Eingliederungshilfe digital gestalten
Wichtiges Pilotprojekt zur Wirkungsmessung in der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung
In Niedersachsen beziehen ungefähr 90.000 Menschen mit Behinderung Eingliederungshilfe, in der Bundesrepublik sind es gut eine Million. Allerdings: Welche Eingliederungshilfen ein Mensch mit Behinderung in welchem Umfang benötigt und welche sinnvoll sind, ist für Sozialverwaltungen aufwendig zu ermitteln. Hilfestellung wird mit der WIM-EGH (WirkungsMessung in der EinGliederungsHilfe) künftig ein webbasiertes Instrument bieten.
Vertreter von der Hochschule Osnabrück und dem Landkreis Osnabrück unterzeichneten eine Vereinbarung, mit der am 1. Mai ein auf dreieinhalb Jahre angelegtes Pilotprojekt der beiden Partner startete.
Die Eingliederungshilfe soll als Bestandteil des Bundesteilhabegesetzes die Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderung stärken. Doch in der Praxis ist die Umsetzung nicht so einfach. „In den Bundesländern sind die Prozesse und Instrumente der Bedarfsermittlung oftmals mit einem hohen Verwaltungsaufwand, also viel Bürokratie, verbunden. Auch werden in Gänze nicht alle rechtlichen Vorgaben, zum Beispiel Wirkungskontrolle oder Transparenz, erfüllt“, erläutert Projektleiterin Dr. Andrea Riecken, Professorin für Soziale Arbeit an der Hochschule Osnabrück. Mit der WIM-EGH werden die Prozesse künftig fachlich und organisatorisch optimiert. Der gewünschte Nebeneffekt: Fachkräfte gewinnen mehr Zeit für Gespräche mit Menschen mit Behinderung.
Das neue Instrument kann nicht nur für die Sozialverwaltung des Landkreises Osnabrück, sondern auch für andere Kommunen in Niedersachsen und in anderen Bundesländern wichtig sein, weil es wesentlich zur Entlastung bei administrativen Prozessen beiträgt und die Qualitätsstandards in der Eingliederungshilfe verbessert. Es ist deshalb von regionaler und überregionaler Bedeutung.
Konkret können sich Menschen mit Behinderung selbstbestimmter und eigenverantwortlicher in den Bedarfsermittlungsprozess einbringen, und Fachkräfte bekommen neue Möglichkeiten für fachliche Einschätzungen. Darüber hinaus können Informationen über die Geschäftsbereiche Kommunikation, Lebenssituation und die darin enthaltenen Teilhabebarrieren von Menschen mit Behinderung im Verlauf der Eingliederungshilfe systematischer und nachvollziehbarer beschrieben, quantifiziert und analysiert werden.
Am Ende soll ein maßgeschneidertes, praktikables und qualitativ hochwertiges Instrument für die Bedarfsermittlung mit integrierter Wirkungsmessung bereitstehen. Zudem können die Forschungserkenntnisse und Entwicklungsergebnisse direkt in die Module des Schwerpunkts „Eingliederungshilfe“ im Bachelorstudiengang Soziale Arbeit transformiert werden, so dass Studierende bereits im Studium wesentliche, vom Gesetzgeber für die Fachkraft der Eingliederungshilfe im § 97 SGB IX geforderte Kompetenzen, erwerben. Die Hochschule Osnabrück nimmt hier laut Projektleiterin Andrea Riecken eine wichtige Vorreiterrolle ein.