Warmes Abwasser ist nicht überflüssig, seine Abwärme lässt sich zum Heizen von Gebäuden nutzen.

Warmes Abwasser ist nicht überflüssig, seine Abwärme lässt sich zum Heizen von Gebäuden nutzen.

12. Januar 2022

Abwasserwärme bietet neue Möglichkeiten

Ein Förderprogramm für die kommunale Wärmeplanung

Stadtkreise und große Kreisstädte sind nach Paragraf 7d des Klimaschutzgesetzes Baden-Württemberg verpflichtet, bis Ende 2023 einen kommunalen Wärmeplan aufzustellen. Auch die übrigen Kommunen können einen solchen erstellen. Das Land unterstützt sie dabei mit einem kürzlich aufgelegten Förderprogramm.

Ein kommunaler Wärmeplan ist das zentrale Werkzeug für die Gestaltung des Handlungsfelds Wärme innerhalb der nachhaltigen Stadtentwicklung. Er dient als strategische Grundlage, um konkrete Entwicklungswege zu finden und die Kommune in puncto Wärmewende zukunftsfähig zu machen.

 

Wie funktioniert kommunale Wärmeplanung?

Der Prozess der kommunalen Wärmeplanung führt Potenziale und Bedarfe systematisch zusammen. Damit dies gelingt, bedarf es einer sorgfältigen Betrachtung der Schnittstellen kommunaler und regionaler Planungsinstrumente, der Beteiligung aller Planungsbetroffenen sowie eines organisierten, rollierenden Planungsprozesses. Neben der Kommune selbst (Stadtplanung, Energieabteilung, Umweltamt, Tiefbauamt) sind die Stadtwerke und Netzbetreiber wichtige Akteure. Ein kommunaler Wärmeplan wirkt als Routenplaner. Dessen Ergebnisse und Handlungsvorschläge dienen dem Gemeinderat und den Ausführenden als Planungshorizont für die Stadt- und Energieplanung. Während des gesamten Prozesses der Planerstellung sind die Inhalte anderer Infrastrukturprojekte der Kommune, etwa die der Bauleit- oder Regionalplanung, zu berücksichtigen.

Im Zuge der kommunalen Wärmeplanung werden alle relevanten Abwärmequellen von Industrie- und produzierenden Unternehmen anhand ihrer technischen Potenziale und unter Berücksichtigung der Wahrung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen systematisch erfasst. Auf Basis der jeweiligen Abwärmemenge, deren Temperaturniveaus sowie ihres zeitlichen Anfalls soll die Nutzung im Rahmen eines Wärmenetzes abgeschätzt werden. Dort, wo überschüssige Abwärme anfällt, wird sie Teil der lokalen Wärmewendestrategie und sollte bei großen Abwärmemengen auch Bestandteil der kommunalen oder interkommunalen Wärmeplanung sein.

 

Heizzentrale mit Wärmepumpen, BHKW und Gas-Spitzenlastkessel: Mit Hilfe von Wärmepumpen nutzt die Gemeinde Ilsfeld im Landkreis Heilbronn Abwasserwärme als Heizmittel. Seit 2013 baut der Ort stufenweise ein Wärmenetz auf, das mittlerweile 340 Gebäude versorgt.

Heizzentrale mit Wärmepumpen, BHKW und Gas-Spitzenlastkessel: Mit Hilfe von Wärmepumpen nutzt die Gemeinde Ilsfeld im Landkreis Heilbronn Abwasserwärme als Heizmittel. Seit 2013 baut der Ort stufenweise ein Wärmenetz auf, das mittlerweile 340 Gebäude versorgt.

 

Abwasserabwärme als verlässliche Energiequelle

Etwa 5.000 Millionen Kubikmeter Abwasser mit durchschnittlich 20 Grad fallen in Deutschland jährlich durch Haushalte und Industrie an. In den Abwasserkanälen schlummert damit ein großes Potenzial. Theoretisch könnte der aus Kläranlagen gewonnene Abwasserstrom mit effizienter Wärmepumpentechnologie und Wärmenetzen zwischen fünf und zehn Prozent aller Gebäude in Baden-Württemberg umweltfreundlich und kostengünstig beheizen. Dieses Potenzial wird im Zuge der kommunalen Wärmeplanung ermittelt und bewertet. Dem kommunalen Abwasser können im Abwasserkanal selbst und/oder im Auslauf einer Kläranlage große Wärmemengen entnommen werden. Das aktuelle Abwärmekonzept Baden-Württembergs schafft Rahmenbedingungen und Voraussetzungen für eine verstärkte Nutzung von Abwärme aus Abwasser.

