auf Ihre/Eure Erfahrungen!


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