Wassersparende C4-Grasarten wie das Bermudagrass (unten) vergilben in Ruhezeiten (Winter), während die Grasmischung aus Deutschem Weidelgras und Wiesenrispe (oben) meist grün bleibt.

Wassersparende C4-Grasarten wie das Bermudagrass (unten) vergilben in Ruhezeiten (Winter), während die Grasmischung aus Deutschem Weidelgras und Wiesenrispe (oben) meist grün bleibt.

24. Oktober 2023 – Anzeige

Dürrezeit – nicht jedes Gras hält ihr Stand

Die Bedeutung der Rasenflächen ist enorm / Praxistaugliche Möglichkeiten zum Erhalt von öffentlichen und privaten Rasenflächen

Rasenflächen sind in Privatgärten und im öffentlichen Grün wichtige Gestaltungselemente und üben zudem bedeutenden Einfluss auf das kleinräumige Klima aus. Vor allem in den Sommermonaten schätzen die Menschen den kühlenden Effekt von Rasenflächen. Sie binden Kohlenstoffdioxid (CO2) sowie Staub und liefern gleichzeitig Sauerstoff (O2). Von hohem Wert, besonders im innerstädtischen Bereich, sind grüne Rasenflächen auch als Spiel- und Erholungsraum. Diese Aufgaben können sie jedoch nur erfüllen, wenn die Rasengräser vital sind, die Stoffwechselprozesse also auch bei hohen Temperaturen und verringertem Wasserangebot erhalten bleiben.

Nicht zuletzt die Sommer vergangener Jahre, mit zumindest in weiten Teilen Deutschlands extremer Hitze und langen Trockenperioden, hat die üblicherweise verwendeten Gebrauchsrasenmischungen aus Deutschem Weidelgras (Lolium perenne), Wiesenrispe (Poa pratensis) und Rotschwingel (Festuca rubra ssp.), in Schattenlagen auch mit Lägerrispe (Poa supina), an ihre Leistungsgrenzen gebracht. Die weitere Entwicklung des Klimas in Deutschland bis 2060 prognostiziert der Deutsche Wetterdienst mit etwa 2 Grad Celsius höheren Sommertemperaturen und bis zu 40 Prozent weniger Sommerniederschlägen.
Vor allem die über mehrere Wochen andauernde Trockenheit und die teilweise regional ausgesprochenen Bewässerungsverbote von Grünflächen haben die Nachfrage nach geeigneten Mischungen für Trockenrasen sprunghaft ansteigen lassen. Doch welche Gräserarten in welcher Kombination sind für diese Situation wirklich geeignet? Wie schnell erholen sich die Mischungen nach einem Trockenschaden? An dieser Stelle sei aber noch einmal betont, dass nur vitale, also ausreichend mit Wasser versorgte Gräser ihre Aufgaben erfüllen können. Das Vertrocknen der Rasenflächen sollte daher eine unvermeidbare Ausnahme darstellen.

Gräser mit zu unterschiedlicher Blattstruktur sollte man nicht mischen: Der Rohrschwingel (rechts) weist im Vergleich zum Raublättrigen Schafschwingel (links) einen breiteren, gröberen Pflanzenwuchs auf.

Gräser mit zu unterschiedlicher Blattstruktur sollte man nicht mischen: Der Rohrschwingel (rechts) weist im Vergleich zum Raublättrigen Schafschwingel (links) einen breiteren, gröberen Pflanzenwuchs auf.

Welche Grasarten kommen in Betracht?

Die zunehmend propagierte Verwendung von wassersparenden C4-Gräsern (warm season grasses), wie zum Beispiel Bermudagrass (Cynodon dactylon) oder Zoysia grass (Zoysia japonica), scheidet aufgrund der niedrigen Wintertemperaturen in Mitteleuropa und der hiermit verbundenen ausgeprägten Dormanz dieser Grasarten aus (Bild oben links).
Die Verwendung von Poa pratensis und verschiedene Arten von Festuca in Rasenmischungen könnte aufgrund der guten Hitze- und Trockenheitstoleranz zu einer Reduzierung des Beregnungsbedarfs beitragen (Gandert und Bureš, 1991; Wöster, 2018). Vor allem Rotschwingel (Festuca rubra ssp.), Rohrschwingel (Festuca arundinacea), Gemeiner Schaf-
schwingel (Festuca ovina) und Raublättriger Schafschwingel (Festuca trachyphylla) haben in Versuchen zur Trockenheitstoleranz und Regenerationsfähigkeit vielversprechend abgeschnitten (Nitzschke et al., 2021; Nonn, 2010a).
In einem Versuch mit unterschiedlicher Artenkombination schnitten vor allem Mischungen mit hohen Anteilen an Raublättrigem Schwingel (M5) und Rohrschwingel (M6) im Vergleich zu anderen Artenkombinationen gut ab (siehe Bildreihe links).
Diese Arten bilden die Hauptanteile in den Empfehlungen für Gebrauchsrasen – Trockenlagen der Regel-Saatgut-Mischungen Rasen (RSM 2.2.1 und RSM 2.2.2). In den aktuellen Mischungsvarianten werden sie zusammen mit Wiesenrispe (Poa pratensis) und Deutsches Weidelgras (Lolium perenne) kombiniert.
Seit 2021 werden die RSM-Varianten und zwei weitere Varianten mit Kräuteranteilen in einem Ringversuch an sechs Standorten in Deutschland auf ihre Eigenschaften bei und nach Trockenheit geprüft. Die Veröffentlichung der Ergebnisse dieses Versuchs „Klimarasen“ ist für 2024 zu erwarten.

