Der Weg zur intelligenten Müllsortierung
Mit KI gelingt Recycling besser: Rückenwind durch den Deutschen Gründerpreis für WeSort.AI

Deutschland, einst als Weltmeister im Mülltrennen gefeiert, hat diesen inoffiziellen Titel eingebüßt. Dr. Bettina Rechenberg, Fachbereichsleiterin Kreislaufwirtschaft im Umweltbundesamt, beklagt, dass die Deutschen bei der Sortierung des Abfalls nachlässiger werden, und fordert, zu alten Tugenden zurückzukehren.
Zwischen 20 und 40 Prozent des Restmülls landen fälschlicherweise im Gelben Sack, während viele Verpackungen, die für Recycling geeignet wären, in den Restmüll entsorgt werden. Das kann sich aber schnell wieder ändern, wenn die Pläne des Würzburger Unternehmens „WeSort.AI“ greifen. Dann hilft künstliche Intelligenz (KI) bei dieser Aufgabe. Die Technologie ist ein Meilenstein auf dem Weg zur echten Kreislaufwirtschaft.
Ein Hoffnungsträger ist das Würzburger Startup „WeSort.AI“. Das Unternehmen setzt auf künstliche Intelligenz (KI), um die Sortierung und das Recycling von Abfällen effizienter und sicherer zu gestalten. „Die Abfallsortierung ist ein komplexes Thema, bei dem KI eine entscheidende Rolle spielt“, betont Nathanael Laier, der seinen Bruder Johannes Laier für die Geschäftsidee begeistern konnte. Beide haben das Unternehmen gegründet und leiten es jetzt als Geschäftsführer.
Mithilfe intelligenter Algorithmen können Abfälle präziser und auf Objektebene analysiert und sortiert werden – basierend auf Kriterien wie Material, Marke, Volumen, Gewicht und Unterscheidung nach Food- und Non-Food-Verpackungen. Besonders bei kritischen Objekten wie Gasflaschen oder Leiterplatten bringt die Technologie entscheidende Vorteile: Sie erkennt nicht nur das Material, sondern auch potenzielle Gefahren und wertvolle Rohstoffe.

Quote steigt, aber Fehlwürfe auch
Das Niveau des Recyclings in Deutschland insgesamt ist gestiegen. Insgesamt wurden von den dualen Systemen 2023 im Vergleich zum Vorjahr mehr Verpackungen recycelt. Das gaben das Umweltbundesamt (UBA) und die Zentrale Stelle Verpackungsregister (ZSVR) am 21. Januar 2025 auf einer gemeinsamen Pressekonferenz bekannt.
Die deutsche Entsorgungswirtschaft sammelt, sortiert und recycelt große Mengen an Verpackungsabfällen aus privaten Haushalten, insgesamt mehr als 5,5 Millionen Tonnen. Allerdings beeinträchtigen „Fehlwürfe“ die Effizienz von Sortierung und Wiederverwendung. Zudem führen Batterien zu Bränden mit hohen Sachschäden in Sortieranlagen europaweit. Allein in Deutschland gibt es bis zu 30 Brände täglich, berichtet der Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft.
Dafür sind Lithium-Ionen-Akkus schätzungsweise in 80 Prozent der Fälle verantwortlich, weil sie sich durch die mechanische Belastung in den Recycling-Anlagen entladen und zu brennen beginnen. Beruhigenderweise werden die Brände rechtzeitig entdeckt. Diese Gefahr kann durch die neue Technologie des Startups aus Würzburg abgewendet werden.
„Wir nutzen zwei Technologien – Röntgensensorik und optische Kameras“, erläutert Nathanael Laier. Die Fusion der beiden Technologien ermöglicht den derzeit besten Blick auf den Abfall, um ihn zu sortieren. Mit dem Röntgenblick durchleuchten die Sortieranlagen die Abfallströme 50 Zentimeter tief und finden auch tief im Gehäuseinneren versteckte und vergessene Batterien. Die Gefahrenstoffe werden ausgeschleust und in einen feuerfesten Container gebracht. „Künstliche Intelligenz hilft uns, die Abfälle genauer zu sortieren“, erklärt Laier. Bisher wird mehr als die Hälfte des Mülls in Deutschland verbrannt. Das sind wertvolle Rohstoffe, die verloren gehen und zudem noch Treibhausgase freisetzen.

Der Einsatz von objektbasierter KI-Erkennung ermöglicht unter anderem die Analyse von Material, Marke, Volumen, Gewicht und die Unterscheidung nach Food- und Non-Food-Verpackungen. KI liefert mehr Informationen – nicht nur das Material wie Metall, sondern beispielsweise auch, ob es sich um eine Gasflasche handelt, die unter Druck stehen könnte. KI hilft auch bei der Zerkleinerung beispielsweise von Leiterplatten. Dann steht die Werthaltigkeit des Materials im Vordergrund bei der Sortierung.
Schneller ist die Technologie der Würzburger auch. „Oft geschieht die Sortierung und Trennung manuell“, berichtet Laier, „aber dann sind Geschwindigkeit und Zuverlässigkeit begrenzt.“ Mit KI lässt sich nahezu eine 100-prozentige Genauigkeit erreichen, während bei menschlichen Sortierern eine Quote von etwa 50 Prozent erreicht wird.
Vision der echten Kreislaufwirtschaft
Die Technologie von WeSort.AI erkennt Objekte, die aussortiert werden sollen, fünfmal schneller als ein menschlicher Sortierer. Weiterhin können Elektrogeräte jetzt nach verschiedenen Klassen sortiert werden. Bei Kunststoff-
abfällen hilft die Einteilung in Food- und Non-Food-Verpackung zur besseren Wiederverwendung. Die Trennung beider Segmente voneinander ist entscheidend für die Qualität des Recyclingprozesses.

Düsenleisten sorgen nach der Erkennung dafür, dass das Material die richtige Bahn auf dem Weg zur Wiederverwertung einschlägt. „Wir sind derzeit noch weit weg von der echten Kreislaufwirtschaft“, betont Laier. „Wir wollen dafür sorgen, dass die Kreislaufwirtschaft vorankommt.“
Dafür soll „WeSort.AI“ einer der größten Anbieter für Analyse und Sortierung werden. Mehrere Anlagen sind bereits in Deutschland, Österreich und der Schweiz im Einsatz. „Wir wollen alle Anlagen in Europa ausstatten“, lautet Laiers Blick in die Zukunft. Für die innovative Technologie und die deutliche Effizienzsteigerung hat „WeSort.AI“ den Deutschen Gründerpreis in der Kategorie Startup erhalten. [ dlu ]
Weitere Informationen unter:
www.deutscher-gruenderpreis.de/wesort-ai
www.gruenderwerkstatt-wuerzburg.de/mullsortierung-mit-ki-wurzburger-start-up-wesort-ai-siegerteam-beim-bundesweiten-grundungswettbewerb/