Weltkulturerbe mit Feuerlöschanlage im Dach und Kirchturm

Die Wieskirche zählt zu den schönsten Rokokokirchen Süddeutschlands. Was die topographische Lage der Kirche – isoliert auf der grünen Wiese – so einzigartig macht, ist zugleich auch ein Manko für die Feuerwehr: Der Weg, den die Feuerwehrfahrzeuge aus den benachbarten größeren Orten Füssen und Schongau auf sich nehmen müssen, ist lang. Das war mitunter ein Grund für die Staatsbauverwaltung, den Brandschutz vor Ort speziell für diesen Fall nachzurüsten. Das Staatliche Bauamt Weilheim hat deshalb von 2009 bis 2013 einen hochkomplexen baulichen Brandschutz nachgerüstet.

 

Die Rauchansauganlage im Dachraum
Die Rauchansauganlage im Dachraum

Ein unterirdisches Technikgebäude schützt das Kirchengebäude

Zur Unterbringung der Löschanlagenzentrale wurde nördlich der Kirche eigens ein unterirdisches Technikgebäude errichtet. Um den für die Deckenmalerei so gefährlichen Wassereintrag zu minimieren, hat das Bauamt die automatischen Löschanlagen als Hochdruck-Wassernebelanlage ausgeführt. Der Nebel schützt die Malerei. Eine komplette Zerstörung kann so vermieden werden. Eine alternative Ausführung mit einem gasförmigen Löschmittel (CO2) war nicht möglich, da das alte Denkmal nicht dicht genug ist. Eine besondere Herausforderung vor Ort war auch der fehlende Strom. Da für die Wieskirche elektrische Energie nur eingeschränkt zur Verfügung steht, wurde eine Löschtechnik mit Energieeigenversorgung durch eine Pumpe mit Druckgas als Antrieb ausgeführt. Insgesamt hat die Baumaßnahme knapp 2,7 Millionen Euro gekostet. Für den Bauminister ist das Geld gut investiert. Reichhart: „Die Wieskirche mit ihrem einzigartigen Rokokostuck ist nicht nur ein wichtiges Baudenkmal sondern ein Teil unserer bayerischen Identität.“

 

Die Staatsbauverwaltung betreut in Bayern rund 700 kirchliche Gebäude, also insbesondere Kirchen und Klöster sowie die acht bayerischen Dome. Rund 150 sind davon staatseigene Gebäude, wie etwa der Regensburger Dom. Insgesamt investiert der Freistaat Bayern jährlich etwa 25 Millionen Euro für den Erhalt und die Renovierung von Kirchengebäuden. Er zählt damit zu den reichsten Kulturlandschaften Europas und besitzt unter den Ländern Deutschlands die meisten Denkmäler.

 

Zur Unterbringung der Löschanlagenzentrale wurde in Steingaden nördlich der Kirche eine unterirdische Technikzentrale errichtet.
Zur Unterbringung der Löschanlagenzentrale wurde in Steingaden nördlich der Kirche eine unterirdische Technikzentrale errichtet.

Die Wieskirche gilt als eine der schönsten Rokokokirchen Süddeutschlands

Die von 1745 bis 1754 von Dominikus Zimmermannerbaute Kirche steht auf einer Anhöhe im Ortsteil Weiler Wies der Gemeinde Steingaden. Der Erhaltungszustand der Kirche mit dem Deckenfresko von Johann Baptist Zimmermann, Bruder des Erbauers, und der im Zusammenspiel mit der Raumschale geplanten Ausstattung ist hervorragend und in besonderem Maße schützenswert.
1983 wurde „die Wies“ zum UNESCO-Weltkulturerbe ernannt. Zum Schutz der Kirche gilt neben der restauratorischen Instandhaltung ein besonderer Stellenwert dem Brandschutz. Im Falle eines Brandereignisses muss mit einer unwiederbringlichen Zerstörung des Gesamtkunstwerkes gerechnet werden. Für die Wieskirche wurde daher durch das Staatliche Bauamt Weilheim 2008 ein Brandschutzkonzept beauftragt und in Folge die Umsetzung konzipiert und durchgeführt. Begleitend wurden die Außenanlagen neu geordnet und eine barrierefreie Zugänglichkeit geschaffen.

