Was kann ich für die Stadt von morgen tun?
Die Weichen für bezahlbaren Wohnraum müssen frühzeitig gestellt werden
Private Baugesellschaften für geförderten und preisgünstigen Wohnungsbau? Vor sieben Jahren war das fast undenkbar. Nach Meinung von Simon Hübner, einem der Vorstände der GBI-Holding und Geschäftsführer der GBI Wohnungsbau, ist das ambitionierte Ziel für preisgünstigen und geförderten Wohnungsbau der Ampelkoalition nur mit Unterstützung der Privaten möglich. Warum das so ist, erklärt er im Gespräch mit unserer Redaktion.
Herr Hübner, bitte erklären Sie, wer ist und was macht die GBI?
Wir sind seit über 20 Jahren ein klassischer Immobilienprojektentwickler. Das Besondere ist, dass unser Hauptgesellschafter die gemeinnützige Moses Mendelssohn Stiftung ist, welche europäisch-jüdische Verständigung fördert. Bundesweit agieren wir in allen Assets und haben durch den Stiftungshintergrund eine soziale und nachhaltige Komponente in unserer DNA. Wir entwickeln preisgünstige und geförderte Wohnungen für Menschen, die sich auf dem freien Markt keine leisten können. 2015 sind wir als einer der Ersten in Deutschland in den Bereich eingestiegen. Wir haben erkannt, dass das Produkt investmentfähig werden kann und für einige Bundesländer auch schon die Einzelheiten mit den Behörden abgestimmt.
Das bedeutet, Ihre Kunden sind die Kommunen?
Nicht nur, unser Dienstleistungsgedanke geht in zwei Richtungen. Zum einen sind es die Kommunen, die ihre Städte entwickeln wollen. Zum anderen Kapitalgesellschaften, die in nachhaltige und soziale Produkte investieren wollen, wie beispielsweise Pensionskassen, Fondsgesellschaften, Versicherungen, Banken, Stiftungen und Privatpersonen.
Sind die Einwohnerzahlen die Stellschraube für wirtschaftliches Bauen im preisgünstigen und geförderten Wohnungsbau?
Für uns eher nicht, denn wir bieten vom singulären Projekt wie in Heroldsbach mit 28 Wohnungen bis zum Wohnquartier mit mehr als 100 Einheiten ein breites Spektrum. Das heißt, wir können ein Projekt individuell passend für die Kommunen anbieten, immer mit dem Ziel, nachhaltig und preisgünstig zu sein. Mit einer Blaupause können wir nicht in die Kommunen gehen. Wir bauen auch preisgünstigen Wohnraum ohne Förderung. Mitunter ist gerade das ein Schwerpunktthema bei der Vergabe eines Grundstücks an einen Bauträger.
Geben Sie die Richtung vor oder erarbeiten Sie zuerst eine konsensfähige Partnerschaft mit den Kommunen?
Die Anforderungen sind sehr unterschiedlich. Bei eher singulären Projekten stellen wir unser Produkt vor und besprechen Themen wie Verträglichkeit, ortsübliche Miete, Fläche und Geschosse. Das ist der normale Lauf. Wenn das Ganze umfassender gedacht werden soll, kommt der Dienstleistergedanke zum Tragen. Dann schauen wir gemeinsam, was die Kommune braucht. Bei Gesprächen mit Bürgermeister und Stadtplanungsamt geht es darum, wie wir Wünsche sinnvoll und wirtschaftlich unterbringen. Dazu gehört eine Vor-Ort-Analyse zu Themen wie Versorgung, Schulen und Kitas. Wir müssen ehrlich miteinander kommunizieren und einen Bedarfskatalog erstellen. Sind wir uns einig, folgen Bauantrag, Bauherstellung, Fertigstellung und die Übergabe an Investoren.
Verwalten und vermieten Sie auch selbst die Wohnungen?
Wir sind kein klassischer Bestandshalter. Grundsätzlich arbeiten wir für Partnerinvestoren. Aber gerade im geförderten Wohnungsbau bieten wir neben der Bauherstellung auch die langfristige Verwaltung und Vermietung der Objekte an.
Laut Koalitionsvertrag soll der geförderte Wohnungsbau in den nächsten Jahren mächtig Fahrt aufnehmen …
Das Ziel mit 100.000 geförderten Wohnungen pro Jahr klingt erst mal gut. Aber ohne die privaten Bauträger wird das nicht gehen. Im Moment sinkt sogar jedes Jahr die Zahl geförderter Wohnungen, weil mehr aus der Bindung fallen als neu fertiggestellt werden. Nicht einmal das auszugleichen schaffen die städtische Wohnbaugesellschaften, wenn sie allein agieren. Mitunter sperren sich Verwaltungen aber gegen eine Zusammenarbeit mit Privaten. Auch uns empfingen Regierungen am Anfang skeptisch. Es war halt ungewohnt. Zur Umsetzung der ambitionierten Ziele gehört, dass Bauanträge zügiger und nicht erst nach eineinhalb Jahren bearbeitet werden. Der ganze Apparat braucht Beschleunigung, serielle Baugenehmigungen und verstärkte Digitalisierung.
Entscheiden die Bundesländer unterschiedlich über Förderungen?
Fördersysteme sind Ländersache und sehr unterschiedlich. Bayern und Baden-Württemberg bieten richtig praktikable und auskömmliche Fördersysteme. Dort sind wir gestartet. Aber wir sind bundesweit aktiv, auch wenn es Bundesländer gibt, bei denen die Zusammenarbeit wirtschaftlich über die aktuellen Förderbedingungen noch nicht möglich ist.
Und wie viele Haushalte haben einen Wohnberechtigungsschein?
Die meisten Bürger wissen nicht, dass sie förderberechtigt sind. Auch Kommunen haben oft ein falsches Bild vom geförderten Wohnungsbau und den klassischen grauen Plattenbau vor Augen. Das sieht heute völlig anders aus. Wir vermeiden den Begriff Sozialwohnungen, weil sie ein schlechtes Image haben. In einem Haus können wir unterschiedliche Wohnungen anbieten, also frei finanzierte, preisgünstige und geförderte Wohnungen. Da merkt keiner den Unterschied. Die Einkommensgrenzen zeigen, dass ungefähr die Hälfte der privaten Haushalte förderberechtigt ist, dazu gehört in einigen Bundesländern auch die Familie mit zwei Kindern und einem Haushaltseinkommen bis zu 90.000 Euro pro Jahr.
Da ist sicher auch noch Luft nach oben …
So ist es. Beispielsweise gibt es in den meisten Bundesländern Wohnraumförderungen für Studenten, aber durchgehend nicht für Seniorenwohnungen. Das zu verändern, wäre wegen der demographischen Entwicklung wichtig für die Stadt von morgen. Noch nutzen wir als Hilfsmittel die normale Wohnraumförderung, um seniorengerecht und preisgünstig zu bauen. Dabei denken wir nicht an betreutes Wohnen, sondern an fitte Senioren, die kleinere Wohnungen und Gemeinschaft – dazu gehören auch Mehrgenerationenhäuser – schätzen und zukünftig eine weitestgehend behindertengerechte Wohnung benötigen. [ sf ]
Weitere Informationen und für Rückfragen:
Simon Hübner, Vorstand der GBI-Holding und Geschäftsführer der GBI Wohnungsbau, ist unter anderem zuständig für Recht, Beteiligungssteuerung, Projektmanagement, Vermietung und Verwaltung.
E-Mail: simon.huebner@gbi.ag
Tel.: +49 9131 533 82-50