Der Ärztemangel auf dem Land ist seit Jahren auch im Schwarzwald ein Problem, weil speziell junge, aber auch ältere Ärzte die vor allem große wirtschaftliche Verantwortung scheuen, eine Praxis selbständig zu führen, und sich geregeltere Arbeitszeiten wünschen. Aber dafür gibt es Lösungen.

Der Ärztemangel auf dem Land ist seit Jahren auch im Schwarzwald ein Problem, weil speziell junge, aber auch ältere Ärzte die vor allem große wirtschaftliche Verantwortung scheuen, eine Praxis selbständig zu führen, und sich geregeltere Arbeitszeiten wünschen. Aber dafür gibt es Lösungen.

23. November 2021

Eine neue Zukunft für Land- und Hausärzte

Genossenschaftsmodell macht Region für Ärzte interessant

Der Ärztemangel auf dem Land ist ein bekanntes Problem. Auf dem Heuberg soll nun ein Genossenschaftsmodell für Besserung sorgen. Die Gemeinde Bubsheim und drei Ärzte legten im Juni 2021 dafür den Grundstein. Der Bürgermeister der Gemeinde Bubsheim und drei praktizierende Ärzte aus Kolbingen, Aldingen und Tuttlingen gründeten gemeinsam die Gesundheitsnetz Heuberg eG.

Das Gesundheitsnetz soll die wohnortnahe medizinische Versorgung auf dem Heuberg langfristig sichern, indem Ärzte, Kommunen und bei Bedarf auch Kliniken zusammengebracht werden. Dieses Ziel soll insbesondere durch das Betreiben von Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) und Zweigpraxen, die Unterstützung von Arztpraxen und anderen Gesundheitseinrichtungen, die Förderung der sektorübergreifenden sowie multiprofessionellen Zusammenarbeit, Case Management sowie Prävention und Gesundheitsförderung erreicht werden.

Den Anstoß für den Prozess gab die Gemeinde Bubsheim. „Wir möchten etwas für die Gesundheitsversorgung unserer Bürger tun“, erläutert Bürgermeister Thomas Leibinger. Mit der Beratungsfirma „Diomedes“ fand die Gemeinde einen erfahrenen Partner. Die Beratungsfirma hat im Nordschwarzwald die erste ärztliche Genossenschaft in Baden-Württemberg gegründet, eine weitere im Südschwarzwald. Die Erfahrungen aus diesen Projekten sollen nun auf dem Heuberg einfließen. Ein wichtiges Argument für alle Beteiligten ist das geringe Risiko. Dr. Martin Felger, Diomedes-Geschäftsführer: „Die Haftung beschränkt sich auf die Einlage beziehungsweise die Genossenschaftsanteile. Damit ist dieses Modell insbesondere für Kommunen sehr attraktiv.“ Außerdem können alle Genossen ihre Vorstellungen einbringen und die Ziele der Genossenschaft aktiv verfolgen.

Das Modell ist auf die Bedürfnisse junger Mediziner zugeschnitten. Dr. Martin Felger: „Immer mehr junge Ärzte ziehen eine Anstellung der selbstständigen Niederlassung vor. Zum einen scheuen sie das wirtschaftliche Risiko bei der Übernahme einer Praxis, zum anderen besteht der zunehmende Wunsch nach geregelten Arbeitszeiten und Teilzeitarbeit.“ Eine Genossenschaft kann durch die Bündelung der Kräfte und durch den Aufbau einer professionellen und effizienten Verwaltung attraktive Rahmenbedingungen für junge Mediziner schaffen. Dazu zählen der Wegfall des wirtschaftlichen Risikos, Entlastung von administrativen Tätigkeiten, keine Personalverantwortung, Arbeit im Team und Teilzeitmodelle. Beruf, Familie und Freizeit lassen sich so leichter vereinbaren.

Der Bürgermeister der Gemeinde Bubsheim im Landkreis Tuttlingen und drei praktizierende Ärzte aus den Orten Kolbingen, Aldingen und Tuttlingen gründeten gemeinsam die Gesundheitsnetz Heuberg eG.

Der Bürgermeister der Gemeinde Bubsheim im Landkreis Tuttlingen und drei praktizierende Ärzte aus den Orten Kolbingen, Aldingen und Tuttlingen gründeten gemeinsam die Gesundheitsnetz Heuberg eG.

