30 Jahre Vorhersagen von Hochwasserfluten in Baden-Württemberg
Herausforderungen werden nicht weniger
Seit 30 Jahren ist die Hochwasservorhersagezentrale (HVZ) der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) das Drehkreuz für Informationen rund um die Wasserstände zahlreicher Flüsse, Bäche und Seen im Land. Auslöser für die Errichtung der HVZ war ein Jahrhunderthochwasser im Februar 1990. Starke Regenfälle führten in Baden-Württemberg zu schnellen und großräumigen Überflutungen entlang von Donau und Neckar. Das Hochwasser kam für viele überraschend.
Es gab damals kaum Vorwarnzeit für Anwohner sowie Behörden. Unteranrainer hatten keine zentrale Ansprechstelle, die ihnen mitteilen konnte, mit welchen Wasserständen sie zu welchem Zeitpunkt zu rechnen hatten.
Am 13. Dezember 1991 wurde die Vorhersagezentrale für Baden-Württemberg offiziell eröffnet, wenige Tage später, am 22. Dezember 1991, hieß es dann bereits entlang des Neckars großflächig „Land unter“. Die HVZ hatte ihren ersten Einsatz.
74 lebensrettende Einsätze
Die Mitarbeiter der HVZ blicken auf 74 Hochwassereinsätze zurück. Hochwassereinsatz bedeutet Eröffnung der Hochwasserzentrale in Karlsruhe mit einem 24-Stunden-Dienst in drei Schichten. In ihrem 30. Bestandsjahr hatte die HVZ überdurchschnittlich viele Einsatztage. Auslöser für die Hochwasser waren im Januar 2021 Regenniederschlag in Verbindung mit Schneeschmelze. Flächenhafte ergiebige Niederschläge und lokale Starkregenereignisse prägten den Sommer. Diese Ereignisse wurden in der jüngsten Vergangenheit regional gehäuft beobachtet.
In den Monaten Juni, Juli und August fielen 2021 landesweit 390 Millimeter Niederschlag und damit durchschnittlich
40 Prozent mehr als in den letzten 30 Jahren (1991 bis 2020) in den entsprechenden Monaten. Lokal wurden in Baden-Württemberg Extremniederschläge von 100 Millimeter in wenigen Stunden gemessen.
An den Kennwertpegeln des Landes stiegen die Hochwasserscheitel innerhalb kürzester Zeit in Bereiche von 20- bis 50-jährlichen, teilweise 100-jährlichen Ereignissen und darüber. „Starkregenereignisse sind die Herausforderungen der kommenden Jahrzehnte. Ihr Verlauf ist schwieriger abzuschätzen als Überschwemmungen entlang von größeren Fließgewässern und Seen, die regelmäßig über die Ufer treten. Die LUBW hilft Städten und Gemeinden mit Leitfäden und einer Datengrundlage für kommunale Starkregengefahrenkarten, sich dieser Herausforderung zu stellen“, erläutert Eva Bell, Präsidentin der LUBW, und betont: „Die Hochwasservorhersagezentrale kann Hochwasser nicht verhindern. Wir können aber durch Vorhersagen und Beratung Kommunen sowie Bürgerinnen und Bürgern helfen, Schäden so gering wie möglich zu halten.“
Rückblick: Aufbau eines Pegelnetzes für Baden-Württemberg
1991 begann die HVZ mit einem automatisierten Datenabruf von rund 30 Pegeln an Rhein, Neckar, Donau und Main und der Berechnung von Vorhersagen für drei Rheinpegel. Gemeinsam mit den Bodenseeanrainerstaaten wurde eine Vorhersage für den Bodensee aufgebaut, die seit dem Jahr 2004 präzise Hochwasser vorhersagt. Heute liefern mehr als 300 Pegel kontinuierlich Kenndaten für Flüsse und Bäche in Baden-Württemberg und für über 100 Pegel werden Vorhersagen berechnet. Im Jahr 2007 folgte die Inbetriebnahme eines zu diesem Zeitpunkt bundesweit innovativen Hochwasserfrühwarnsystems für kleine Einzugsgebiete unter 200 Quadratkilometern.
Seit dem Jahr 2014 berechnet und veröffentlicht die HVZ zusätzlich die Bandbreite der erwarteten Wasserstandsentwicklung. Diese basieren auf Wettervorhersagen verschiedener Wetterdienste. Ende 2019 konnte der Vorhersagezeitraum von sieben auf zehn Tage erhöht werden. Auf der Basis all dieser Daten werden heute nicht nur Hochwasservorhersagemodelle berechnet, sondern auch für rund 100 Pegel Vorhersagen für Mittel- und Niedrigwasser in Baden-Württemberg.
Seit November 2021 werden die Vorhersagen stündlich aktualisiert, auch über die Feiertage.
Bei Starkregen sind aufgrund der Unsicherheiten bei der Wettervorhersage die Vorhersagezeiträume deutlich kürzer als im Routinebetrieb. Je nach Lage des Pegels kann im Hochwasserfall eine Vorhersage für die nächsten vier bis maximal 24 Stunden getroffen werden. Eine weitere Abschätzung der Lage ist maximal für 48 Stunden möglich.
Umweltministerin Thekla Walker lobte den Einsatz der HVZ anlässlich des Jubiläums. „Ihre Vorhersagen und Hochwasserinformationen sind zentral wichtig, um Menschenleben zu retten und unser Land vor hohen Schäden zu bewahren.“
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