Biogas aus dem Moor
Tolle Knolle: Auch in der Kartoffel steckt Energie drin
Das Bayerische Donaumoos ist ein Hauptanbaugebiet für Kartoffeln in Bayern. Die produzierten Kartoffeln werden insbesondere zur Produktion von Kartoffelstärke verwendet. In der Stärkeproduktion entsteht als Nebenprodukt Kartoffelpülpe. Deren Verwertung stellt seit Jahren eine Herausforderung dar. Zum einen fällt sie konzentriert von August/September bis Ende November an, zum anderen leidet der bisher primäre Verwertungsweg als Futtermittel unter einem mangelnden Bedarf der Region.
Letzteres führt dazu, dass die Kartoffelpülpe vom Standort Schrobenhausen bis ins Allgäu transportiert wird, was mit hohen Kosten und hohem Energieeinsatz verbunden ist. Die Kartoffelpülpe besteht zudem zu 85 Prozent aus Wasser, was ihre Transportwürdigkeit deutlich einschränkt.
Im so genannten KaPaGas-Projekt wurde untersucht, ob die Kartoffelpülpe neben der Nutzung als Futtermittel auch energetisch verwertet werden kann. Das Gemeinschaftsprojekt der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf und der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft wurde im Jahr 2023 am Campus in Weihenstephan bearbeitet und vom Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus gefördert. Kartoffelpülpe enthält neben dem hohen Wasseranteil vor allem technisch nicht extrahierbare Reststärke sowie fein zerriebene Kartoffelfasern. Da diese organischen Substanzen durch Mikroorganismen leicht abgebaut werden können, könnte Kartoffelpülpe als Biogassubstrat interessant sein.
Der Kartoffelpülpe fehlt allerdings eine schwer abbaubare Struktur. Diese ist notwendig, um für die Mikroorganismen in der Biogasanlage geeignete Lebensräume zu schaffen. Daher sollte die Kartoffelpülpe zusammen mit einem faserreichen Biogassubstrat vergärt werden. Als strukturgebender Bestandteil bietet sich Niedermoorpflanzen-Biomasse an, da das Bayerische Donaumoos das größte Moorgebiet in Bayern ist. Niedermoorpflanzen können dort auf wiedervernässten Moorflächen in sogenannten Paludikulturen („palus“ – lat. „Sumpf, Morast“) kultiviert werden. Im Gegensatz zur entwässerungsbasierten landwirtschaftlichen Nutzung von Mooren, bleibt so der im Torfkörper enthaltene Kohlenstoff gespeichert und wird nicht als klimawirksames CO2 freigesetzt.
In Laborversuchen im Kleinmaßstab (Batch-Fermenter, Bild oben rechts) wurde zunächst untersucht wie gut Kartoffelpülpe und Niedermoorbiomasse allein und in verschiedenen Mischungsverhältnissen potentiell vergärbar sind. Als Niedermoorbiomasse wurde hierfür Rohrglanzgras (Abbildung 3) verwendet, welches im Frühsommer, beziehungsweise als zweiter Schnitt im Herbst, geerntet wurde. Sowohl Kartoffelpülpe als auch im Frühsommer geerntetes Rohrglanzgras erzielten einen potentiellen Biogasertrag, der vergleichbar zu dem von Maissilage ist. Bei im Herbst geerntetem Rohrglanzgras war der potentiell erzielbare Biogasertrag um etwa ein Drittel reduziert. Substratmischungen bestehend aus unterschiedlichen Anteilen an Kartoffelpülpe und Rohrglanzgras hatten meist einen vergleichbaren oder etwas höheren potentiellen Biogasertrag im Vergleich zur alleinigen Vergärung von Kartoffelpülpe.
Langzeitversuche mit Kartoffelpülpe und
Niedermoorbiomasse liefern gute Ergebnisse
Um Aussagen und letztlich auch Empfehlungen für die Praxis treffen zu können, muss auch die Stabilität des Biogasprozesses betrachtet werden. Deswegen wurde nachfolgend ein Langzeitversuch in Technikumsfermentern (Arbeitsvolumen: 40 L; Bild oben links) durchgeführt, die täglich vergleichbar mit der Praxis beschickt wurden. Da sowohl Kartoffelpülpe als auch im Herbst geerntetes Rohrglanzgras verhältnismäßig wenig Stickstoff enthalten, wurde außerdem getestet, ob eine Zugabe von stickstoffreichem Material in Form von Kleegrassilage beziehungsweise Rindergülle für die Fermentation förderlich ist. Jeweils zwei Technikumsfermenter wurden mit Kartoffelpülpe + Rohrglanzgras (Verhältnis 3:1), Kartoffelpülpe + Rohrglanzgras + Kleegrassilage (Verhältnis 2:1:0,5) bzw. Kartoffelpülpe + Rohrglanzgras + Rindergülle (Verhältnis 2:1:0,5) gefüttert (Anteile jeweils bezogen auf die Trockensubstanz). Alle drei Fütterungsvarianten erzielten einen attraktiven Biogasertrag, der zwischen 500 und 550 Normlitern pro Kilogramm organischer Trockensubstanz lag. Ein Wert, der für Silomais mit rund 650 anzugeben ist. Der Biogasprozess war in der Fütterungsvariante mit Kartoffelpülpe und Rohrglanzgras im Vergleich zu den anderen Fütterungsvarianten etwas instabiler. Dies lag vermutlich an dem höheren Anteil Kartoffelpülpe. Kartoffelpülpe wird aufgrund ihrer leichten Vergärbarkeit sehr schnell umgesetzt. Dies kann kurzzeitig zu einer Überlastung des Biogasprozesses führen, wenn der Anteil an Kartoffelpülpe im Substrat sehr hoch ist. Die Daten lassen Anteile von bis zu 75 Prozent auf Basis Trockenmasse als komplikationsarm erscheinen. Bei allen Fütterungsvarianten führte die Fütterung von Kartoffelpülpe zu einer starken Schaumbildung. In Praxisanlagen kann dieser beispielsweise mit Hilfe einer Zugabe von Rapsöl entgegengewirkt werden. Eine Zugabe von stickstoffreichem Material zur Kartoffelpülpe/Rohrglanzgras-Substratmischung erwies sich als nicht erforderlich.
Grundsätzlich ist die gemeinsame Vergärung von Kartoffelpülpe mit Niedermoorpflanzen-Biomasse in Biogasanlagen vielversprechend. Es ist noch zu prüfen wie Kartoffelpülpe und Rohrglanzgras konserviert werden können. Gängige Konservierungsverfahren sind Trocknung und Silierung. Eine Trocknung von Rohrglanzgras ist allerdings nur praxistauglich, wenn die Wärme nicht bereits anderweitig genutzt wird. Alternativ wäre es denkbar einen Herbstschnitt von Rohrglanzgras beispielsweise zusammen mit Kartoffelpülpe zu silieren.