Aus Großbritannien kommt eine Idee, die auch in anderen Ländern genutzt werden kann. Die Abwärme von großen Servern lässt sich nutzen, um warmes Wasser zu erzeugen. Damit kann sogar ein Schwimmbad beheizt werden. Das britische Startup bietet Cloud-Lösungen an, und die genutzten Server brauchen jede Menge Kühlung. Sie produzieren damit Energie, die üblicherweise ungenutzt verpufft. Jetzt sollen Container aufgestellt werden, mit denen kostenlos warmes Wasser erzeugt wird. Damit könnte der Trend gestoppt werden, dass immer mehr Schwimmbäder geschlossen werden: Mehr als 65 Einrichtungen haben seit 2019 auf der Insel bereits aufgegeben.
Ob nun Algen, Stadtgemüse, Bäume mit grüner Wärme erzeugt werden, oder Wärme zur Kühlung benutzt wird: Das wäre für die erwarteten Temperaturrekorde und Klimapurzelbäume der nächsten Sommerphasen eine große Hilfe.

Nachhaltige Schwimmbäder

Mit steigendem Stromverbrauch nimmt das Thema Nachhaltigkeit bei Konzeption und Bau eines Rechenzentrums einen immer größeren Stellenwert ein. In Deutschland hat sich der Strombedarf von IT-Zentren zwischen 2010 und 2020 fast verdoppelt. Energie effizient nutzen, Klima schonen und Ressourcen sparen: Das sind die Aufgaben der Gegenwart besonders für Kommunen. Wie lassen sich kulturelle Errungenschaften und technische Notwendigkeiten mit diesen Umweltschutzzielen in Einklang bringen? Der blaue Engel bietet Orientierung.
Wiesbaden hat die Therme nach der Sanierung gar nicht erst geöffnet. Ähnliches in Gießen: Energiefresser Hallenbad geschlossen, so lautet eine von vielen Schlagzeilen der jüngeren Vergangenheit. Die Stadtwerke haben das Hallenbad für die Öffentlichkeit geschlossen, um etwa die Hälfte der Energie zu sparen. Überall werden Vorkehrungen getroffen, um den Vorgaben der Bundesregierung zu entsprechen und für den nächsten Winter vorzusorgen.
Ein Quartier im Finanzzentrum Frankfurt hat eine Lösung gefunden. Dort nutzt man Wärmerückgewinnung. Gemeinsam mit dem Branchenverband Eco wurde eine Plattform initiiert, um die Abwärme von 60 Rechenzentren zu nutzen.
Das Projekt Westville im Frankfurter Gallus-Viertel übernimmt eine Vorreiterrolle bei der Abwärmenutzung. Die 1300 Gewerbe- und Wohneinheiten, Kindergärten sowie Schulen sollen mit Abwärme beheizt werden.
Bereits jetzt werden 2400 Megawattstunden jährlich vom Rechenzentrumsbetreiber kostenlos abgegeben. Der Energieanbieter Mainova steuert 1600 Megawattstunden aus einem Müllheizkraftwerk bei. Zwei große Wärmepumpen sorgen für die nötigen Betriebstemperaturen. In zwei Jahren soll das gesamte Quartier versorgt werden.
Die EU will Rechenzentren Anreize geben, um Systeme für weitere Nutzung überschüssiger Wärme zu betreiben. Das EU-Projekt „ReUseHeat“ sucht nach Lösungen, um die Abwärme von Gebäuden besser zu nutzen. Laut einer Studie des Projekts könnten Rechenzentren, die in der Nähe von Fernwärmesystemen stehen, knapp 50 Terawattstunden pro Jahr an überschüssiger Wärme liefern.

Die Stadtwerke Gießen haben ihr Hallenbad für die Öffentlichkeit geschlossen, um etwa die Hälfte der Energie zu sparen.
Die Stadtwerke Gießen haben ihr Hallenbad für die Öffentlichkeit geschlossen, um etwa die Hälfte der Energie zu sparen.

