Die Wärme kommt aus dem Untergrund
Forschungsprojekt für Tiefengeothermie in München wird zum Meilenstein auf dem Weg zur klimaneutralen Energie
Die regionale Wärmewende findet im Großraum München statt. Dort soll ein Meilenstein auf dem Weg zu einer nachhaltigen, klimaneutralen Wärmeversorgung erreicht werden. Ein Forschungsvorhaben ebnet den Weg zu einer nachhaltigen und sicheren Wärmeversorgung – weg von fossilen Energieträgern. Die Grundlage dafür ist der Bodenschatz Erdwärme als heimische und verlässliche Energiequelle. Immerhin hat die Tiefengeothermie im Großraum München ein energetisches Potenzial von mehr als einem Gigawatt. Diese Energiequelle soll durch das Forschungsprojekt Giga-M erschlossen werden, um einen Großteil des Wärmebedarfs in der Region der bayerischen Landeshauptstadt klimaneutral zu decken.
Das Ziel einer intensiven Nutzung der Tiefengeothermie ist nur durch ein gemeinschaftliches und abgestimmtes Vorgehen von Wissenschaft und kommunaler Verwaltung erreichbar. Das Projekt wird über die Laufzeit von vier Jahren mit elf Millionen Euro vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert.
Ein Geothermie-Masterplan weist den Weg. Für das Projekt Giga-M arbeiten unter Federführung der Technischen Universität München (TUM) der Landkreis München, die Energieagentur Ebersberg-München, die Landeshauptstadt München, die Stadtwerke München und der lokale Energieversorger Energie-Wende Garching zusammen.
Derzeit gibt es bereits im Großraum München 26 Geothermie-Projekte mit insgesamt mehr als 42 Bohrungen für Förderung und Rückführung. Die Anlagen, die bereits seit Jahren laufen und 400 Megawatt thermische Gesamtleistung erbringen, liefern wertvolle Erkenntnisse, allerdings stehen die Erfahrungen noch am Anfang. Das Fernwärmenetz der bayerischen Hauptstadt ist bereits eines der größten in Europa. Dennoch gibt es etliche Barrieren. „Wo findet sich beispielsweise geeigneter Platz für die Bohrungen?“ fragt Dr. Kai Zosseder von der TUM.
Der Geothermieexperte sieht nicht nur die Stadtverwaltung als wichtigen Partner, sondern auch das Umland. „Für die Wärmewende sind kommunale Verbünde erforderlich“, betont der Mitarbeiter am Lehrstuhl für Hydrogeologie der TUM. „Das Umland hat ähnliche Klimaziele, aber oft nicht die Mittel zur Erschließung und Nutzung dieser Energiequelle“, erläutert er. Also kann man Synergien nutzen: die gemeinsame, kommunalübergreifende Planung und Umsetzung von Geothermieprojekten und eine effizientere Verteilung der erzeugten Wärme.
Die Risiken halten sich mit der bewährten hydrothermalen Tiefengeothermie in Grenzen. Im Unterschied zum Desaster in Staufen ist man in München sicher, die Technik im Griff zu haben. „Staufen war ein technischer Unfall aufgrund der Bohrtechnik“, erklärt Zosseder. „Das Bohrverfahren in München verhindert solche Folgen.“ Etwa zwei bis vier Kilometer wird in die Tiefe gebohrt. „Da ist bereits viel Wasser und eine gewisse Temperatur“, sagt er. Die geologischen Unterschiede führen dazu, dass im Norden Münchens bei zwei Kilometern das Wasser mit etwa 70 Grad gefunden wird, während im Süden bei einer Tiefe von vier Kilometern über 120 Grad heißes Wasser gefördert wird.
Genutzt wird das Richt-Bohrverfahren, das bedeutet, in einem gewissen Winkel. Dadurch lässt sich die Richtung verändern, wenn Hindernisse auftreten. Es gibt eine „kalte“ und eine „warme“ Bohrung. Über die eine Bohrung wird das Wasser aus der Tiefe geholt, die Wärme entzogen und dann über die andere Bohrung wieder hinuntergepumpt. „Tiefengeothermie ist erheblich effizienter als dezentrale Wärmeerzeugung“, betont Zosseder.
Für die Planung und Umsetzung von Geothermievorhaben sind Grundlagendaten notwendig, die im Rahmen des Forschungsvorhabens für München und das Umland erhoben werden. Damit lassen sich die Bohrungen besser vorbereiten, um dann zielgenau durchgeführt zu werden. Eines der Kernziele des Forschungsprojekts ist eine detaillierte 3D-Tiefenkarte des Untergrunds, um die Ressourcen besser kennenzulernen. Dadurch werden Vorbereitungen unterstützt, um bis 2040 weitere 70 Geothermie-Projekte umzusetzen und die CO2-freie Wärmeeinspeisung zu verzehnfachen.
Das Projekt beschäftigt sich nicht nur mit der technischen Durchführung, sondern auch mit nichttechnischen Hürden für den schnellen und konsequenten Ausbau der Tiefengeothermie. Die Verbundpartner wollen dazu gemeinsame Rahmenbedingungen und wirtschaftliche Umsetzungsmodelle für interkommunale Verbundprojekte entwickeln. Maßnahmen mit intensiver Kommunikation sollen gewährleisten, dass Entscheidungsträger und Öffentlichkeit informiert werden. Wenn München tatsächlich sein Ziel erreicht und bis 2035 klimaneutral wird, dann wird die Geothermie einen großen Teil dazu beitragen. „Geothermie ist emissionsfrei“, betont der Experte vom TUM-Lehrstuhl für Hydrogeologie. [ dlu ]
Für Rückfragen und weitere Informationen:
Dr. Kai Zosseder
Tel.: +49 89 289 25834
kai.zosseder@tum.de