Pflanzaktion im November 2019: Auf etwa 6.000 Quadratmetern entsteht ein neuer Wald vor den Toren von Flensburg. Und am Ende der Aktion bekommen 120 Kinder eine Urkunde als Pflanzpate.

21. Juni 2021

Welche Ideen haben wohl Eltern mit ihrem Sohn in Flensburg entwickelt?

Einen Wald gegen den Klimawandel kann man auch vor Ort pflanzen

Eines Tages stellte Jannis Ide seinen Eltern am Küchentisch die Frage, was die Familie für den Klimaschutz tun kann. Sein Vater Christian erinnert sich an viele Diskussionen um die Gründe für einen Klimawandel, aus denen letztendlich Vorschläge für gemeinsame Projekte wurden. Jannis brachte einen Stein ins Rollen, der bundesweit für Aufmerksamkeit sorgte, sodass seine Forderungen sogar in der Jubiläumssendung mit der Maus vorgestellt wurden.
Der heute Zwölfjährige wollte aktiv unterstützen. Ein Projekt in Nicaragua war ihm zu weit weg, aber ein Wald bei Flensburg war genau das, was er sich vorstellte.

 

Christian Ide: „Projekt Waldwuchs pflanzt“

„Mit Fridays for Future fing alles an. Unser Sohn Jannis – damals in der 4. Klasse – wollte mitstreiken und wir als Eltern unterstützten ihn. Mit der regelmäßigen Teilnahme an den Demonstrationen entwickelten sich stetige Küchentischdiskussionen über ökologisches Verhalten und die Gründe für den Klimawandel.
Jannis verstand nicht, warum in der Gesellschaft so wenig passiert, wenn die Fakten doch bestens bekannt sind. Er wollte etwas Konkretes machen und so entstand die Idee mit den Bäumen. Er zählte viele Argumente auf, die für ein ‚mehr an Bäumen‘ (Kohlendioxidbindung, Feinstaubbindung, Temperaturregulation) sprachen und wir ließen uns überzeugen.
Nun ging es an die Umsetzung! Wir kauften ein zirka 6.000 Quadratmeter großes Wiesengrundstück vor den Toren Flensburgs, das wir aufforsten wollten. Während der Planung entstand die Idee, Jannis Schulklasse mit einzubeziehen. Die Schule zeigte sich sehr interessiert und es wurde vereinbart, dass insgesamt 120 Fünftklässler aus vier Klassen mitmachen konnten.
Es wurden verschiedenste Förder- und Projektanträge gestellt und als Träger wurde der Flensburger Jugendring e.V. (FJR), ein freier gemeinnütziger Träger, gewonnen. Über das Klimabüro Flensburg wurde vor der eigentlichen Pflanzung ein Workshop-Tag organisiert. Dabei kamen Themen wie Klimawandel, Klimaschutz und Wald auf die Tagesordnung. Projektbeteiligte der ersten Stunde waren hierbei das Kinder- und Jugendbüro der Stadt Flensburg, der Kommunale Klimaschutz der Stadt Flensburg, das TBZ-Flensburg (Technisches Betriebszentrum) und der Flensburger Jugendring. Die Oberbürgermeisterin Simone Lange übernahm die Schirmherrschaft und überreichte nach unserer ersten erfolgreichen Pflanzung Urkunden und Pflanzwürfel an die beteiligten Schüler.

Diese Pflanzaktion erzielte überregionale Beachtung und ein starkes mediales Interesse, sodass von städtischer Seite der Wunsch bestand, das Projekt fort- und weiterzuführen. Das wollten wir als Familie gerne unterstützen. Weitere Projektideen wurden entwickelt: Die Gründung einer Baumschule innerhalb einer Gemeinschaftsschule oder die Übernahme von Baumpatenschaften auf Privatgrundstücken waren die nächsten Aktionen. Es wurden weitere Sponsoren gefunden und das Netzwerk der Projektpartner wurde ausgebaut.

‚Waldwuchs‘ pflanzt inzwischen auch auf kommunalen Flächen. Unser Projektansatz greift! Wir sensibilisieren Flensburger Kinder, Jugendliche, Familien und andere mit verschiedenen Waldwuchsangeboten für den Klimaschutz und ökologische Fragestellungen und verbinden dabei Wissensvermittlung mit Praxisbezug. Die neu gepflanzten Bäume dienen neben der konkreten Kohlendioxidbindung und einem grüneren Stadtbild vor allem der Anregung von Denkprozessen und der Bereitstellung von ökopädagogischen Lernfeldern.

