Zwei vorrangige Ziele hatten Landrat Dr. Marlon Bröhr und Kreisklimaschutzmanager Frank-Michael Uhle vor dem Projektstart im Dezember 2019 formuliert: erstens die Praxistauglichkeit der Elektromobilität individuell überprüf- und wortwörtlich „erfahrbar“ zu machen und zweitens Carsharing im ländlichen Raum vorzuführen. Das Regionalbüro der Energieagentur Rheinland-Pfalz unterstützte den Ansatz von Beginn an und bis heute intensiv. Beide Zielvorgaben galten für die ersten Standorte bereits nach wenigen Monaten als erreicht, so groß war der Zuspruch. Seit dem „Umzug“ der Fahrzeuge zu ihren nächsten Standorten im vergangenen Dezember sind weitere Dorfbewohner in den Genuss dieser Erfahrung gekommen.

Acht Elektroautos vom Typ Renault Kangoo maxi Z.E. sind im Kreis „unterwegs in die Zukunft“, weithin sichtbar kenntlich gemacht als Dorfauto und dabei mit diesem Slogan werbend. Jedes dieser Fahrzeuge kann von den Bürgerinnen und Bürgern des jeweiligen Standort-Dorfes kostenfrei genutzt werden. Registrierung und Nutzungsvertrag sind Voraussetzung, dann wird ein kleiner Chip auf den Führerschein geklebt, mit dem sich das Auto öffnen lässt. Vorher muss gebucht werden, über eine eigene Software im Internet.

Jedes Auto jeden Tag gebucht

Mehr als 600 Rhein-Hunsrücker haben sich seit dem Projektstart vor anderthalb Jahren als Nutzer registrieren lassen, um von dem Schnupper-Angebot Gebrauch zu machen. Statistisch ist jeder Wagen mehr als einmal täglich gebucht; durchschnittlich rund 35.000 Kilometer ist jedes Dorfauto emissionsfrei gelaufen – weit mehr als das Doppelte dessen, was Car-Sharing-Betreiber üblicherweise erwarten.

 

„Ich bin sehr glücklich darüber, dass sich unser Dorfauto-Konzept innerhalb der Bürgerschaft so großer Beliebtheit erfreut“, 
erklärt Landrat Bröhr.
Und er verbindet es mit der Erwartung, „dass wir zeitnah einige Gemeinden gewinnen können, 
die die Idee auf eigene Rechnung nachahmen.“

 

Bis zu 20 Dorfautos – auf Dauer

Nachdem der Rhein-Hunsrück-Kreis dafür einen monatlichen Zuschuss von 250 Euro ausgelobt hat für Gemeinden, die in Eigenregie ein Dorfauto unterhalten wollen, zeichnet sich eine Reihe von Folgeprojekten konkret ab. Nach einer gemeinsamen Informationsveranstaltung von Kreis und Energieagentur liegen bereits mehrere Anträge vor. Bis zu 20 elektrisch betriebene Dorfautos will der Kreis zwei Jahre lang fördern.

Das verstetigte Angebot dürfte dann allerdings in der Regel nicht mehr kostenlos sein; allerdings sind moderate Nutzungsentgelte vorgegeben und der Kreis wünscht sich die erste Mietstunde gebührenfrei. Jede Gemeinde kann selbst definieren, ob und wie sie Kosten auf die Nutzer umlegt. Verschiedene Modellrechnungen hat die Energieagentur vorgelegt.

Nachahmer finden sich auch außerhalb des Rhein-Hunsrück-Kreises. Die Dörfer Staudt im Westerwald sowie Illerich in der Eifel haben je ein Elektro-Dorfauto angeschafft. Der benachbarte Landkreis Mayen-Koblenz hat gar das komplette Modell aus dem Hunsrück 1:1 übernommen und stellt demnächst zehn Fahrzeuge für seine Gebietskörperschaften bereit. Der dortige Landrat Dr. Alexander Saftig begrüßt die positiven Reaktionen auf das niederschwellige Angebot seines Kreises: „Ich freue mich sehr, dass uns bereits zahlreiche Bewerbungen aus Kommunen des Landkreises vorliegen.“

 

Verkehr belastet die Klimabilanz

„Die Elektromobilität gehört aufs Land!“ Diese oft vorgetragene These von Klimaschutzmanager Uhle ist also offenbar auch anderswo auf Zustimmung gestoßen. Denn überall dort, wo ein erheblicher Teil der Bevölkerung als Pendler ihr Brot verdient, gilt der Verkehrssektor als „Sorgenkind“ in der Klimabilanz. Bernd Kunz, als Regionalreferent der Energieagentur vor Ort und als früherer „Kümmerer“ in der Dorfauto-Gemeinde Schnorbach gleich doppelt in das Projekt involviert, hat die Zahlen für den Rhein-Hunsrück-Kreis parat: Seit 1990 hat sich die Zahl der hier zugelassenen Kfz um 22 Prozent erhöht – und weil zugleich die Fahrleistung pro Auto zugenommen hat, ist der dadurch verursachte Ausstoß an Triebhausgasen um 88 Prozent angestiegen.

Für eine nachhaltige Verkehrswende wird neben der Abkehr vom Verbrennungsmotor auch ein anderes Verhältnis zum Auto-Besitzen notwendig sein. In den Gemeinderäten und den Wohnhäusern in einigen Hunsrück-Dörfern reift nun die Erkenntnis, dass es ganz gut auch ohne eigenen Zweitwagen funktioniert, die ohnehin im Durchschnitt 23 Stunden am Tag in der Garage oder auf dem Hof stehen. Das Teilen schont nicht nur die Umwelt, es entlastet obendrein enorm die privaten Haushaltskassen.

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