 

Eine wesentliche Anforderung in Bezug auf den Brandschutz liegt in der isolierten Lage der Wieskirche. Die Dauer bis zum Eintreffen der Feuerwehren am Einsatzort überschreitet die Hilfsfristen weit. Besondere Anforderungen an eine Brandbekämpfung ergeben sich weiterhin aus der zerstörerischen Wirkung von Wasser auf die Raumschale, insbesondere auf das Spantengewölbe mit dem wertvollen Deckenfresko. Da ein rechtzeitiges Eintreffen der Feuerwehr im Brandfall nicht gewährleistet werden kann, wurde eine automatische Löschanlage für die Kirche und den Kirchturm konzipiert. Im Rahmen der brandschutztechnischen Ertüchtigung wurden im Dachraum der Kirche und im gesamten Kirchturm automatische Löschanlagen eingebaut. Zur Unterbringung der Löschanlagenzentrale wurde nördlich der Kirche ein unterirdisches Technikgebäude errichtet. Zur Minimierung des Wassereintrags im Brandfall wurde die automatischen Löschanlagen als Hochdruck-Wassernebelanlageausgeführt. Eine alternative Ausführung mit einem gasförmigen Löschmittel (CO2, Inertgase) war aufgrund der fehlenden Raumdichtheit und des großen Raumvolumens als wirksame Löschanlage auszuschließen. Da für die Wieskirche elektrische Energie nur eingeschränkt zur Verfügung steht, wurde eine Löschtechnik mit Energieeigenversorgung durch eine Pumpe mit Druckgas als Antrieb(gasbetriebene Pumpe) ausgeführt. Der gesamte Energiebedarf für die geforderte Wirkzeit von 40 Minuten wird in Form von 240 Druckflaschen mit einer Kapazität von jeweils 50l / 200 bar bereitgestellt.

 

Der Dachraum mit dem Spantengewölbe
Der Dachraum mit dem Spantengewölbe

 

Pumpaggregat mit maximalem Wasserdruck von 90 bar

Im Auslösefall fördert das Pumpaggregat Wasser mit einem maximalen Druck von 90 bar in das Edelstahlrohrnetz bis zu den Düsen an den Sprinklerköpfen, wo das Wasser dann aerosolartig vernebelt wird. Hierbei vermischt sich das eigentliche Löschmittel Wassermit dem Antriebsgas Stickstoff. Mit dem Löschmittel wird somit kein brandunterstützender Sauerstoff in den Brandbereich eingebracht. Durch den Einsatz der Hochdruck-Wassernebelanlage mit einer gasbetriebenen Pumpe wird das optimale Verhältnis von eingesetztem Wasser und Löschwirkung erzielt. Die Löschmittelmenge wird weiterhin durch den Einsatz eines Sprinklersystems gering gehalten. Im Brandfall öffnen nur die Sprinkler, bei welchen aufgrund derbrandbedingten Temperaturerhöhung die Auslösetemperatur des Sprinklers erreicht wird. Die Auswirkungen der Vernebelungsanlage auf die wertvollen Fresken wurde in zwei Löschdemonstrationen unter Beaufschlagung von Sprühnebel über 15 Minuten und über die volle Wirkzeit von 40 Minuten einer dem Schichtenaufbau des Freskos und der Konstruktion des Spantengewölbes nachempfundenen Fläche durchgeführt und dokumentiert. Es ist zu erwarten, dass bei Auslösen der Vernebelungsanlage keine Schädigung des Freskos eintritt. Die Ausführung des Rohrleitungsnetzes im Dachraum und Turmwurde so geplant, dass sich die Anlage dezent und unaufdringlich in das Gebäude, insbesondere in das historische Dachtragwerk einfügt. Die Ausführung der Löschanlage und der begleitenden Brandschutzmaßnahmen wurde eng mit dem Landesamt für Denkmalpflege und dem ICOMOS-Komitee abgestimmt.

 

Das Fresko der Kuppeldecke der Wieskirche wurde in den 1750er Jahren von Johann Baptist Zimmermann erstellt.
Das Fresko der Kuppeldecke der Wieskirche wurde in den 1750er Jahren von Johann Baptist Zimmermann erstellt.

 

Projektdaten zur Anlage

Einbau einer automatischen Feuerlöschanlage im Dachraumund Kirchturm

Standort: Wies 14, 86989 Steingaden, Regierungsbezirk Oberbayern

Ein Bauprojekt des staatlichen Bauamtes Weilheim

Gebäudetyp: Kirchengebäude

Bauherr: Freistaat Bayern, Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst Projektleitung:Staatliches Bauamt Weilheim

Projektierung: Fa Marioff, Raunheim

Bauzeit: 06/2009 – 12/2013

Gesamtkosten: 2,7 Mio. €

 

 

Die Wieskirche in Steingaden besitzt ein imposantes Deckenfresko von Johann Baptist Zimmermann (1680 – 1758), vorne sieht man den Altar.
Die Wieskirche in Steingaden besitzt ein imposantes Deckenfresko von Johann Baptist Zimmermann (1680 – 1758), vorne sieht man den Altar.

 

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