Wichtige Vorteile für Mediziner

Das Modell der Genossenschaft ist aber auch für ältere Mediziner interessant, erklärt Dr. Martin Felger. „Nicht wenige Ärzte wollen über das reguläre Rentenalter hinaus für ihre Patienten da sein. Gleichzeitig streben sie aber eine schrittweise Reduzierung der Arbeitsentlastung, vor allem eine Entlastung von administrativen Dingen an.“ Diesen Praxisinhabern biete die Genossenschaft flexible und auf die individuelle Situation angepasste Lösungen an. Das Modell ist also für alle Ärzte-Generationen attraktiv. Junge Ärzte können stressfrei in das Praxisleben einsteigen, ältere Ärzte noch über das Pensionsalter hinaus für ihre Patienten da sein. Im Nordschwarzwald ist es deshalb gelungen, innerhalb weniger Monate zwei neue Kolleginnen zu finden. Ähnliches erhoffen sich die Akteure auch für den Heuberg.

Hintergrundinfo

Im Sozialgesetzbuch V (SGB V) sind die juristischen Anforderungen für ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) genau festgehalten. Um ein MVZ gründen zu können, bedarf es zunächst einer gesellschaftsrechtlichen „Hülle“. Für die zu gründende Gesellschaft hat der Gesetzgeber nur wenige Rechtsformen ermöglicht (Personengesellschaft, eingetragene Genossenschaft, GmbH oder eine öffentlich-rechtliche Rechtsform).

Falls eine solche Gesellschaft von Ärzten zusammen mit Kommunen gegründet werden soll und Haftungsrisiken begrenzt werden sollen, kommen jedoch nur die GmbH und die eingetragene Genossenschaft in Frage. Zwei Gründe sprechen für eine Genossenschaft:

– Haftungsrisiken: Es ist die derzeit interessanteste Rechtsform, um persönliche Haftungsrisiken für die Mitglieder weitestgehend ausschließen zu können. So ist auch eine nahezu gänzlich risikolose Beteiligung einer Kommune möglich und diese Beteiligung damit auch für die Kommunalaufsicht genehmigungsfähig.

– Gemeinwohlorientierung: Die Rechtsform der Genossenschaft wird stärker mit einer Gemeinwohlorientierung und weniger mit einer Renditeorientierung in Verbindung gebracht. Eine Genossenschaft ist für renditeorientierte Finanzinvestoren kein geeignetes Übernahmeobjekt. Stimmengewichte orientieren sich nicht am eingebrachten Kapital. Die Gemeinwohlorientierung kommt auch in der Ausgestaltung der Satzung zum Ausdruck. Wenn die Genossenschaft Erträge erwirtschaften kann, bleiben diese bei einem gemeinwohlorientierten Ansatz zum allergrößten Teil in der Genossenschaft und werden nicht ausgeschüttet.

Die Diomedes GmbH betreut seit 22 Jahren Projekte im Gesundheits- und Sozialwesen und bietet ein breites Leistungsspektrum. Neben Analysen und Konzepten arbeiten die Berater sehr umsetzungsorientiert. Das Unternehmen hat bereits 36 MVZ-Gründungen begleitet und 2019 die erste Genossenschaft als Träger eines MVZ in Baden-Württemberg initiiert. Diomedes wurde im Branchenreport Consulting des Wirtschaftsmagazin „brand eins“ vier Jahre in Folge als einer der besten Berater im Bereich Health Care ausgezeichnet.

Das Verhältnis zwischen Haus- beziehungsweise Landärzten zu ihren Patienten ist oftmals ein sehr enges. Nicht selten betreuen solche Ärzte ganze Familien und das fast ein ganzes Leben lang.

Das Verhältnis zwischen Haus- beziehungsweise Landärzten zu ihren Patienten ist oftmals ein sehr enges. Nicht selten betreuen solche Ärzte ganze Familien und das fast ein ganzes Leben lang.

Luftbild von Bubsheim: Die Gemeinde liegt im Landkreis Tuttlingen nahe des Schwarzwaldes und ist eine der höchstgelegenen selbstständigen Gemeinden in Baden-Württemberg.

Luftbild von Bubsheim: Die Gemeinde liegt im Landkreis Tuttlingen nahe des Schwarzwaldes und ist eine der höchstgelegenen selbstständigen Gemeinden in Baden-Württemberg.


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17. April 2024


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