Wie können Kommunen die Lebensqualität ihrer Bürger nachhaltig verbessern?
Der Wohlfühlfaktor ist zwar auch kollektiv messbar, dennoch spielt das subjektive Empfinden eine große Rolle
Bei der Frage nach der Lebensqualität handelt es sich eigentlich um ein äußerst subjektives Empfinden, denn einige sind schon mit wenigen Dingen glücklich – andere haben dagegen viel höhere Ansprüche. Trotzdem sind sich Wissenschaft, Politik und Medizin einig, dass äußere Faktoren eine große Rolle spielen, und dass Staat, Kommunen und Medizin einiges zu einer verbesserten Lebensqualität beitragen können, denn der Wohlfühlfaktor ist auch kollektiv messbar. Das beweisen unterschiedliche Studien, mit deren Hilfe regelmäßig bestimmte Länder zu den „glücklichsten“ der Erde ernannt werden.
Auch in deutschen Städten und Kommunen gibt es diese Umfragen. Laut einer SKL-Studie der Universität Freiburg sind die Städte Kassel und Erfurt die glücklichsten in Deutschland. Am Ende der Liste finden sich Wiesbaden, Karlsruhe und Rostock.
Wichtige Faktoren seien, so die Universität, die Familie und damit die Anzahl der Kindertagesstätten, die Bildungsmöglichkeiten, die Ärztedichte und der Arbeitsmarkt. Auch das kulturelle Angebot und die Kriminalität haben einen Einfluss auf die Lebensqualität einer Stadt.
KOMMUNALtopinform hat deshalb für die Dezember-Ausgabe eine Reihe von Kommunen und Spezialisten gefragt, wie Kommunen die Lebensqualität ihrer Bürger gezielt steigern können. Leider hat sich herausgestellt, dass die Frage nach mehr Zufriedenheit, Glück und Lebensqualität so schwierig zu beantworten ist, dass nur zwei Spezialistinnen an dieser Fragerunde teilnehmen wollten oder konnten.
In lärmarmen, grünen und lebendigen Städten zu wohnen, ist durchaus möglich
Miriam Dross: „Die Kommunen haben es jetzt in der Hand, neu geschaffene Möglichkeiten zu nutzen.“
„Der Verkehr in unseren Städten belastet die Menschen stark. Zwei Drittel fühlen sich vom Straßenverkehrslärm belästigt. Luftschadstoffe und Verkehrsunfälle schädigen die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger. Der öffentliche Raum ist nach wie vor von Autos dominiert. So bleibt zu wenig Platz zum zu Fuß gehen und zum Radfahren, für Stadtgrün, Orte zum Verweilen und Spielen. Deshalb sollte die Fläche städtischer Räume anders verteilt werden.
Das ist auch für den Klimaschutz wichtig: Der Verkehr ist für rund ein Fünftel der Treibhausgasemissionen in Deutschland verantwortlich. Städte müssen sich zudem gegen die Folgen des Klimawandels wie Starkregen, Hitze und Trockenheit wappnen. Im Sinnen der Klimaanpassung ist es daher erforderlich, mehr Grünflächen und Stadtbäume zum Schutz vor Hitze zu schaffen.
Die Auswirkungen von Extremwetterereignissen wie Starkregen können nur durch mehr entsiegelte Flächen wirksam adressiert werden. Blau-grüne Infrastrukturen sowie grünere Städte reduzieren nicht nur den Hitzeinsel-Effekt, sondern sie haben auch positive Effekte auf die Lebensqualität, die Gesundheit und das Wohlbefinden der Menschen. Das Konzept der Schwammstadt rückt daher in Kommunen als ein zentrales Feld der klimaresilienten, nachhaltigen und lebenswerten Stadt zunehmend in den Fokus.
Der öffentliche Raum ist also mit vielfachen Ansprüchen konfrontiert, die vor allem die Kommunen umsetzen müssen. Dies stellt Kommunen einerseits vor Herausforderungen, andererseits bietet die Umsetzung der dargestellten Ziele viele Synergieeffekte. Gemeinsam ist ihnen, dass sich so die Lebensqualität der Menschen nachhaltig verbessern lässt.
Das Umweltbundesamt hat in seiner Broschüre „Stadt für Morgen“ eine Vision entwickelt, wie wir zukünftig in lärmarmen, grünen und lebendigen Städten wohnen können, in denen man umwelt- und klimafreundlich mobil sein kann. Sie enthält viele konkrete Empfehlungen für Kommunen, auch wenn manche Maßnahmen durch den Bund oder die Länder umgesetzt werden müssen.
Zentraler Punkt für eine gesteigerte Lebensqualität in den Kommunen ist die Umverteilung des Straßenraums. Das bedeutet, dass der ruhende und fließende Autoverkehr Flächen für andere Nutzungsformen abgeben muss. Zu diesen Nutzungen zählt zunächst die aktive Mobilität wie zu Fuß gehen oder Radfahren. Aktive Mobilität fördert nachweislich nicht nur das individuelle Wohlbefinden, es senkt auch das Stresslevel und hilft, viele Krankheiten zu vermeiden. Studien zeigen zudem, dass eine Erhöhung des Fuß- und Radverkehrsanteils auch der lokalen Wirtschaft zugutekommt. Außerdem schonen zu Fuß gehen und Radfahren die Umwelt, sind günstiger als Autofahren und stehen nahezu allen Bevölkerungsgruppen offen. Aber auch der ÖPNV, als Rückgrat der nachhaltigen Mobilität in Städten, muss gestärkt werden.
Die Möglichkeiten von Kommunen, Rad- und Fußwege sowie Busspuren einzurichten, ist kürzlich durch die Novelle der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) gestärkt worden. Kommunen können jetzt auch solche Anordnungen zugunsten des Klima- und Umweltschutzes, der Gesundheit und der städtebaulichen Entwicklung beantragen.
Parkende Autos nehmen in unseren Städten viel Platz ein. Mit Hilfe von Parkraumbewirtschaftung lässt sich diese Nutzung wirksam und gerecht ausgestalten. Auch hierfür hat die neue StVO mehr Spielräume geschaffen, weil nun vorsorgend gehandelt werden kann. Nicht zuletzt können Kommunen jetzt leichter Tempolimits von 30 Stundenkilometern an Hauptverkehrsstraßen anordnen. Dies trägt zu mehr Lärmschutz und Verkehrssicherheit bei und entlastet zudem Menschen mit niedrigerem Einkommen, die besonders häufig an Hauptverkehrsstraßen wohnen.
Die Kommunen haben es jetzt in der Hand, die neu geschaffenen Spielräume zu nutzen und damit die Lebensqualität ihrer Bürgerinnen und Bürger dauerhaft zu verbessern.“
Kontakt:
Umweltbundesamt
Präsidialbereich / Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Internet
Wörlitzer Platz 1
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Tel.: +49-340-2103-2416
buergerservice@uba.de
www.umweltbundesamt.de/themen/verkehr/nachhaltige-mobilitaet
Ein weiteres Statement zum Thema von:
– Ricarda Pätzold, Projektleiterin und Bereichsleiterin am Deutschen Institut für Urbanistik
Wir bedanken uns ganz herzlich dafür!
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