Einbrechen für die höhere Sicherheit
Deutschland hat eine eigene DIN-Norm für einbruchhemmende Tore entwickelt

Ein Strategiewandel bei Einbrechern änderte die Fallzahlen. Wegen Corona rückten gewerbliche Gebäude stärker in deren Fokus. Wie offen hier wirklich sozusagen Tür und Tor stehen, kann ein genormtes Sicherheitskonzept regulieren.
Für Experten werden Torkonstruktionen, die nicht auf Einbruchsschutz, sondern auf Schnelllaufeigenschaften abzielen und preisgünstig optimiert sind, im Wortsinn zum Einfalltor.
Josef Moosreiner, Technischer Rat beim Bayerischen Landeskriminalamt, stellt sich mit Augenzwinkern als „vom Einbrecher zum Sicherheitsberater“ vor. Mit jahrelangen Praxiserfahrungen in der Ift Rosenheim ist er heute Bereichsleiter Sicherheitstechnische Prävention im Bayerischen LKA und begleitet auch die Normungsarbeit: „Prävention muss man nicht in jedem Bundesland neu erfinden, deshalb existiert eine Aufgabenverteilung. In Bayern betreuen wir alles, was mit Mechanik zu tun hat. Hessen hat den Aufgabenbereich Einbruchmeldetechnik und Videoüberwachung und Baden-Württemberg beschäftigt sich mit Themen, die zur Materialprüfung gehören.“
Das Bayerische Landeskriminalamt führt auch die Liste der Kommission Polizeiliche Kriminalprävention (kurz KPK-Liste), ein Herstellerverzeichnis über zertifizierte einbruchhemmende Produkte, über die sich Interessierte informieren können.

Zertifizierung für standhafte Tore
Wie auch weitere anerkannte Prüflabore testet die Ift Rosenheim auf verlässliche Einbruchhemmung. Ingenieure untersuchen die Tore in den Laboren; bei großformatigen Produkten agieren die Prüfer vor Ort. Produktmanager Andreas Schmidt erläutert die Praxis des einheitlich geltenden Prüfszenarios: „Die Tests beginnen mit der statischen Prüfung. Hier beurteilen wir, ob eine Öffnung zustande kommt. Bei der dynamischen Prüfung testen unsere 'Einbrecher', ob ein 50 Kilogramm schwerer Zwillingsreifen das Tor so beschädigt, dass eine durchgangsfähige Öffnung entsteht.
Die manuelle Prüfung gibt Aufschluss, ob mit gängigen Werkzeugen je nach RC-Widerstandsklasse innerhalb einer Werkzeugkontaktzeit das Tor geöffnet werden kann.“ An bekannten Schwachpunkten wie Verriegelungspunkten, Füllungsanbindungen und Flächen wird beispielsweise mit einem Schraubendreher versucht, eine Durchgangsregelöffnung zu erreichen. Schablonen für durchgangsfähig normierte Öffnungen sind entweder oval, rund oder haben die Form eines Rechtecks in der Größe eines DIN A4-Blattes. Zusätzlich zu einer Zertifizierung durch anerkannte Prüf- und Zertifizierungsstellen können Torhersteller ihre Produkte in die KPK-Liste des Bayerischen Landeskriminalamtes aufnehmen lassen. In dem Fall verpflichtet sich der Hersteller für eine Fremdüberwachung, bei der einmal jährlich ein Auditor prüft, ob Produktqualität und -eigenschaften beibehalten werden.
In der neuen DIN-Norm geht es auch um Klassifizierungen von RC 1 N bis RC 6. Tore werden ab der Widerstandsklasse RC 2 beziehungsweise RC 2 N gelistet und von den kriminalpolizeilichen Beratungsstellen empfohlen. [ sf ]
Weiterführende Informationen zum Unternehmen:
ift Rosenheim GmbH: www.ift-rosenheim.de

Info: Deutschland schafft Fakten für sichere Tore mit eigener Norm – eine europäische Norm fehlt bisher
Fenster, Türen und Tore zählen zu den wesentlichen Angriffszielen für Einbrecher. Bis heute beschreiben die europäischen Normen der Reihe EN 1627 bis EN 1630 nur Anforderungen, Prüfungen und Klassifizierungen einbruchhemmender Fenster und Türen. Der Anwendungsbereich schließt Tore explizit aus. Sie werden als „äußere Abschlüsse“ nach ENV 1627 betrachtet. Arbeiten für eine EN-Norm zur Prüfung und Klassifizierung einbruchhemmender Tore ruhen weitestgehend. Deutsche Gremien erarbeiteten deshalb den im Oktober 2019 erschienenen nationalen Entwurf der DIN SPEC 18194. Deren Nachfolger, die im Juli 2020 veröffentlichte Technische Spezifikation DIN/TS 18194 Tore – Anforderungen, Prüfung und Klassifizierung, trägt den Produktbesonderheiten im Bereich Einbruchhemmung Rechnung. Das gilt für Tore, die in industriellen, gewerblichen und Wohnbereichen dem sicheren Zugang von Gütern und Personen sowie von Personen geführten Fahrzeugen dienen.
Die in DIN/TS 18194 beschriebenen Prüfungen ermitteln den Widerstand gegen statische und dynamische Belastung sowie gegen manuellen Angriff. Dabei steht als Versagenskriterium das Erreichen einer durchgangsfähigen Öffnung im Vordergrund. Eine erfolgreiche Prüfung ist in Kombination mit einer Zertifizierung die Basis für eine Aufnahme des Herstellers in die KPK-Liste „Geprüfte und zertifizierte einbruchhemmende Türen/Tore“ des Bayerischen Landeskriminalamtes.
Das Informationszentrum Fenster und Fassaden, Türen und Tore, Glas und Baustoffe e.V. bietet Broschüren an, die detaillierte Informationen und Hinweise über einbruchhemmende Produkte geben.
Bayerisches Landeskriminalamt
Maillingerstraße 15
80636 München
Telefon: +49 89 1212-41410
Webseite: http://www.polizei.bayern.de/lka