Wie wichtig ist der Standort für die Windkraft?
Schon der Bau von Windkraftanlagen bedeutet im Vorfeld ein immenser Eingriff in die Landschaft
Die Bayerische Akademie für Verwaltungsmanagement organisiert eine Reihe von Veranstaltungen zum Thema Nachhaltigkeit und Energie, unter anderem auch kürzlich eine Tagung zum Thema „So gelingt die kommunale Energiewende – der neue Rechtsrahmen für Wind- und Solarenergie“.
Der Jurist Dr. Jürgen Busse hat zahlreiche Bücher veröffentlicht. Er war bis 2015 Geschäftsführendes Präsidialmitglied des Bayerischen Gemeindetages und ist heute Geschäftsführer der Bayerischen Akademie für Verwaltungsmanagement.
Sehr wichtig ist der Artenschutz, dieser muss immer geprüft werden
Jürgen Busse: „Die Schwierigkeit besteht in der Standortfindung.“
„In Bayern ist die Situation etwas anders als in der übrigen Bundesrepublik. Wir haben in Bayern den Einstieg in die Windkraft verzögert. Die Windkraft kam praktisch zum Erliegen. Ausschlaggebend waren hier die bayerischen Abstandsregeln. In Bayern galt die 10-H-Regel, die eingehalten werden musste. Sie besagt, dass der Mindestabstand zu einer Windkraftanlage zehn Mal so groß sein muss wie die Höhe der Anlage plus Rotorblatt. Bei einer Höhe von 200 Metern mussten also 2000 Meter Abstand gehalten werden. Deshalb haben sich die Gemeinden zurückgehalten. Sie merkten, dass sie mit ihren Bebauungsplänen große Schwierigkeiten haben. Die Regelung trat 2014 in Kraft. Das wurde im November 2022 geändert, nun reichen 1000 Meter Abstand in Wäldern, entlang von Autobahnen und Bundesstraßen und in der Nähe von Gewerbe- und Industriegebieten aus.
Der zweite Punkt war die Ökologie. 28 Prozent der bundesdeutschen Flächen sind Landschaftsschutzgebiete. Hier gibt es oft Wälder, und gerade in Wäldern wird gerne gebaut.
Warum? Die Forste gehören oft dem Staat. Bayern hat das vermieden und hatte hier einen anderen Standpunkt. Denn es geht bei der Erbauung von Windkraftanlagen nicht nur um kleine Grundstücke, auf denen die Anlagen dann stehen.
Die Realität sieht anders aus. Wenn eine Windkraftanlage gebaut wird, benötigt man einen Kran. Für den braucht man eine Straße durch einen Wald. Dann brauchen wir einen Stromanschluss. So entstehen erhebliche Eingriffe in die Waldgebiete. Der zweite große Bereich ist der Artenschutz mit einem besonderen Schwerpunkt auf den Vögeln. Nun ist es so, dass heute die Anlagen automatisch stoppen, wenn sich Vögel nähern. Das bedeutet aber wiederum, dass die Anlagen über längere Zeit gar keinen Strom erzeugen. Die Frage der Wirtschaftlichkeit bleibt deshalb im Raum stehen.
Der Artenschutz muss immer geprüft werden, er ist sehr wichtig. Schließlich gibt es das Tötungsverbot, das im Naturschutzgesetz verankert ist. Dazu kommen noch die Windgeschwindigkeiten, die immer mindestens fünf Meter pro Sekunde betragen müssen. Alles in allem bleibt also die Frage im Raum, ob die Errichtung einer Anlage angesichts all dieser Einschränkungen überhaupt wirtschaftlich ist.
Dazu kommt noch die Frage nach den Landschaftsschutzgebieten und Naturschutzgebieten. Hier gibt es besondere Regelungen und verschiedene Abstufungen in der Frage, wie schützenswert ein Gebiet ist. Naturschutzgebiete gelten als besonders schützenswert. Hier sind Windkraftanlagen verboten. Anders ist es bei den Landschaftsschutzgebieten. Hier soll zwar die Natur erhalten bleiben, da es wichtige Flora und Fauna gibt und die Gegenden meist auch Erholungsgebiete für die Bürger sind. Bisher waren Eingriffe nur nach einem komplizierten juristischen Verfahren möglich. Das Bundesnaturschutzgesetz, in dem das alles geregelt ist, wurde nun allerdings geändert. Jetzt sind Windkraftanlagen auch in Landschaftsschutzgebieten zugelassen. Windkraft ist in Zukunft wichtiger als Landschaft. Es gibt aber auch die Verpflichtung, dass die Anlagen wieder zurückgebaut werden. Es sollen nur vorübergehende Eingriffe in die Natur sein.
Seit Juni 2022 haben wir auf Bundesebene eine Vielzahl von Gesetzen bekommen, die den Ausbau der Windenergie beschleunigen soll. Wir sprechen hier vom Wind-an-Land-Gesetz. In diesem Gesetz ist verankert, wie viel Fläche jedes Land bereitstellen muss. In Bayern sind 1,1 Prozent der Fläche bis 2026 bereitzustellen, bis 2032 sind es sogar 1,8 Prozent. Trotzdem ist es fraglich, ob auf diesen bereitgestellten Flächen angesichts der gesamten Problematik wirklich gebaut wird.
Es ist natürlich so, dass wir die Windkraft brauchen. Die Schwierigkeit besteht in der Standortfindung.“
Kontakt:
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Weitere Statements zum Thema von:
– Frank Musiol, Naturschutzforscher im Team Windenergie des ZSW Baden-Württemberg
– Claudia Bredemann, Referentin für Planung und Akzeptanz, Fachagentur Windenergie an Land. e. V.
– Gerhard Bronner, Vorsitzender des Landesnaturschutzverbands Baden-Württemberg (LNV)
Wir bedanken uns ganz herzlich dafür!
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Wir sind gespannt auf Ihre/Eure Erfahrungen!