Eine Idee reift heran
In Baden-Württemberg rückt der Mobilitätspass immer näher
21 Modellkommunen haben mit dem Verkehrsministerium Baden-Württemberg wesentliche Grundlagen für einen zukünftigen Mobilitätspass erarbeitet. Ergebnisse der Berechnungen wurden in Stuttgart vorgestellt. Zusammen mit drei Vorreiterkommunen sind weitere Untersuchungen geplant.
Der Grundgedanke: Abgabenzahlende erhalten ein Mobilitätsguthaben in gleicher Höhe, welches sie für Bus und Bahn einsetzen können – natürlich auch für das Deutschlandticket. Eine soziale Staffelung ist ebenfalls vorgesehen. Schon eine vergleichsweise geringe Abgabe versetzt Kommunen in die Lage, das Fahrplanangebot von Bussen und Bahnen zu verbessern und Kapazitäten zu erhöhen. Berechnungen aus 21 Modellkommunen zeigten nun, dass so ein kräftiger Finanzschub möglich wäre. Im deutschlandweiten Vergleich ist der Mobilitätspass Baden-Württemberg ein innovativer Vorstoß, der auch in anderen Bundesländern verstärkt diskutiert wird. Im europäischen Ausland leisten ähnliche Drittnutzerfinanzierungsinstrumente bereits seit vielen Jahren einen unverzichtbaren Beitrag zur Finanzierung des ÖPNV, wie beispielsweise die Arbeitgeberabgabe in Frankreich, die Dienstgeberabgabe in Wien oder die Straßennutzungsgebühr in über fünfzehn europäischen Städten.
Verkehrsminister Winfried Hermann: „Bis 2040 wollen wir in Baden-Württemberg klimaneutral werden. Das erfordert besonders im Verkehr große Anstrengungen und innovative Konzepte für klimafreundliche Mobilität. Der Mobilitätspass ist eine Einladung, den umweltfreundlichen ÖPNV zu nutzen, und hilft zugleich, den Ausbau zu finanzieren.“
Freiburg, Karlsruhe und der Ortenaukreis mit konkreten Ideen
Auf Basis der Erkenntnisse aus der Modellphase denken die Stadt Freiburg, die Stadt Karlsruhe und der Ortenaukreis den Mobilitätspass seit Oktober 2023 als Vorreiterkommunen weiter. Ziel ist, dass nach künftiger Verabschiedung der Gesetzesgrundlage eine möglichst reibungslose Einführung des Mobilitätspasses in interessierten Kommunen erfolgen kann. Eine Vorfestlegung der Vorreiterkommunen auf die Einführung des Mobilitätspasses ist damit nicht verbunden. Wichtig ist ihnen vielmehr, ergebnisoffen an die Zusammenarbeit zum Mobilitätspass zu gehen.
Freiburg
Freiburg will die CO2-Emisssionen im Vergleich zu 2010 um 40 Prozent senken. Der Anteil des ÖPNV soll bis zum Jahr 2030 von rund 16 Prozent auf rund 20 Prozent gesteigert werden. Freiburgs Oberbürgermeister Martin Horn: „Von einem weiteren ÖPNV-Ausbau und Angebotsverbesserungen werden alle profitieren – sowohl die Einwohnerinnen und Einwohner als auch die Pendlerinnen und Pendler aus dem Umland. Die Attraktivität des ÖPNV muss durch die skizzierten Maßnahmen noch einmal deutlich ansteigen.“
Der Mobilitätspass könnte ein Instrument sein, um die notwendigen Maßnahmen des Freiburger Klimamobilitätsplans zu ermöglichen, wie das Gutachten des Landes zeigt: Schon mit einem Beitrag für Arbeitgeber von monatlich 10 Euro je Mitarbeiter könnten in einer Großstadt wie Freiburg theoretisch ÖPNV Maßnahmen von bis zu 18 Millionen Euro pro Jahr ermöglicht werden. Kosten für Technik und Verwaltung sind dabei laut Landesgutachten schon abgezogen.
Karlsruhe
Karlsruhe möchte den hohen ÖPNV-Standard halten und gleichzeitig das bestehende ÖPNV-Angebot innerhalb der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen weiter optimieren. Stichworte sind hier die Modernisierung und Instandhaltung der ÖPNV-Infrastruktur. Das bedeutet konkret: Fahrplan- und Taktverdichtungen, zusätzliche Bahnen, Neubeschaffung von E-Fahrzeugen für die Antriebswende bei der Busflotte, Kapazitätserweiterung bei Betriebshöfen und Bahnmeistereien, digitale Transformationsprozesse sowie der Ausbau und die Modernisierung der ÖPNV-Infrastruktur, die Einnahmen aus dem Mobilitätspass könnten ein wichtiges zusätzliches Finanzierungsinstrument für den ÖPNV darstellen und ihn weiter stärken.
Bei einer Beitragshöhe von monatlich 10 Euro je Mitarbeiter könnten in Karlsruhe mit dem Beitrag für Arbeitgeber Einnahmen in Höhe von bis zu 25 Millionen Euro Gesamt-Netto-Erlös erzielt werden. Mit einem Beitrag für Kfz-Halter wären es 11 Millionen Euro pro Jahr.
Ortenaukreis
Der Ortenaukreis will die Fahrgastzahlen im ÖPNV durch eine deutliche Ausweitung des Angebots steigern. Während im städtischen Raum bereits eine gute Ausstattung mit ÖPNV-Verbindungen besteht, bedarf es im ländlichen Raum überwiegend am Abend und am Wochenende eines Lückenschlusses, damit der ÖPNV als attraktive Alternative zum Individualverkehr wahrgenommen werden kann.
Landrat Frank Scherer erklärte: „Ein Mehr an ÖPNV setzt eine dauerhaft bessere finanzielle Ausstattung voraus. Ein Mobilitätspass kann hier dann ein probates Mittel sein, wenn für die Bevölkerung ein deutlicher Mehrwert in Form eines optimierten ÖPNV-Angebots spürbar wird.” Der Ortenaukreis sei grundsätzlich offen für ein interessantes und innovatives Finanzierungsinstrument. Einnahmen aus einem Mobilitätspass könnten auf Dauer als eine Säule der Finanzierung für ein über die Mobilitätsgarantie hinausgehendes Angebot eingesetzt werden. Den Hochrechnungen zufolge könnten bei einem Beitrag von 10 Euro pro Monat bei einer einwohnerbezogenen Ausgestaltung kommunale Mehreinnahmen in Höhe von bis zu 28 Millionen Euro pro Jahr realisiert werden. Ein Beitrag für Kfz-Halter würde bei gleicher Abgabenhöhe ein Potenzial von 15 Millionen Euro jährlich generieren.
Weitere Informationen zur nachhaltigen Mobilität:
https://vm.baden-wuerttemberg.de/de/politik-zukunft/nachhaltige-mobilitaet