Insekten- und Pflanzenvielfalt versus Rasenmähen: Sind diese beiden Grundsätze vereinbar? Eine Studie lässt hoffen.

Insekten- und Pflanzenvielfalt versus Rasenmähen: Sind diese beiden Grundsätze vereinbar? Eine Studie lässt hoffen.

7. Oktober 2021

Biodiversität und Mähmethoden

Masterarbeit untersucht einen Beitrag zur Artenvielfalt: Mähroboter lassen im Rasen Raum für Pflanzen und Tiere

Die einen lieben den Rasen naturbelassen als Wiese, die anderen stört jeder anders aussehende Stiel. Wer allerdings Wert auf einen schönen Rasen legt, der weiß, dass Biodiversität eine Voraussetzung für gesunden Rasen ist. Insbesondere wenn es sich um reinen Rasen ohne Kräuter oder Blumen handelt, benötigen die Pflanzen vielfache Unterstützung aus dem Boden und der Luft. Hilfe kommt auch aus der Wissenschaft. Studien und Ratgeber von Geräteherstellern zeigen die Ergebnisse unterschiedlicher Methoden und Maschinen. Wer Tipps und Hinweise beachtet, wird durch einen bienen-, insekten- und igelfreundlichen Garten sowie optisch durch den gepflegten Rasen belohnt.

Den Aufwuchs und das Blühverhalten von Pflanzen in Bezug zum Grasschnitt untersuchte Maximilian Lang in der Masterarbeit, die mit Unterstützung des Motorgeräteherstellers Stihl entstand. Bei dem Vergleich zwischen einem handgeschobenen Rasenmäher und einem Mähroboter werden die Unterschiede deutlich.

Die Untersuchung belegt, wie hoch der Einfluss des Mähsystems auf den Lebensraum Rasen ist. Die Entscheidung für Artenvielfalt fällt bereits mit der Wahl des Mähsystems. Die richtige Schnitthöhe hilft den Pflanzen, sich anzusiedeln, zur Blüte zu kommen und damit Insekten oder Spinnen Lebensraum und Nahrung zu bieten.

Den Aufwuchs und das Blühverhalten von Pflanzen in Bezug zum Grasschnitt untersuchte Maximilian Lang in der Masterarbeit, die mit Unterstützung des Motorgeräteherstellers Stihl entstand.

Den Aufwuchs und das Blühverhalten von Pflanzen in Bezug zum Grasschnitt untersuchte Maximilian Lang in der Masterarbeit, die mit Unterstützung des Motorgeräteherstellers Stihl entstand.

Ein Mähroboter führt zu vermehrtem Wuchs und Blütenreichtum, wenn Blühpflanzen geduldet werden. Die Schnitthöhe sollte nicht zu niedrig gewählt werden. Acht Millimeter, wie es die Regel für den heiligen Rasen im Tennisstadion Wimbledon zulässt, sind eindeutig zu wenig, aber bei einer Schnitthöhe von sechs Zentimetern sind bereits positive Auswirkungen zu erkennen. Gleichzeitig erleichtert der Roboter die Pflege. Der richtige Grasschnitt ist schließlich keine einfache Angelegenheit. Der Mähroboter macht die Aufgabe „weniger kompliziert“, sagt Dr. Jörg Morhard, wissenschaftlicher Betreuer der Masterarbeit am Institut für Agrartechnik der Universität Hohenheim.

Die richtige Schnitthöhe hilft den Pflanzen, sich anzusiedeln und Insekten oder Spinnen Lebensraum und Nahrung zu bieten.

Die richtige Schnitthöhe hilft den Pflanzen, sich anzusiedeln und Insekten oder Spinnen Lebensraum und Nahrung zu bieten.

Mähroboter erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Sie sind praktisch und erleichtern die Arbeit. Anstelle des zweiwöchigen Einsatzes schneiden sie die Halme kontinuierlich. „Der Rasenbesitzer muss den Mähroboter nur regelmäßig säubern und kontrollieren“, erläutert Morhard. Auch das aktive Tanken entfällt im Vergleich mit einem Benzinmotor, denn der kleine Roboter holt sich seinen Strom selbstständig aus dem Ladegerät.

Der Masterstudent startete einen Feldversuch auf dem Werksgelände von Stihl in Waiblingen. Eine frisch angelegte Rollrasenfläche wurde in vier Parzellen unterteilt. Die Hälfte der Fläche bearbeitete ein handgeschobener Akkumäher, die andere ein Mähroboter jeweils mit drei und sechs Zentimetern Schnitthöhe. Auf den Parzellen wurden gleichmäßig verteilt fünf typische Rasenkräuter eingesetzt. Die Parzellen wurden jeweils um ein Drittel der Wuchshöhe auf drei oder sechs Zentimeter gekürzt.

