Was er zu sagen hat, wird gehört: „Mich hat meine Geschichte geprägt. Als Kind fühlte ich mich nie behindert. Mit der Einschulung kam der Bruch in mein Leben. Ich musste weg aus unserem Dorf, weg von meiner Familie und kam in eine Sonderschule für Körperbehinderte. Zum ersten Mal wurde mir bewusst, dass ich nicht normal bin. Daraus entstand meine Motivation, mich für Menschen mit Behinderung zu engagieren, damit sie überall Lebensbedingungen bekommen, die sie brauchen. Ein Abschieben in eine Parallelwelt, in der sie zur Schule gehen, arbeiten und ihre Freizeit verbringen, darf es nicht geben.

In München klappt die Zusammenarbeit recht gut. Von Beginn an bin ich dafür angetreten, in Strukturen zu planen und wehre mich gegen Leuchttürme. Was nützt die tolle barrierefreie Innenstadt, wenn die Randgebiete drumherum nicht berücksichtigt werden? Mein Ziel ist, Standards zu setzen. Ich möchte nicht ständig aufpassen, ob Fahrzeuge, Haltestellen und Infosysteme im ÖPNV für Menschen mit Handicap geeignet sind. Wir können sie nicht auf Stationen festlegen.

Natürlich gibt es auch bei uns Nachholbedarf. Nicht alles kann von heute auf morgen passieren. Neue Quartiere werden von Anfang an gut geplant, da werde ich auch einbezogen. Aber in den gewachsenen Vierteln wohnen mehr Ältere und Menschen mit Behinderungen.

 

Ein Stück weit müssen wir hier Änderungen kritischer Haltestellen vor Altenheimen oder Krankenhäusern punktuell angehen. Auch wenn die nicht ganz oben auf der Prioritätenliste stehen. Mir ist wichtig, untereinander Solidarität herzustellen und den Blick dafür weit aufzumachen. Als Familienvater bekomme ich viel Zuspruch im Kindergarten, auf dem Spielplatz und in der Schule. Was mir im Rollstuhl hilft, hilft auch Eltern mit Kinderwagen oder Menschen mit einem Einkaufswagen. Auch das Drei-Sinne-System gilt es zu berücksichtigen: Körperbehinderte brauchen eine Rampe im Bus, Gehörlose einen Bildschirm mit Haltestelleninfos und Blinde die akustische Ansage. In der sehr heterogenen Gruppe der Menschen mit Behinderungen muss man auf alle verbindend eingehen. Der Rollstuhlfahrer bevorzugt Strecken ohne Bordstein. Der blinde Mensch möchte einen, um mit seinem Taststock zu erkennen, wo die Straße beginnt. Das bedeutet Kompromisse zu machen.

Erst mit der Einschulung wurde ihm bewusst, dass er nicht „normal“ ist. Daraus entstand seine Motivation, sich für Menschen mit Behinderung zu engagieren, damit sie überall die Lebensbedingungen vorfinden, die sie benötigen.
Erst mit der Einschulung wurde ihm bewusst, dass er nicht „normal“ ist. Daraus entstand seine Motivation, sich für Menschen mit Behinderung zu engagieren, damit sie überall die Lebensbedingungen vorfinden, die sie benötigen.

Worauf ich stolz bin?

Das Thema Behinderung ist in der Stadtverwaltung als Querschnittsthema angekommen. Früher wurde es im Sozialbereich verortet. Ging es um Zuschüsse für Aktivitäten schaute man in den Topf des Sozialetats. Ich habe versucht das aufzubrechen. Wenn Menschen Unterstützung im Bereich Kultur oder Sport benötigen, muss sich das zuständige Referat damit beschäftigen. Das Bedürfnis gehört in den Vordergrund, nicht die Behinderung. Und noch eins: Menschen mit Behinderung müssen sichtbar werden, gemeinsam mit allen anderen aufwachsen, im Kindergarten, in der Schule, bei der Arbeit und in der Freizeit. Dann bekommen wir eine Chance, uns gegenseitig zu verstehen.“    [ sf ]

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