An den Netto-Null-Emissionen führt langfristig kein Weg vorbei, sagten Klimaforscher beim Petersberger Klimadialog. Die EU-Kommission und der Weltklimarat haben bereits gefordert, dass Europa bis 2050 klimaneutral werden muss, um die Katastrophe zu verhindern. Seitdem will jeder Politiker der erste sein und Teilziele früher erreichen.

Wenn der unvermeidbare Aussstoß von Treibhausgasen durch geeignete Maßnahmen ausgeglichen wird, dann ist ein großer Schritt zur Rettung der Erde getan. Vermeidung von CO2-Emissionen allein genügt nicht. Dann bleibt nur der Weg, das freigesetzte Gas wieder einzufangen – mit der Methode Direct Air Capture.

Die Lösung, CO2 aus der Luft herauszufiltern, wird bereits praktisch erprobt: Diese Technologie erhält Unterstützung durch ein vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördertes Projekt, das mit zwei industriellen Partnern zusammenarbeitet: Ineratec ist eine Ausgründung aus dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Climeworks eine Ausgründung der ETH Zürich.

Ventilatoren saugen Umgebungsluft an, damit klimaschädliches CO2 anderweitig gebunden werden kann.
Ventilatoren saugen Umgebungsluft an, damit klimaschädliches CO2 anderweitig gebunden werden kann.

Umweltverträgliche Energie

Energie ohne klimaschädliche CO2-Emissionen: Das verspricht die neue Technologie. Der aktiven Reduzierung von CO2 widmet sich das Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Im Forschungsprojekt NECOC wird eine einzigartige Versuchsanlage zur Abtrennung des atmosphärischen CO2 entwickelt. Als Endprodukt entsteht hochreines Kohlenstoffpulver, das als Industrieruß oder „Carbon Black“ in etlichen Produkten Verwendung findet.

„Aus dem schädlichen Treibhausgas wird ein Rohstoff für Hightech-Anwendungen“, berichtet Professor Thomas Wetzel vom KIT, „Carbon Black kann in der Elektronik-, Druck-, oder Bauindustrie eingesetzt werden.“ Für das Verfahren zur Methanspaltung in Wasserstoff und festen Kohlenstoff haben die Karlsruher Forscher den Innovationspreis der deutschen Gaswirtschaft erhalten.

„Das Ziel von NECOC ist es, CO2 dauerhaft aus der Atmosphäre zu entfernen“, erläutert Dr. Tim Böltken, einer der Gründer des Start-ups. „Mit unserer Reaktortechnologie tragen wir dazu bei, dass dieser neue Prozessweg für negative Emissionen möglich wird.“

In Basalt bildet CO2 Calcit, auf diese Weise wird das Treibhausgas gebunden.
In Basalt bildet CO2 Calcit, auf diese Weise wird das Treibhausgas gebunden.

Zunächst wird CO2 aus der Umgebungsluft angesaugt und gefiltert. Zusammen mit erneuerbarem Wasserstoff wird das Gas in einem Reaktor in Methan und Wasser umgewandelt. Das erzeugte Methan dient als Kohlenstoffträger für den weiteren Prozess und wird in einen mit flüssigem Zinn befüllten Blasenreaktor geleitet. In den aufsteigenden Methanblasen kommt es zur Pyrolysereaktion, bei der Methan in seine Bestandteile zerfällt: Wasserstoff sowie fester Kohlenstoff in Form von mikrogranularem Pulver, dem Carbon Black.

Neben der Nutzung der Umgebungsluft ist auch die Abtrennung aus Faulgasen, beispielsweise aus Biomasse, machbar. Ein weiteres Verfahren hat das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoffforschung Baden-Württemberg (ZSW) im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Forschungsprojekts CORAL (CO2-Rohstoff aus der Luft) entwickelt. Es basiert auf einem Waschprozess.

Unterstützt wird der Transformationsprozess zur Schadstoffreduzierung beispielsweise vom Carbon Disclosure Project.  Die Non-Profit-Organisation arbeitet darauf hin, dass Kommunen und Unternehmen ihre Umweltdaten veröffentlichen. Wenn die schädlichen Emissionen nicht vollständig verhindert werden können, dann soll ein Ausgleich stattfinden, damit ein Land zur treibhausgasneutralen Zone erklärt werden kann.

Die Climeworks-Gründer Christoph Gebald und Jan Wurzbacher
Die Climeworks-Gründer Christoph Gebald und Jan Wurzbacher

Der BMWi-Bericht zum siebten Energieforschungsprogramm „Innovationen für die Energiewende“ von 2018 zeigt nach einem umfangreichen Konsultationsprozess, dass die Bundesregierung mit der Dekarbonisierung auf eine Transformation zugunsten regenerativer Energieträger setzt. Technologisch wird der Forschungsbedarf in Deutschland allerdings noch als hoch bezeichnet.

Die Einschätzung des Potenzials solcher Anlagen ist riesig. Beispielsweise beteiligt sich Audi an Climeworks. Die Erkenntnisse der Studie sind dennoch ernüchternd: Drei Wettbewerber sind auf dem derzeitigen Markt aktiv, deutsche Unternehmen haben praktisch kein Interesse an der Methode. Angesichts der Klimaschutzanforderungen ergeben sich große Chancen für deutsche Unternehmen – immerhin gibt es die Forschungsprojekte. [ dlu ]

Der Versuchsreaktor zur Methanspaltung ist eine Vorrichtung aus Quarz und Edelstahl, in der sich geschmolzenes Zinn befindet. Dort steigen Methanbläschen auf, in denen die Cracking-Reaktion stattfindet. Der Reaktor ist Teil des Karlsruhe Liquid Metal Laboratory, um Technologien zum Einsatz von Flüssigmetallen zu entwickeln.
Der Versuchsreaktor zur Methanspaltung ist eine Vorrichtung aus Quarz und Edelstahl, in der sich geschmolzenes Zinn befindet. Dort steigen Methanbläschen auf, in denen die Cracking-Reaktion stattfindet. Der Reaktor ist Teil des Karlsruhe Liquid Metal Laboratory, um Technologien zum Einsatz von Flüssigmetallen zu entwickeln.
Das Unternehmen Ineratec hat sich auf mikrostrukturierte Reaktoren spezialisiert, in denen Synthesegase in klimaneutrale Flüssigtreibstoffe gewandelt werden.
Das Unternehmen Ineratec hat sich auf mikrostrukturierte Reaktoren spezialisiert, in denen Synthesegase in klimaneutrale Flüssigtreibstoffe gewandelt werden.

Mehr von Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg

Das könnte Sie auch interessieren

Symbolbild zum Thema Lesen was Kommunen bewegt.

Ihr Kommunalmagazin KOMMUNALtopinform

Kommunal, genau das ist unser Thema. Lesen, was Kommunen bewegt – unser Slogan. Auf dieser Seite informieren wir die öffentliche Verwaltung im gesamten deutschsprachigen Raum über aktuelle und interessante Themen im kommunalen Bereich. Die Städte und Gemeinden in Baden-Württemberg und Bayern erhalten zusätzlich vierteljährlich das Kommunalmagazin. An nahezu alle Kommunen dieser beiden Bundesländer wird die Printausgabe versendet.

mehr Informationen zur Print-Ausgabe