Doch insbesondere dicht bebaute Innenstädte stellen eine Herausforderung dar. Die hohe Wärmedichte spricht für Wärmenetze, doch für neue Leitungen ist kaum Platz, und die Grabungskosten sind meist zu hoch. Eine Alternative ist die Weiternutzung des bestehenden Gasnetzes und ein Ersatz des fossilen Erdgases durch verfügbares Biogas. Besonders schwierig ist jedoch die Umstellung in historischen Altstädten. Hier liegt oft das traditionelle Pflaster auf einer Betonschicht, um Setzungen zu vermeiden. Grabungsarbeiten zur Verlegung neuer Leitungen sind dadurch ausgesprochen teuer.

Beispiel Weißenburg

Der historische Ortskern von Weißenburg ist ein gutes Beispiel für diese Problematik. Hier sind über 95 Prozent der Haushalte an das bestehende Gasnetz angeschlossen. Im Rahmen der aktuellen Wärmeplanung in Weißenburg soll bis 2045 die Wärmeversorgung treibhausneutral werden. Den Stadtwerken liegt aber auch daran, die Umstellung für die Verbraucher möglichst kostengünstig zu gestalten. In der Altstadt Weißenburgs ist dies am besten mit Biomethan möglich, da ein Wärmenetz zu aufwendig ist und zu hohe Kosten verursacht.
Im ersten Schritt einer Machbarkeitsstudie wurden vier Biogasanlagen betrachtet, deren Betreiber Interesse haben, Biogas für die Versorgung der Altstadt einzuspeisen. Die erste Frage der Machbarkeitsstudie lautete, welches Gas für die Versorgung der Altstadt geeignet ist: Biogas oder Biomethan?

Biogas entspricht dem aus der Fermentation von landwirtschaftlichen Reststoffen und nachwachsenden Rohstoffen entstehenden Gas. Biomethan hat dagegen nach Abtrennung des CO2 aus dem Biogas, einen Anteil von über 96 Prozent Methan. Es eignet sich uneingeschränkt zur Beimischung im Erdgasnetz, da das dort aktuell hauptsächlich transportierte Erdgas einen ähnlich hohen Methangehalt, Heiz- beziehungsweise Brennwert sowie Wobbe-Index hat. Eine Umstellung der Verbrauchsgeräte ist nicht notwendig.

Wenn man jedoch Biogas direkt verwendet, müsste zum einen das Altstadt-Gasnetz vom Weißenburger Stadtnetz entkoppelt werden, zum anderen müssten alle Verbrauchsgeräte darauf abgestimmt sein. Eine Umstellung der Verbrauchsgeräte auf Biogas ist zwar technisch möglich, allerdings gibt es auf dem Markt keine Geräte in den für Wohngebäude relevanten Leistungsklassen, sodass die Hürden für die Verbraucher recht hoch sind. Deshalb stellt die Umstellung des Netzes auf reines Biogas keine sichere Versorgungsoption dar. Stattdessen wird die Aufbereitung und Einspeisung von Biomethan näher untersucht.

Biogasanlage Gungl in Oberhochstatt (Weißenburg): Im ersten Schritt einer Machbarkeitsstudie wurden vier Biogasanlagen betrachtet, deren Betreiber Interesse haben, Biogas für die Versorgung der Altstadt Weißenburg einzuspeisen.
Biogasanlage Gungl in Oberhochstatt (Weißenburg): Im ersten Schritt einer Machbarkeitsstudie wurden vier Biogasanlagen betrachtet, deren Betreiber Interesse haben, Biogas für die Versorgung der Altstadt Weißenburg einzuspeisen.

Optionen zur Biomethan-Einspeisung in Weißenburg

Da je zwei der für die Einspeisung betrachteten Biogasanlagen im Osten und im Westen der Altstadt liegen, sind zwei Einspeisepunkte wichtig. Im ersten Schritt sollen 65 Prozent des Altstadtbedarfs gedeckt sein, da für das Gebäude-Energie-Gesetz (GEG) neu eingebaute Gasheizungen mindestens 65 Prozent Anteil Erneuerbarer Energien nachweisen müssen. Das Ziel: Ab 2045 sollte die Altstadt komplett mit Biomethan versorgt werden.

Aufgrund der räumlichen Nähe der zwei Biogasanlagen (BGA) im Osten, ist eine Biogasaufbereitungsanlage direkt bei einer BGA mit kurzer Verbindung zwischen den zwei BGA möglich. Für dieses Szenario ist ein schrittweises Vorgehen angedacht, sodass zuerst die einfachere und günstigere Biomethaneinspeisung realisiert wird, bei steigendem Absatz des Biomethans dann die zweite. Eine weitere Möglichkeit wäre, das komplette Biogas zu den Stadtwerken zu leiten und dort gemeinsam aufzubereiten. Dafür ist für die Leitung von Osten die Querung einiger Stadtbereiche im Süden notwendig. Gegenüber dem ersten Szenario müsste die Leitungslänge außerdem größer werden.

Die Investitionskosten setzen sich aus vier Hauptpositionen zusammen: Biogasreinigung, Biogastransport (Leitung und Verdichtung), Biogasaufbereitungsanlage (BGAA) und Biomethaneinspeisung inklusive Konditionierung, Odorierung und Transport.

Entscheidend ist dabei, wer für welche Kosten aufkommen muss. Laut Gasnetzeinspeiseverordnung (GasNEV) trägt der Betreiber der Biogasanlage beziehungsweise der BGAA die Kosten für die ersten drei Posten sowie 25 Prozent der Investitionskosten der Einspeisung.

Der Netzbetreiber übernimmt den Großteil der Kosten der Einspeisung, welche über die Netzentgelte auf alle Netzkunden in Deutschland umgelegt werden und den Preis für den Endkunden nur indirekt beeinflusst. Wenn die BGAA nah an der Biogasanlage steht, liegt der Großteil der Leitungsbaukosten beim Netzbetreiber. Ist allerdings erst eine lange Biogasleitung zur Zusammenführung der Gasmengen notwendig, liegt der Großteil der Investitionskosten bei den Anlagenbetreibern.

Vergleicht man das mit einer häufig angepeilten Wärmenetzversorgung, kommen die Vorteile der Weiternutzung des Gasnetzes und der lokalen Versorgung mit Biomethan zum Tragen. Denn selbst wenn man Kosten für Wartung und Betrieb des Gaskessels oder der Gastherme mit einrechnet, bleibt die Wärmeversorgung mit Biomethan günstiger als mit einem Wärmenetz in der historischen Altstadt.

Die Gebäude der Stadtwerke Weißenburg
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