Die Gemeinde Ilsfeld im Landkreis Heilbronn nutzt dieses Potenzial. Seit 2013 baut Ilsfeld stufenweise ein Wärmenetz auf, das mittlerweile 340 Gebäude versorgt. Ein Großteil der Wärme wird mit Hilfe einer Wärmepumpe aus dem Abwasser gewonnen. Seit 2019 wird die im Abwasser enthaltene Wärme zur Versorgung der Haushalte genutzt. Sie liefert 4.500 Megawattstunden Wärme im Jahr. Das im Winter etwa zehn Grad warme Abwasser wird in der Abwasserheizzentrale mithilfe von zwei Wärmepumpen auf 55 Grad erwärmt. Der Strom für deren Betrieb wird von drei Blockheizkraftwerken (BHKW) erzeugt, die mit Methangas aus dem Faulgasturm der Kläranlage betrieben werden. Mit der in den BHKWs entstehenden Wärme wird das Wasser auf 85 Grad aufgeheizt. Eine Besonderheit des Ilsfelder Wärmenetzes: Neben 70 bis 85 Grad warmem Heizwasser liefert es auch so genannte kalte Nahwärme auf einem Temperaturniveau von rund 20 Grad. So werden sowohl ältere Gebäude als auch Neubauten mit eigener Wärmepumpe möglichst effizient beheizt.

Eine vom Land beauftragte Potenzialstudie des Instituts für Energie- und Umweltforschung Heidelberg gGmbH (ifeu), der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (DWA) und der IBS Ingenieurgesellschaft mbH ermittelt derzeit die technisch-wirtschaftlich nutzbaren Potenziale der Wärmegewinnung aus Abwasser an Kläranlagenstandorten in Baden-Württemberg für eine Einspeisung in Wärmenetze. Die gewonnenen Daten liefern wichtige Erkenntnisse, welche die großen Kreisstädte und Stadtkreise bei der Erstellung ihrer kommunalen Wärmeplanung nutzen können.

 

Nahwärme-Schema der Gemeinde Ilsfeld

Die Gemeinde Ilsfeld liefert mit seinem stufenweise aufgebauten Wärmenetz 4.500 Megawattstunden Wärme im Jahr. Seit 2019 wird die im Abwasser enthaltene Wärme zur Versorgung der Haushalte genutzt. Das im Winter etwa 10 °C warme Abwasser wird in der Abwasserheizzentrale mithilfe von zwei Wärmepumpen auf 55 °C erwärmt. Den Strom dafür erzeugen drei Blockheizkraftwerke (BHKW), die mit Methangas aus dem Faulgasturm der Kläranlage betrieben werden. Mit der in den BHKWs entstehenden Wärme wird das Wasser auf 85 °C aufgeheizt.

 

Förderprogramme, Projektunterstützung und Beratung

Baden-Württemberg unterstützt die Beratung und Begleitung von Abwärmeprojekten im Programm Klimaschutz-Plus. Gefördert werden die Erstberatung sowie der Organisations- und Managementaufwand zur Projektanbahnung mit bis zu 30 oder 100 Arbeitstagen und einem Höchstbetrag von 18.000 beziehungsweise 60.000 Euro. Der Bund bietet im Bereich Abwärme ebenfalls attraktive Fördermöglichkeiten über das Programm „Energieeffizienz in der Wirtschaft“, Modul 4: Energiebezogene Optimierung von Anlagen und Prozessen und über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) mit dem Programm 295 sowie dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) mit dem Programm „Wärmenetze 4.0“.

Unternehmen, die Hilfestellung bei technischen Fragen der Abwärmevermeidung und -nutzung, Unterstützung bei Förderanträgen und Genehmigung oder bei Fragen zur Regelung des Verhältnisses zwischen Abwärmelieferanten und -nutzern benötigen, finden diese beim neu gegründeten Kompetenzzentrum Abwärme, angesiedelt bei Umwelttechnik BW, der Landesagentur für Umwelttechnik und Ressourceneffizienz Baden-Württemberg. Fragen von Kommunen und Städten zur kommunalen Wärmeplanung und zu Wärmenetzen beantwortet das Kompetenzzentrum Wärmewende der Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg GmbH (KEA-BW).

 

Sowohl ältere Gebäude als auch Neubauten werden in der Gemeinde Ilsfeld möglichst effizient mit einer eigenen Wärmepumpe des Fabrikats Combitherm beheizt.

Sowohl ältere Gebäude als auch Neubauten werden in der Gemeinde Ilsfeld möglichst effizient mit einer eigenen Wärmepumpe des Fabrikats Combitherm beheizt.

 

 

Weitere Informationen zur Abwasserwärmenutzung:

www.ilsfeld.de/website/de/wirtschaft-energie/energie/nahwaerme
vom Land Baden-Württemberg: https://kurzelinks.de/e4ed

 

Für Rückfragen:

Kompetenzzentrum Abwärme
bei Umwelttechnik BW GmbH
Landesagentur für Umwelttechnik und Ressourceneffizienz Baden-Württemberg
Martin Pfränger: Tel.: +49 711 252841-57
martin.pfraenger@umwelttechnik-bw.de
www.abwaerme-bw.de

Kompetenzzentrum Wärmewende
bei Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg GmbH (KEA-BW)
Anders Berg: Tel.: +49 172 299 6615,  Fax: +49 721 98471-20
anders.berg@kea-bw.de
www.kea-bw.de/waermewende

 


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