Blauer Engel für grüne Bits

Rechenzentren erzeugen durch die Arbeit mit Bits und Bytes eine Menge Wärme. Anstatt sie ungenutzt zu verschwenden, will die EU diese Energie verwenden. Der Blaue Engel war weltweit das erste Umweltabzeichen für Rechenzentren. Die bestehenden Zertifikate laufen zum Ende des Jahres aus.
Vor einem Jahrzehnt entwickelt, ist das Zertifikat vom Tüv Süd grundlegend überarbeitet worden. Jetzt kann das Umweltzeichen „nicht nur an Rechenzentrumsbetreiber vergeben werden, sondern auch an IT-Betreiber, die für ihre Leistungen ein mit dem Blauen Engel ausgezeichnetes Rechenzentrum nutzen“, erklärt Thomas Grüschow, Rechenzentrumsexperte bei der Tüv Süd Industrie Service GmbH in München.
Ein Unternehmen, das den Blauen Engel bereits erhalten hat, ist Cloud&Heat Technologies. Zu den Anforderungen für das Abzeichen gehören ein Energiemanagementsystem, die Nutzung der Abwärme, ein Re-Use-Management für die Nachnutzung von Servern und Speichergeräten sowie die regelmäßige Veröffentlichung von Kennzahlen zur Energieeffizienz.
Über den derzeit meist gar nicht nachhaltigen Zustand der Informationstechnik (IT) diskutierte man auch bei der Digitalisierungskonferenz „Bits und Bäume“, um die Entwicklungen ökologisch auszurichten. Anregungen aus den meisten Vorträgen sind öffentlich zugänglich.

Das neue Quartier im Frankfurter Gallus-Viertel „Westville“ wird die Abwärme eines nahegelegenen Rechenzentrums nutzen. Das innovative Wärmekonzept für das Frankfurter Wohnquartier stellen vor (von links): Dr. Bela Waldhauser, CEO der Telehouse Deutschland, Ralf Werner, COO Rhein-Main vom Projektentwickler Instone Real Estate, Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann, Dr. Constantin H. Alsheimer, Vorstandsvorsitzender der Mainova AG, und Stefan Bögl, Head of Asset Management aam2core Immobilien Gruppe als Eigentümervertreter der Bayerischen Versorgungskammer.
Das neue Quartier im Frankfurter Gallus-Viertel „Westville“ wird die Abwärme eines nahegelegenen Rechenzentrums nutzen. Das innovative Wärmekonzept für das Frankfurter Wohnquartier stellen vor (von links): Dr. Bela Waldhauser, CEO der Telehouse Deutschland, Ralf Werner, COO Rhein-Main vom Projektentwickler Instone Real Estate, Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann, Dr. Constantin H. Alsheimer, Vorstandsvorsitzender der Mainova AG, und Stefan Bögl, Head of Asset Management aam2core Immobilien Gruppe als Eigentümervertreter der Bayerischen Versorgungskammer.

Klimafreundliches Wasser

Das Abwasser ist ebenfalls eine klimafreundliche Wärmequelle, die oft noch ungenutzt fließt, dafür mit hohem Potenzial. Von der Algenzucht bis zur Zentralheizung ist vieles möglich, um den Bedarf an fossilen Brennstoffen zu reduzieren. Wie Rechenzentren lassen auch Industrieunternehmen ihre Abwärme ungenutzt verpuffen. Dazu soll mit neuen gesetzlichen Regelungen Druck gemacht werden, um mit Volldampf die Nutzung zu verbessern.
Karlsruhe beispielsweise nutzt seit einem Jahrzehnt die Abwärme aus einer Mineralölraffinerie, um 32.000 Wohnungen zu heizen.
Wie groß das Potenzial aus dem industriellen Bereich ist, hat das Forschungsprojekt sEEnergies berechnet. Anhand einer Analyse, die unter Beteiligung des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung (ISI) in Karlsruhe erfolgte, hat das Team eine enorme Verschwendung allein in Deutschland errechnet. „Damit könnte der Wärmebedarf von einer halben bis zu zwei Millionen Haushalten gedeckt werden“, erklärte Wissenschaftlerin Pia Manz vom Fraunhofer ISI.
Um die Abwärmenutzung hierzulande voranzubringen, braucht es eine Zusammenarbeit von Politik, Unternehmen, Energieversorgern, Projektentwicklern und Kommunen. In punkto Politik werden derzeit erste Schritte unternommen. So befindet sich die Europäische Union in der Endphase der Verhandlungen über eine neue Richtlinie in Sachen Energieeffizienz. Sollte alles so kommen wie geplant, sind die Betreiber von Rechenzentren bald verpflichtet, zumindest Machbarkeitsstudien zur Nutzung ihrer überschüssigen Wärme durchzuführen. Dann kann es dazu kommen, dass die Nutzung des Internets Wohnungen und Büros heizt. [ dlu ]

Ein Rechenzentrum wie das vom CERN in der Schweiz produziert so einiges an Abwärme, die man zum Beheizen verwenden könnte.
Ein Rechenzentrum wie das vom CERN in der Schweiz produziert so einiges an Abwärme, die man zum Beheizen verwenden könnte.

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