Klimaschutz beim Straßenbau treiben Land und Bauwirtschaft um
Nach Aussage des Verkehrsministers Winfried Hermann übernimmt das Bundesland Baden-Württemberg eine Vorreiterrolle beim Thema Baustoffrecycling
Mitte Februar informierten Winfried Hermann und Vertreter der Bauwirtschaft in einer gemeinsamen Online-Pressekonferenz über Potenziale für den Einsatz von Recyclingbaustoffen und stellten die wesentlichen Vorteile durch die Wiederverwendung von Ausbauasphalt vor.
Durch die Forschung in den Bereichen Bau und Sanierung von Landesstraßen wurden bereits seit zehn Jahren fundierte Erfahrungen beispielsweise hinsichtlich der Asphaltgranulatmenge im Asphaltmischgut gesammelt. Die Auswertung der über mehr als neun Jahre alten Strecken sei so überzeugend, dass auch die Verwendung von ausgebautem Asphalt auf Landesebene verbindlich für die Landesstraßen eingeführt wurde. Das ermögliche die Wiederverwendung von bis zu 80 Prozent einzelner Asphaltschichten. Herstellungsenergie werde dabei gespart, Deponieflächen geschont und der Einsatz von Primärrohstoffen reduziert.
Der Verkehrsminister kündigte an, dieses Thema auch auf Bundesebene zu platzieren, um die ressourcenschonende Bauweise im Bereich der Bundesstraßen stärker zu fördern. Dafür seien weitere Forschungsvorhaben auf Landesstraßen geplant. Bereits in diesem Jahr soll Maximalrecycling auch in besonderen Asphaltdeckschichten, den sogenannten Splittmastixasphalten, erprobt werden.
Ressourcenschonung ist angestrebtes Ziel
Die Verwendung von Ausbauasphalt bei der Herstellung von Asphaltmischgut ist im Hinblick auf die Ressourcenschonung ein angestrebtes Ziel der Straßenbauverwaltung und wird daher auch den kommunalen Baulastträgern empfohlen. Neben dem Recycling von Asphalt soll auch die Wiederverwendung von Betonabbruchmaterial in frischem Beton, beispielsweise in Ingenieurbauwerken, erprobt werden, denn Beton- und Zement-Herstellung verursachen große Mengen an Treibhausgasen.
Durch das Ministerium für Verkehr werden in die Untersuchungen auch Verbesserungsmöglichkeiten des Asphalts hinsichtlich klimatischer Veränderungen einbezogen. So sollen Asphaltdeckschichten mit heller Gesteinskörnung in Innenstädten realisiert werden, um zu untersuchen, ob so das Aufheizen der Asphaltoberfläche und der Umgebungstemperatur während der Sommermonate vermindert werden kann.
Ein weiteres Pilotprojekt stellen die temperaturabgesenkten Walzasphalte dar, die entsprechend der Information weniger stark erhitzt werden müssen. Damit könne der Kohlendioxid-Ausstoß gesenkt und gleichzeitig Dämpfe und Aerosole reduziert und somit die Arbeitsplatzgrenzwerte bei der Heißverarbeitung von Bitumen besser eingehalten werden.
Das Thema treibt auch die Bauwirtschaft um, die aus Sorge um ihre Mitarbeiter stark an den durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur initiierten Pilotprojekten interessiert ist.
Auf die derzeit schwierige Situation, in der sich der Straßenbau befinde, verwies Mathias Waggershauser, der Vizepräsident der Bauwirtschaft Baden-Württemberg e.V. Bedingt durch die Corona-Krise würden Aufträge fehlen, weil Kommunen ihre Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur erheblich gedrosselt oder sogar gestoppt hätten. „Unsere Straßenbauunternehmen sitzen quasi auf dem Trockenen, obwohl der Bau-und Sanierungsbedarf riesig ist. Deshalb müssen die zur Verfügung stehenden Gelder für Autobahnen, Bundes- und Landesstraßen und natürlich auch kommunalen Straßen schnellstmöglich in konkrete Baumaßnahmen umgesetzt werden. Keinesfalls darf es im ersten Halbjahr 2021 zu einer Phase des Stillstands kommen!“
Mit Blick auf diesen Appell versicherte Minister Hermann, dass die Straßenbauverwaltung des Landes auch in diesem Jahr für Bundes- und Landesstraßen Erhaltungsmaßnahmen und Aufträge in der Größenordnung der vergangenen Jahre vergeben werde. Damit die Bauwirtschaft mit einer konstanten Auftragslage rechnen kann, investieren Bund und Land in diesem Jahr rund 676 Millionen Euro in das Straßennetz in Baden-Württemberg.
Für kommunale Straßenbauvorhaben und die Sanierung maroder Brückenbauwerke stellt das Ministerium Haushaltsmittel in Höhe von 127 Millionen Euro zur Verfügung. Kommunen könnten über das Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz Förderungen von bis zu 90 Prozent erhalten. [ sf ]
Weitere Informationen zum Thema Asphalt:
Helle Asphaltdeckschichten:
Die häufigste Methode, um Asphaltdeckschichten aufzuhellen, ist die Verwendung von natürlichen und/oder künstlichen Aufhellungsgesteinen. Hierbei tritt die Aufhellungswirkung erst nach einer gewissen Zeit nach Inbetriebnahme der Strecke ein, da sich der dunkle Bitumenfilm auf der Fahrbahn erst durch Abnutzung und Abwitterung löst. Der endgültige Aufhellungseffekt wird nach zirka 18 Monaten erreicht und bleibt solange erhalten, wie die Deckschicht intakt ist. Eine unmittelbare aufhellende Wirkung kann durch Abstreuen der noch heißen Oberfläche mit aufgehelltem Brechsand oder Splitt verstärkt werden. Im Rahmen eines Pilotprojekts soll untersucht werden, mit welchen Gesteinen sich die Asphaltdeckschicht geringer erwärmt.
Maximalrecycling:
„Maximalrecycling“ legt eine Zugabemenge von 60 bis 80 Gewichtsprozent Asphaltgranulat (Wiederverwendung von gefrästem Material) in Trag- und Binderschichten aus Asphaltbeton sowie einer Zugabemenge zwischen 40 und 50 Gewichtsprozent an Asphaltgranulat in Deckschichten aus Asphaltbeton fest. Die Herstellung des neuen Asphaltmischgutes beinhaltet zudem die Zugabe von weichem Straßenbaubitumen. Eine Verwendung von Recycling-Asphalt im Straßenbau ist durch die Technischen Lieferbedingungen für Asphaltmischgut für den Bau von Verkehrsflächenbefestigungen und dem Merkblatt für die Wiederverwendung von Asphalt verbindlich geregelt. Maximalrecycling gilt nicht nur als ressourcenschonend, sondern es muss auch kein Material auf Deponien entsorgt werden.
Kontakt:
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