Durch (Frei)Räume schlagen sie Wurzeln
Junge Menschen benötigen Orte, die für sie eigenständig erreichbar sind und an denen sie sich außerhalb von Schule oder Familie ausprobieren können

Kinder und Jugendliche verbringen zunehmend mehr Zeit in digitalen als in analogen Räumen. Für ein gutes Zusammenleben und eine demokratische Gesellschaft ist es jedoch immens wichtig, dass junge Menschen lernen, sich im direkten Austausch mit anderen zu behaupten, andere Perspektiven zu sehen, eigene Meinungen zu vertreten, und auch Differenzen auszuhalten. Es braucht offene Räume, in denen Kinder und Jugendliche sich ausprobieren, eigene Ideen umsetzen und Selbstwirksamkeit erfahren können.

„Über künstlerische Spuren zur kommunalen Sichtbarkeit“
Johanna Vocht, Referentin für Kulturelle Bildung bei
STADTKULTUR Netzwerk Bayerischer Städte e.V.
Ein gelassener, konstruktiver Umgang mit Misserfolgen ist wichtig, um Resilienzen auszubilden und im besten Sinne aus Fehlern zu lernen. Kulturelle Bildungsprojekte können helfen, Kindern und Jugendlichen diese, für eine funktionierende Gesellschaft so essenziellen Fähigkeiten zu erlangen.
In der kulturellen Bildung geht es darum, selbst zu gestalten, mitzumachen und eigene Ideen und Gedanken in der Praxis umzusetzen. Es geht ums Ausprobieren, den künstlerisch-kreativen Prozess, sich zu trauen und auch das Gesehen-Werden. So erfordert es zum Beispiel eine Menge Mut, sich für ein Theaterstück selbst auf eine Bühne zu stellen, und gleichzeitig kann es ein ganz tolles Gefühl sein, Applaus zu bekommen.
Das Zeichnen von Blättern, Blüten, Bäumen oder Landschaften vermittelt die unendliche Vielfalt natürlicher Formen und Farben, das Erfinden und Erzählen eigener Geschichten öffnet Welten, das Experimentieren mit unterschiedlichen Maltechniken ist sinnlich erfahrbar und fördert die Motorik. Kulturelle Bildung trägt zur Weitergabe von Kulturtechniken und kulturellen Traditionen bei.
Um Kinder und Jugendliche besser in das kommunale Leben einzubinden, muss ihnen der Raum für kulturelle Bildung zugestanden werden – sowohl im übertragenen Sinn als auch ganz konkret. In diesem Punkt ist der ländliche Bereich klar im Vorteil gegenüber städtischen Ballungsgebieten, verfügt er doch oftmals über ausreichend ungenutzte Räume.

Aufgabe der kommunalen Verwaltung ist es, diese ohne administrative Hürden zur Verfügung zu stellen, sei es für nachbarschaftliche Initiativen, Künstler und Künstlerinnen, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, Theatergruppen, Musikensembles, Orchester oder Bands. Denn zum einen brauchen Kinder und Jugendliche diese gemeinschaftlichen (Frei)Räume für die Persönlichkeitsentwicklung, und zum anderen erlangen sie über den Raum, den sie in einer Kommune einnehmen, die künstlerischen Spuren, die sie im Stadtbild hinterlassen, gesellschaftliche Sichtbarkeit.
Räume für Kinder und Jugendliche sollten daher öffentlich gut erreichbar und zugänglich sein, denn Kinder und Jugendliche sind gerade in ländlichen Bereichen, mehr als jede andere gesellschaftliche Gruppe, auf einen funktionierenden und gut ausgebauten Personennahverkehr sowie auf sichere Rad- und Fußwege innerhalb der Kommunen angewiesen. Es muss sichergestellt sein, dass junge Menschen die Orte eigenständig erreichen, an denen sie sich außerhalb von Schule oder Familie ausprobieren können. Neben der Verfügbarkeit von geeigneten Räumen ist also auch eine Verkehrsinfrastruktur, die ohne eigenen Führerschein und Auto funktioniert, essenziell für die Einbeziehung von Kindern und Jugendlichen ins kommunale Leben.

Kontakt:
STADTKULTUR Netzwerk Bayerischer Städte e.V.
Hohe-Schul-Straße 4
85049 Ingolstadt
Tel.: +49 (0)841/ 305 18 68
info@stadtkultur-bayern.de
www.stadtkultur-bayern.de
Weitere Statements zum Thema von:
– Stefanie Wichmann von der Jugendstiftung Baden-Württemberg
– Julian Schmidt von der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung
Wir bedanken uns ganz herzlich dafür!
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In welchen Bereichen können Jugendliche in ländlichen Kommunen selbst etwas bewirken?
Wo wünschen sich junge Menschen auf dem Land mehr Veränderungen?
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Wir sind gespannt auf Ihre/Eure Erfahrungen!
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