Für die Studie wurden kreisrunde Flächen aus dem Rollrasen ausgestochen und darin typische Rasenkräuter eingesetzt.

Für die Studie wurden kreisrunde Flächen aus dem Rollrasen ausgestochen und darin typische Rasenkräuter eingesetzt.

Verblüffende Feststellung

Die Auswertung des Monitorings zeigte verblüffende Ergebnisse. Blühpflanzen stellen sich auf den regelmäßigen Besuch des Roboters ein. Die Schnittverträglichkeit war ähnlich hoch wie beim Handmäher, aber der Deckungsgrad war beträchtlich größer. Die Beobachtung von Hautflüglern geschah durch digitale Bildanalyse. Die Insekten werden durch vermehrte Blüten angelockt. Besonders nützlich für den Artenreichtum von Bienen, Spinnen oder anderen Kleintieren sind Blühstreifen auf den Randflächen.

Der Masterstudent kommt zu der Schlussfolgerung, dass Mähroboter teilweise mehr Biodiversität ermöglichen als Handrasenmäher. „Allgemein neigten die Pflanzen dazu, sich an die Mähmethode anzupassen“, schreibt Lang in der Masterarbeit. Ein geringeres Blütenaufkommen auf den handgemähten Parzellen führt er auf das Funktionsprinzip des Geräts zurück. Der durch die Windflügelmesser erzeugte Sog zog die Kräuter nach oben und kappte die Blütenebene. Beim Mähroboter hingegen entsteht kein Sog.

Eine wichtige Erkenntnis der Studie lautet: Die Mähmethode hat Einfluss auf die Biodiversität. Der Mähroboter unterstützt die Vielfalt der Flora, indem er die Pflanze zu flächigem Wuchs und vermehrtem Blütenreichtum führen kann. Die Schnitthöhe entscheidet darüber, wie sich Blühpflanzen entwickeln, die wiederum Insekten und Kleinlebewesen Nahrung bieten.

Rasenmäher im Vergleich mit dem Mähroboter: Die Entscheidung für Artenvielfalt fällt bereits mit der Wahl des Mähsystems.

Rasenmäher im Vergleich mit dem Mähroboter: Die Entscheidung für Artenvielfalt fällt bereits mit der Wahl des Mähsystems.

Das Insekten-Monitoring ergab kein einheitliches Bild. Für Hautflügler sind Pflanzenmischungen mit einem Anteil an Kräutern generell attraktiver. Die Blüten im Gras lockten insbesondere bei der Wuchshöhe von sechs Zentimetern vermehrt Insekten an. Ergänzend zu den Beobachtungen erklärt Morhard: „Zudem lässt sich vermuten, dass die Fauna, die in der Grasnarbe siedelt, durch Mähroboter weniger stark beeinträchtigt wird als durch handgeschobene Mäher, da Windflügelmesser, die einen Sog erzeugen, nicht vorhanden sind.“

Allerdings gibt es auch Tierarten, für die der Mähroboter zur Gefahrenquelle werden kann. „Auf dem Rasen lebende Tiere ohne Fluchtreflex sind gefährdet durch den Einsatz von Mährobotern – das ist Realität. Jedoch schon eine Beschränkung der Mähzeiten auf den Tag, also außerhalb von Dämmerungsphasen und der Nacht, kann die Gefahr reduzieren“, erläutert der Wissenschaftler.

Kritik von Naturschützern wird durch die Studie teilweise entkräftet. Die Masterarbeit zeigt, dass die Blütenentwicklung eher gefördert als verhindert wird. Und die Tipps des Geräteherstellers Einhell für einen igel- und bienenfreundlichen Garten weisen in die gleiche Richtung.

Insbesondere sollen Mähzeiten in der Dämmerung und in der Nacht vermieden werden, weil dann Igel und andere tierische Gartenbesucher aktiv auf Futtersuche sind. Tierfreundliche Modelle sieht der Hersteller in Geräten mit tiefer Schürze oder durch das Anbringen einer so genannten Apfelschürze, die das Gerät stoppen lässt, bevor es kleine Tiere überrollt. [ dlu ]

Maximilian Lang am Justieren: Mähroboter fördern die Biodiversität. Das Mähsystem selbst hat einen hohen Einfluss auf die Entwicklung des Lebensraums Rasen.

Maximilian Lang am Justieren: Mähroboter fördern die Biodiversität. Das Mähsystem selbst hat einen hohen Einfluss auf die Entwicklung des Lebensraums Rasen.


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