Das Projekt zeigt, dass ein gemeinsames und abgestimmtes Wirken auf regionaler/kommunaler Ebene auch innerhalb kurzer Zeiträume zu erfolgreichen Projektstrukturen führen kann. Die erste Pflanzung war im November 2019. Diese Projektstrukturen ließen sich problemlos in den meisten deutschen Kommunen, Kreisen und kreisfreien Städten entwickeln. Es wäre großartig, wenn ‚Waldwuchs‘ auch andernorts entstehen könnte. Für Fragen zum Projekt stehen wir gerne zur Verfügung.“

 

Kontakt:
Kinder- und Jugendbüro der Stadt Flensburg
Schützenkuhle 26
24931 Flensburg
Tel.: +49 461 852078
kinder-und-jugendbuero@flensburg.de
www.waldwuchs-flensburg.de

 

 

Jannis Ide: „Bäume mochte ich schon immer“

„Als es mit Fridays for Future in Flensburg losging, bin ich dort mitgelaufen und habe angefangen, mich mit dem Klimathema zu beschäftigen. Es gab da ja plötzlich überall Berichte in den Zeitungen und im Fernsehen. Ich habe damals viel gelesen und geguckt, und wir haben in der Familie viel darüber gesprochen. Ich ärgere mich immer, dass so viele Menschen so gar nichts tun und von sich aus nicht auf die Idee kommen, etwas ändern zu müssen. Dass die Leute sich weiterhin dicke Autos kaufen, überallhin fliegen, Müll produzieren… Ich wollte das nicht länger so mitmachen.

Meine Eltern haben mir dann 30 Bäume in Nicaragua geschenkt, aber ich wollte lieber etwas am Ort haben. Und ich wollte etwas Praktisches machen. Erst wollten wir einen Wald kaufen und den dauerhaft schützen, aber dann haben wir gedacht, dass es noch besser wäre, neuen Wald zu pflanzen. So kann mehr Kohlendioxid gebunden werden und in Schleswig-Holstein gibt es bisher auch nur wenig Wald. Bei meinen Großeltern in Hessen ist das ganz anders.

Bäume mochte ich schon immer. Am liebsten große Kletterbäume. Aber bis unsere neu gepflanzten Bäume so weit sind, dauert es noch lange. Im Sommer müssen wir alle sechs bis acht Wochen auf der Fläche das Gras mähen, da die Bäume sonst erstickt werden. Das macht Spaß, ist aber auch echt anstrengend. Wir brauchen immer viele Stunden dafür. Zwischendurch mache ich aber auch kleine Filme auf der Fläche oder suche nach Käfern, Spinnen oder besonderen Pflanzen.

Jetzt, wo die erste Fläche so gut geklappt hat, planen wir als Familie, noch eine weitere Fläche zu kaufen und zu bepflanzen. Dann wird es noch ein bisschen mehr Arbeit. Ich habe aber auch noch Zeit für viele andere Sachen wie Paddeln, Klettern und Lesen.

Manche meiner Mitschüler finden das Projekt richtig gut und würden auch wieder mit pflanzen, manche sind aber auch neidisch, zum Beispiel weil ich im Fernsehen war. Einige fanden es auch blöd, sich schmutzig zu machen. Pflanzen im November ist eben matschig.

Neue Projektideen diskutieren wir oft noch am Küchentisch, aber die Planung machen vor allem mein Vater und die anderen Kooperationspartner. Sobald es ans Pflanzen geht, bin ich aber wieder mit dabei!

Ich würde mir wünschen, dass überall in Deutschland die Kinder auf die Idee kommen, was für die Umwelt zu machen und ihre Eltern so lange nerven, bis sie anfangen.“

 

Die Pflanzaktion im November 2019: In kleinen Gruppen pflanzten die Fünftklässler in Reihen die jungen Bäume ein.

 

Fast fertig: Die bunten Blätter zeigen, dass die kleinen Bäume wie Perlen an einer Schnur aneinandergereiht stehen.

 

Die Arbeit geht dem Klimaschützer Jannis Ide nicht aus: Damit die jungen Bäume gut wachsen und der Wald gedeiht, muss im Sommer häufig in den Zwischenräumen das Gras gemäht werden.

 

 

Die Aussagen weiterer Klimaaktivisten können Sie hier ebenfalls nachlesen.
Bisher haben wir noch folgende Statements zur Klimathematik von:

Freiburg
Konstanz
Naturpark Südschwarzwald
Neu-Ulm / Ulm
Staatsministerium Baden-Württemberg und KEA Baden-Württemberg

Wir bedanken uns ganz herzlich dafür!

 

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Diskutieren Sie mit!


Wie sieht es in anderen Kommunen mit Klimaprojekten und -aktionen aus?
Was geht und was geht nicht?
Wo sehen Sie noch Ausbaupotential?
Womit sind Sie zufrieden?

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wir sind gespannt darauf!


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