Neue Dynamik für kommunale Partnerschaften
Immer mehr Kommunen arbeiten mit Partnern im globalen Süden zu Klima und Nachhaltigkeit

Ob in Ingolstadt, im serbischen Kragujevac, im baden-württembergischen Lahr oder in Alajuela in Costa Rica – viele Herausforderungen von Kommunen ähneln sich. So machen sich immer mehr deutsche Städte, Gemeinden und Landkreise mit ihren Partnerkommunen im globalen Süden auf den Weg, gemeinsam an lokalen Lösungen zu Themen wie Nachhaltigkeit, saubere Energie oder Klimafolgenanpassung zu arbeiten. Damit erhalten auch ihre Partnerschaften eine neue Dynamik; die Zusammenarbeit wird fachlicher und intensiver.
Neben klassischen Jugendbegegnungen oder kulturellem Austausch engagieren sie sich für eine global nachhaltige Zukunft nach dem Motto „Global denken, lokal handeln“, ganz im Sinne der von den Vereinten Nationen 2015 verabschiedeten Agenda 2030 inklusive deren 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs). Zwei Drittel dieser Ziele lassen sich nur auf und mit der lokalen Ebene umsetzen.
Unterstützt werden die Kommunen dabei fachlich und finanziell von der Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW) von Engagement Global im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Das Ministerium sieht in Kommunen einen wichtigen Partner für nachhaltige Entwicklung weltweit und hat den Haushaltstitel für kommunale Entwicklungspolitik von fünf Millionen Euro im Jahr 2013 auf 25 Millionen Euro 2019 erhöht.
Lahr und Alajuela pflegen eine kommunale Klimapartnerschaft
Das badische Lahr liegt zwischen Rhein und Schwarzwald, Alajuela am Fuße eines 2.700 Meter hohen Vulkans in Costa Rica. Trotz dieser Unterschiede spüren die beiden seit 2006 partnerschaftlich verbundenen Kommunen die Folgen des Klimawandels: Hitzeperioden, Starkregenereignisse, die Bodenerosionen auslösen, und Veränderungen in der biologischen Vielfalt. Sie wollten gemeinsam aktiv werden, begründeten 2012 eine langfristig angelegte kommunale Klimapartnerschaft und nahmen am Programm „Kommunale Klimapartnerschaften“ der SKEW teil.
Heute kann die Partnerschaft auf zwei große und viele kleine Erfolge zurückblicken. Im immer engen Austausch sanierten sie bis 2018 mit Fördermitteln der Bundesregierung drei Kläranlagen in Alajuela und statteten sie mit modernster Technik aus. Zudem schützten sie die Trinkwasserquellen für die betroffene Bevölkerung durch Quellschutz-, Aufforstungs- und Umweltbildungsprojekte.
„Statt einseitiger Entwicklungshilfe wie vor 50 Jahren betreiben wir Entwicklungszusammenarbeit auf Augenhöhe“, berichtet Manfred Kaiser, Leiter der Stabsstelle Umwelt bei der Stadtverwaltung Lahr. Die Schülerschaft in Lahr und Alajuela nutzen dieselben praxisorientierten deutsch-spanische Umweltbildungsmaterialien zu den Themen Wasser, Biodiversität, Ökosystem Wald und Klimawandel. Die Klimapartnerschaft verankert Klima- und Umweltschutz stärker im Bewusstsein von Politik, Verwaltung und Bevölkerung und stieß viele weitere Initiativen zum Umwelt- und Klimaschutz an. „Manchmal ist es global betrachtet sinnvoller, nicht in Lahr, sondern beispielsweise in Alajuela aktiv zu werden. Dort können wir mit demselben finanziellen Aufwand oft viel mehr für das globale Klima erreichen“, so Kaiser.

Ingolstadt und Kragujevac gingen eine kommunale Nachhaltigkeitpartnerschaft ein
Die 17 globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung betreffen nicht nur die Menschen in weniger entwickelten Ländern, sondern alle in Deutschland und der Welt. Die Ziele bekannter zu machen, für ihre Umsetzung zu werben und sie mit Leben zu füllen, ist leichter gesagt als getan. Da hilft es, Erfahrungen und Lösungsansätze mit Partnern zu teilen und sich gegenseitig zu unterstützen. Ingolstadt und das serbische Kragujevac sind eine von zwölf Nachhaltigkeitspartnerschaften zwischen deutschen Städten und Gemeinden mit Kommunen aus Bosnien und Herzegowina, Kosovo und Serbien, die von 2016 bis Ende 2018 im Rahmen des Pilotprojekts „Kommunale Nachhaltigkeitspartnerschaften“ der SKEW gemeinsam an der Umsetzung der Agenda 2030 in ihren Kommunen arbeiteten.
„In Ingolstadt war Nachhaltigkeit 2016 kein prominentes Thema“, erinnert sich Jürgen Köhler, der für kommunale Partnerschaften zuständige Leiter des Kulturamtes. In Kragujevac sah das anders aus. Die Stadt verfügte bereits über eine Nachhaltigkeitsstrategie, die fortgeschrieben werden sollte. Nach einigen gegenseitigen vom Pilotprojekt finanziell unterstützten Besuchen nahm sich Ingolstadt ein Beispiel an der Partnerstadt und begann mit der Erarbeitung einer städtischen „Agenda der Nachhaltigkeit“.
Das Pilotprojekt der SKEW begleitete die Partner auch dabei, einen Aspekt der Agenda 2030 in kleinen Projekten umzusetzen und die 17 Nachhaltigkeitsziele bekannter zu machen. Ingolstadt und Kragujevac bauten im Rahmen der Schulpartnerschaft zwischen dem Katharinen-Gymnasium und dem Zweiten Gymnasium in Kragujevac auf beiden Schulhöfen kleine Photovoltaik-Anlagen. Auch dieses Vorhaben wurde von der SKEW finanziell gefördert. Die Schülerschaft beschäftigte sich im Unterricht mit erneuerbaren Energien und wetteiferte, wie viel Strom ihre jeweiligen kleinen Anlagen produzierten.
„Es lohnt sich für jede Kommune, sich in einer Nachhaltigkeitspartnerschaft zu engagieren“, findet Jürgen Köhler. Heute sind die globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung in Ingolstadt bekannter, und viele Initiativen zeigten beim „Tag der Nachhaltigkeit“, dass sich die Ingolstädter engagieren – lokal für eine globale nachhaltige Entwicklung.
Aufruf: Nachhaltigkeitspartnerschaften mit dem Ausland
Ab 2020 unterstützt die SKEW Nachhaltigkeitspartnerschaften mit Kommunen aus Lateinamerika.
Teilnehmen können Kommunen aus Deutschland und lateinamerikanischen Ländern, die bereits partnerschaftlich verbunden sind oder eine neue Partnerschaft begründen wollen. Auch deutsche Kommunen ohne Kontakte nach Lateinamerika können bis 15. Dezember 2019 eine Interessensbekundung bei der SKEW einreichen.
Weitere Informationen unter:
https://skew.engagement-global.de/kommunale-nachhaltigkeitspartnerschaften.html
Kommunale Klimapartnerschaften
Ende 2019 startet der Aufruf zur Teilnahme an der 8. Projektphase. Kommunen, die bereits eine Partnerschaft mit einer Kommune im Globalen Süden haben, sowie Kommunen, die noch keine Partner haben, können eine Interessenbekundung bei der SKEW einreichen.
Weitere Informationen unter:
https://skew.engagement-global.de/kommunale-klimapartnerschaften.html

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