Schutz gegen Hochwasser – so helfen alle mit
In Regensburg hat das Thema eine lange Geschichte – und war doch noch nie so aktuell
Die UNESCO-Welterbestadt Regensburg wird stark von der Donau mit ihren verschiedenen Armen und Inseln sowie der Regenmündung geprägt. Von der Römerzeit bis ins Mittelalter hinein besiedelten die Städter nur Flächen, die ausreichend hoch lagen und somit hochwassersicher waren. Tieferliegende Bereiche, insbesondere die Donauinseln – also die Wöhrde sowie der Stadtnorden – blieben unbebaut. Mit dem Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum stieg jedoch auch hier der Siedlungsdruck.
Ab dem 16. Jahrhundert ist eine Besiedlung dieser Areale nachweisbar. In den Jahren 1882 und 1893 traten Hochwasser auf, die etwa einem hundertjährlichen Ereignis entsprachen und das Bewusstsein für die Gefahr von Überschwemmungen wieder weckten, allerdings nur vorübergehend. Denn obwohl den zu diesem Zeitpunkt noch unbebauten Flutmulden zunächst noch eine große Bedeutung beigemessen wurde, fielen auch sie in den folgenden Jahrzehnten der Bebauung zum Opfer.
Nach dem Zweiten Weltkrieg kam es in den Jahren 1954 und 1965 erneut zu größeren Hochwasserereignissen. Die Abflussmengen waren zwar nicht so groß wie bei den beiden Hochwassern am Ende des 19. Jahrhunderts, dennoch wurden – bedingt durch die inzwischen stark eingeengten Flüsse – große Flächen im Stadtgebiet überflutet. Infolgedessen beantragte die Stadt Regensburg beim Freistaat Bayern die „Hochwasserfreilegung für das Stadtgebiet“. Nach langen Jahren der Planung sah das Wasserwirtschaftsamt Regensburg (WWA) zum Schutz der Stadt im Stadtnorden und auf den Donauinseln Deiche und Mauern vor. Die Planungen wurden 1983 genehmigt und rechtskräftig. Die Anwohner fühlten sich jedoch bei der Planung übergangen und durch den ortsfesten Schutz zu sehr eingeengt, was zu Protesten und schließlich 1987 zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses führte.
Bereits im Folgejahr 1988 ereignete sich in Regensburg das größte Hochwasser seit 1882. Obwohl es sich nur um ein 20-jährliches Ereignis handelte, wurden große Flächen im Stadtgebiet überflutet und Schäden in Millionenhöhe verursacht.
Bevölkerung konnte sich bei Planungsideen einbringen
Im Bewusstsein, dass bei einem 100-jährlichen Hochwasser die Pegelstände noch um einen Meter höher liegen würden, wurde das Wasserwirtschaftsamt erneut mit dem Schutz der Stadt vor einem solchen Hochwasser beauftragt. Die Stadt verpflichtete sich zur engen Zusammenarbeit und Unterstützung, insbesondere bei der Einbindung der Bürger. Die erneute Planung sollte städtebauliche, denkmalpflegerische, naturschutzfachliche und wasserwirtschaftliche Belange gleichermaßen berücksichtigen und die Interessen und Vorstellungen der Bürger miteinbeziehen. Die Öffentlichkeit wurde von Anfang an umfassend informiert und konnte sich bereits zu Beginn der Planungen an so genannten „Runden Tischen“ direkt einbringen. Diese Ergebnisse flossen als Leitlinien in einen europaweiten städtebaulich-technisch-landschaftsplanerischen Wettbewerb im Jahr 2003 ein. Für den Wettbewerb wurden die gefährdeten Abschnitte entlang der Donau und des Regens in 18 Abschnitte eingeteilt und bis 2006 jeweils konzeptionelle Lösungen erarbeitet. Die Ergebnisse bilden bis heute die Grundlage für alle weiteren Planungen.
Schon damals war abzusehen, dass die Planungs-, Genehmigungs- und Bauphase für den 100-jährlichen Hochwasserschutz sehr viele Jahre in Anspruch nehmen wird. Daher entschloss sich die Stadt, sich in der Zwischenzeit mit mobilen Elementen vor mittleren Hochwasserereignissen mit einer Wiederkehrwahrscheinlichkeit von 20 Jahren zu schützen. Tatsächlich bewahrten sie Regenburg 2009 vor größeren Schäden. Im Jahr 2013 überströmte aber ein 30-jährliches Hochwasserereignis die mobilen Elemente der Stadt und verdeutlichte die Notwendigkeit des staatlichen Vollschutzes.
Bis heute sind von den 18 Abschnitten zehn fertiggestellt, vier befinden sich derzeit in der Planung oder im Bau. Dabei orientiert sich die Reihenfolge der Umsetzung am Verhältnis des Schadenspotenzials zu den Baukosten. Von den geschätzten 150 Millionen Euro Gesamtkosten, die sich Freistaat und Stadt etwa zur Hälfte teilen, sind bisher etwa 45 Millionen Euro ausgegeben. Für den bevorstehenden aufwendigen Schutz der Donauinseln wird der größte Kostenanteil veranschlagt.
Die offene Kommunikation mit den Bürgern über eine ständig aktualisierte Internetseite, Faltblätter, Führungen oder Informationstafeln sowie deren Einbeziehung in die Planung der einzelnen Abschnitte hat sich als wesentlicher Faktor für die breite Akzeptanz der zum Teil massiven notwendigen Eingriffe erwiesen. Die Aufwertung der Flusslandschaft hinsichtlich ihrer sozialen Funktion ist ein weiterer wesentlicher Erfolgsgarant. So sind in den jeweiligen Abschnitten Zugänge zum Gewässer und neue Aufenthaltsbereiche fester Bestandteil der Maßnahmen und tragen dazu bei, dass das Projekt eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung genießt und politisch unumstritten ist.
Weitere Informationen unter:
www.hochwasserschutz-regensburg.bayern.de
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