Mobilität für alle
Viele Wege führen zu einer lückenlosen barrierefreien Verkehrsinfrastruktur
Der Öffentliche Verkehr (ÖV) hat für mobilitäts- und sensorisch eingeschränkte Personen eine maßgebliche Bedeutung, da andere Verkehrsmittel häufig nur bedingt oder überhaupt nicht zur Verfügung stehen. Ein barrierefreier Ausbau der Verkehrsinfrastruktur erhöht die Nutzungsqualität für alle – für mobilitäts- und sensorisch eingeschränkte Personen, aber auch für Fahrgäste mit Kinderwagen, Fahrrädern oder Gepäck.
Barrierefreiheit hilft Menschen mit Behinderungen und solchen mit temporären oder situationsbedingten Einschränkungen. Zu berücksichtigen sind sowohl mobilitäts- als auch sensorisch eingeschränkte Personen. Sensorische Probleme treten auf, wenn eine Person zum Beispiel im Sehen oder Hören eingeschränkt ist. Barrieren schränken Menschen in ihrer vollen Teilhabe an der Gesellschaft ein und verwehren ihnen ein selbstbestimmtes Leben. Besonders in Bezug auf die Mobilität können Barrieren oder Hindernisse Personen von der Nutzung eines Verkehrsmittels abhalten. Sie sind dann auf andere Personen angewiesen, die sie von A nach B bringen oder Erledigungen ganz übernehmen. Die Barrierefreiheit unterstützt eine eigenständige und flexible Nutzung des ÖV-Angebotes für alle Menschen.
Mobilikon – das kostenlose Online-Nachschlagewerk bündelt Wissen rund um das Thema Mobilität. Das Thema Barrierefreiheit wird in einzelnen Steckbriefen thematisiert und soll Entscheidungsträger in ihrer Arbeit unterstützen. Zudem zeigt es anhand von bereits umgesetzten Beispielen auf, wie mobilitäts- und sensorisch eingeschränkte Personen ihre Mobilität flexibler gestalten können.
Bei der barrierefreien Gestaltung des ÖV sollten nicht nur einzelne Komponenten des ÖV-Systems betrachtet werden. Vielmehr sollte ein ganzheitliches barrierefreies und in Abhängigkeit der örtlichen Umgebung aufeinander abgestimmtes System bereitgestellt werden.
Neu geplante Haltestellen werden grundsätzlich barrierefrei ausgebaut. Um allerdings Barrieren im bestehenden ÖV-Netz zu identifizieren, bietet sich eine Bestandsanalyse an. Das Ziel der Bestandsanalyse ist die strukturierte Erhebung und Bewertung aller Einrichtungen im ÖV-System hinsichtlich ihrer Barrierefreiheit. Umfangreiche Ortsbesichtigungen sind notwendig und ermöglichen eine Einschätzung des Ist-Zustandes. Das Ergebnis ist eine Übersicht, aus der sich der Handlungsbedarf zur Erreichung einer vollständigen Barrierefreiheit ableiten lässt. Dazu gehören nicht nur die Haltestellen und Zuwege, sondern auch die Fahrzeuge, Informations- und Kommunikationsmittel sowie das Tarif- und Ticketingsystem.
Es gibt viele gute Beispiele, wie Kommunen vielfältige Bereiche in den Blick genommen haben, um Barrieren im ÖV abzubauen: Im Landkreis Reutlingen in Baden-Württemberg wird die Teilhabe von mobilitäts- und sensorisch eingeschränkten Fahrgästen im ÖPNV beispielsweise durch Umbauten unterstützt. Zur Gewährleistung eines barriere-
freien Ein- und Ausstiegs in den Bus dient der Einsatz des Kasseler Sonderbords, bei dem die Barrierefreiheit in Verbindung mit Niederflur- oder Low-Entry-Fahrzeugen und, je nach Höhe des Bords, gegebenenfalls durch zusätzliches Ausklappen einer Rampe hergestellt wird. Auch die Mobilitätsstation Werther im Kreis Gütersloh ist barrierefrei erreichbar. Neben einem taktilen Leitsystem wurde auch ein barrierefreies WC errichtet.
In den Landkreisen Vorpommern-Greifswald und Mecklenburgische Seenplatte wurde mit dem ILSE-Bus ein rollstuhlgerechtes Rufbussystem ins Leben gerufen. Die Rufbusse verfügen über eine Klapprampe und einen Rollstuhlplatz. Sie sind sowohl telefonisch als auch via Internet oder Smartphone buchbar.
Im Saarland können Fahrgäste Hilfe anfordern, die Schwierigkeiten haben, alleine öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen. „Mobisaar – Mobilität für alle“ ist ein Begleit-Angebot für mobilitätseingeschränkte Personen. Dabei bieten die Mobilitäts-Lotsen Hilfe an, beispielsweise begleiten sie den Fahrgast von der Haustür bis zum Wunschziel oder geben Orientierungshilfe an Haltestellen oder Fahrkartenautomat.
Bei dem Projekt Smart4You verfolgen drei Kommunen im Kreis Soest das Ziel, für Menschen mit Mobilitäts- oder Sinneseinschränkungen bestimmte touristische Destinationen zu verknüpfen. Mit Hilfe einer barrierefreien Bedienung durch Sprachsteuerung über eine App können Nutzer mit Seheinschränkungen in ihren Wegeketten unterstützt werden. Die „mobil info“-App beinhaltet eine Start-Ziel-Navigation, welche ermöglicht, bereits von der Haustür zur richtigen Starthaltestelle navigiert zu werden.
Die Praxisbeispiele verdeutlichen, dass Barrierefreiheit in unterschiedlichen Ansätzen auf kommunaler und regionaler Ebene umgesetzt werden und die gesellschaftliche Teilhabe – nicht nur für mobilitätseingeschränkte Nutzer – verbessern kann. Wichtig ist, dass eine lückenlose barrierefreie Mobilität angestrebt wird, um die Nutzung des ÖV für alle gewährleisten zu können.
Auch zu anderen Themen rund um die Mobilität bietet Mobilikon viele interessante Maßnahmen, Instrumente, Hilfen zur Umsetzung und Beispiele aus der Praxis. Die Seite wird vom Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauen gemeinsam mit dem Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung betrieben und kontinuierlich aktualisiert.
Weitere Informationen:
Kompetenzzentrum für Ländliche Mobilität (KoLMo)
im Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR)
www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/ueber-uns/struktur/rs/pg-kolmo/_node.html