Sauber fliegen mit Wasserstoff
Hamburger Flughafen plant Umstellung auf grüne Energie und emissionsfreie Mobilität
Der Hamburger Flughafen gehört zu den Vorreitern für den Klimaschutz. Bei der Einführung von Wasserstoff als Energiequelle ist in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt eine Roadmap entwickelt worden, die den Umstieg auf emissionsfreie Mobilität am Standort schrittweise vorzeichnet. Bis 2030 will der Flughafenbetrieb eine leistungsfähige Wasserstoffversorgung aufgebaut haben. Im Interview mit KOMMUNALtopinform spricht Jan Eike Blohme-Hardegen, Leiter Umwelt, über die konkreten Schritte, die geplant sind, um den Flugbetrieb auf Wasserstoff als Energiequelle umzustellen. Er zeigt, wie Nachhaltigkeit und Innovation Hand in Hand gehen, um die Mobilität von morgen zu gestalten.
Der Flughafen möchte bis 2035 emissionsfrei werden. Welche Konsequenzen sind für dieses Ziel erforderlich und was umfasst dieses Ziel?
Blohme-Hardegen: Die Maßnahmen, um CO2 einzusparen, laufen am Flughafen Hamburg bereits seit Jahrzehnten. Bis 2021 konnten wir unsere Emissionen schon um rund 80 Prozent reduzieren, dass wir die verbleibenden CO2 Emissionen mit hochwertigen Zertifikaten kompensieren können. Was wir bis 2035 noch reduzieren müssen, um tatsächlich CO2-emissionsfrei zu sein, sind die komplexesten Aufgaben. Im Wesentlichen verbleiben vier Säulen, an denen wir arbeiten: Wir bauen die Wärmeversorgung unserer über 100 Gebäude am Flughafen um. Dadurch ersetzen wir das vorhandene Blockheizkraftwerk durch andere Energiequellen. Wir prüfen aktuell die Optionen Fernwärme und Power-to-Heat.
Die zweite Säule betrifft die Umstellung unseres Fuhrparks. Zum Flughafen gehören 700 bis 800 Fahrzeuge und Geräte. Fahrzeuge, für die es Modelle mit Elektro- oder Wasserstoffantrieb gibt, wurden und werden sukzessive umgestellt. Für Spezialfahrzeuge, die nur mit Dieselantrieb verfügbar sind, setzen wir seit 2017 ausschließlich synthetischen Kraftstoff aus pflanzlichen Abfallstoffen ein. Auch das betrachten wir als Übergangstechnologie: Wir beteiligen uns aktiv an der Entwicklung von Modellen, die emissionsfrei angetrieben werden.
Die dritte Säule ist die verbesserte Energieeffizienz. Ob Kälteanlagen oder Beleuchtung – der Flughafen verbraucht viel Strom. Und da suchen und finden wir immer wieder kreative Möglichkeiten, Energie einzusparen.
Die vierte Säule ist die Energieversorgung. Denn auch wenn wir die Energieeffizienz steigern können, so wächst durch einen Fuhrpark mit Elektroantrieb und womöglich Power-to-Heat unser Bedarf an Strom. Deshalb bauen wir gerade unseren eigenen Windpark, mit dem wir in einigen Jahren unseren gesamten Strombedarf decken wollen – autark und zu 100 Prozent nachhaltig.
Der Flughafen ist dem Netzwerk „Hydrogen Hub at Airports“ beigetreten. Was ist das Ziel?
„Hydrogen Hub at Airports“ ist eines von gleich mehreren internationalen Projekten, in denen wir uns aktuell engagieren. Ziel ist es, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass Wasserstoff als Energieträger in der kommerziellen Luftfahrt eingesetzt wird. Auf der Kurzstrecke planen wir ab 2026 die ersten Testflüge – unter anderem im Rahmen des „Baltic Sea Region HyAirport Programs“ im Ostseeraum und zwischen Hamburg und Rotterdam als Ergebnis unserer Kooperation.
„Hydrogen Hub at Airports“ soll auf der einen Seite internationale Standards für Mittelstreckenflüge entwickeln, auf der anderen die konkreten Einführungs- und Umsetzungsschritte an ausgewählten Initialflughäfen aufzeigen. Die Flugzeuge sind noch in der Entwicklung, deshalb gibt es auch noch keine etablierten Standards beispielsweise für die Tankvorgänge. Da wir in den verschiedenen Projekten und im Austausch mit lokalen Partnern aus der Luftfahrtbranche schon recht fortgeschritten in der Planung sind, ist dieser internationale Austausch sehr wertvoll für alle Beteiligten.
Welche Maßnahmen sind geplant, um die Roadmap umzusetzen?
Die gemeinsam mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrttechnik entwickelte Roadmap skizziert die Schritte, die am Hamburger Flughafen anstehen, um Wasserstoff als Energieträger in der Luftfahrt zu nutzen. Die Schritte sind prinzipiell auch auf andere Flughäfen anwendbar, und wir können andere Flughäfen nur ermutigen, sich frühzeitig mit dem Thema zu befassen, denn die Planungen für die Infrastruktur sind schon sehr umfangreich.
Wie kann der Wasserstoff produziert werden?
Wie auch bei anderen Treibstoffen erfolgt die Produktion nicht am Flughafen – für uns sind also die Lieferwege eher relevant. Damit wir nachhaltig produzierten Wasserstoff in den benötigen Mengen – und die sind für die Luftfahrt enorm – zur Verfügung haben, ist die Politik schon heute gefordert, die Lieferketten sicherzustellen.
Wie hoch werden die Investitionen sein?
Für das Erreichen von Net Zero 2035 haben wir Investitionen von 250 Millionen Euro eingeplant, davon entfallen allein 70 Millionen auf den Bau des Windparks.
Der Aufbau der Wasserstoffinfrastruktur ist in diesen Kosten nicht enthalten. Die Kosten dafür sind bislang auch schwer zu beziffern. Nach unserer Planung werden wir beispielsweise in einigen Jahren zwei Kugeltanks mit einem Durchmesser von jeweils rund 30 Metern zur Lagerung von Flüssigwasserstoff benötigen. Dafür gibt es heute noch keinen Markt, genauer gesagt steht bisher nur bei der NASA im Kennedy Space Center so ein Tank – und auch da nur ein einzelner, nämlich der weltgrößte.
Da nicht nur wir in ein paar Jahren solche Tanks und all die anderen Bausteine einer Infrastruktur zur Lagerung und Betankung für sowohl gasförmigen als auch flüssigen Wasserstoff benötigen werden, wird sich bis dahin ein Markt entwickeln, der auch die tatsächlichen Kosten kalkulierbar macht.
Das Interview führte Georg Dlugosch