Grünaspekt unterschiedlicher Grasmischungen: in der Mitte eine ungedüngte Mischung mit Mikroklee (1), hinten eine gedüngte Rasenmischung (2) und im Vordergrund ungedüngter Rasen (3).

Grünaspekt unterschiedlicher Grasmischungen: in der Mitte eine ungedüngte Mischung mit Mikroklee (1), hinten eine gedüngte Rasenmischung (2) und im Vordergrund ungedüngter Rasen (3).

Es müssen nicht nur Gräser sein

Doch öffentliche Grünflächen, aber auch Hausrasenflächen, müssen nicht nur aus Gräsern bestehen. Je nach Nutzungsart und -intensität sowie optischem Anspruch können auch verschiedene Kräuterarten enthalten sein. Aus eigener Beobachtung sind im Hinblick auf Hitze- und Trockenheitsverträglichkeit vor allem die Schafgarbe (Achillea millefolium) und Thymian-Arten (Thymus sp.) zu nennen. Diese sind auch Bestandteil von Mischungen im Versuch „Klimarasen“. Ob sie die an sie gestellten Erwartungen erfüllen, bleibt abzuwarten.

Austrocknung und Regeneration von Gräsermischungen über einen Zeitraum von neun Wochen: Der Versuch zur Trockentoleranz zeigt, dass die Rasenmischungen M5 und M6 am besten abschneiden.

Austrocknung und Regeneration von Gräsermischungen über einen Zeitraum von neun Wochen: Der Versuch zur Trockentoleranz zeigt, dass die Rasenmischungen M5 und M6 am besten abschneiden.

Kleinblättriger Weißklee als Lösung bei Trockenheit?

Seit etwa 15 Jahren wird auch die Verwendung von speziell gezüchtetem, kleinblättrigem Weißklee (Trifolium repens) in Rasenmischungen propagiert (Nonn, 2010b; STRI, 2006; Wagner et al., 2010). Diese häufig mit dem Begriff „Mikroklee“ bezeichneten Gras-Klee-Mischungen zeichnen sich durch eine gute Grünfärbung auch ohne Stickstoffdüngung aus (Bild oben rechts). Grund hierfür ist die Leguminose Klee, die durch ihre Symbiose mit den Knöllchenbakterien (Rhizobien) die Fähigkeit besitzt, Luftstickstoff zu fixieren und diesen sich selbst und den Gräsern zur Verfügung zu stellen. Die Belastbarkeit des Klees ist als mittel einzustufen. Erfahrungsgemäß ist Weißklee gut trockenheitsverträglich und regenerativ. Diese Beobachtungen bedürfen jedoch noch wissenschaftlicher Untersuchungen. Deshalb wurde „Mikroklee“ auch mit in den Versuch „Klimarasen“ aufgenommen. Sollte sich hinsichtlich Trockentoleranz und Wiederergrünen eine Bestätigung der Beobachtungen ergeben, stellt diese Kombination aus Gräsern und Klee im öffentlichen Grün, wie in Parks, auf Bolzplätzen und in Freizeitanlagen eine Alternative zu reinen Gräsermischungen dar. Die Akzeptanz im Hausrasen bleibt abzuwarten.

Hitzetoleranz verschiedener Gräserarten

Hitzetoleranz verschiedener Gräserarten

 

Trockenheitstoleranz verschiedener Gräserarten

Trockenheitstoleranz verschiedener Gräserarten

Rasensaat und Pflege: Hierauf sollte geachtet werden

Aufgrund der extrem unterschiedlichen Blattstrukturen sind Mischungen von Rotschwingel und/oder Raublättrigem Schafschwingel mit Rohrschwingel nicht ratsam. Eine Kombination ergibt ein sehr heterogenes Erscheinungsbild (Bild oben Mitte). Die grobe Blattstruktur und das hohe Gewicht der Samen erfordern bei Rohrschwingel Mischungsanteile von mindestens 70 Gewichtsprozent (Gew.-%), wie zum Beispiel im Gebrauchsrasen RSM 2.2.2 (für Trockenlagen). Geringere Anteile erhöhen die Gefahr der Bildung von groben Einzelhorsten. Wichtig ist ein gut und tief durchwurzelbarer Boden, denn nur dann kann Rohrschwingel seine Trockenheitstoleranz voll ausspielen. Wurzeltiefgang und Wurzelmasse von Rohrschwingel und weiterer Rasengräser sind in der Arbeit von Borrink et al. (2022) beschrieben.

Die bei den bisher zur Verfügung stehenden Zuchtsorten von Rohrschwingel eher gelbliche Winterfarbe kann durch eine stickstoffbetonte Düngung im Spätherbst deutlich verbessert werden.

 

Literaturliste:

Borrink, L., H. Nonn und W. Prämaßing (2022): Bestimmung von Wurzellänge und Wurzelmasse an fünf Gräserarten im Hinblick auf den Klimawandel. Rasen-Turf-Gazon 53, S. 61-66.

Gandert, K. D. und F. Bureš (1991): Handbuch Rasen – Deutscher Landwirtschaftsverlag. Berlin.

Nitzschke, S., K.G. Müller-Beck und W. Prämaßing (2021): Trockenstress an Gebrauchsrasenmischungen und einzelnen Arten sowie die Bewertung der Regenerationspotenziale. Rasen-Turf-Gazon 52, S. 27-34.

Nonn, H. (2010a): Trockentoleranz und Regeneration verschiedener Rasenmischungen. Homepage Deutsche Rasengesellschaft. https://www.rasengesellschaft.de/rasenthema-detailansicht/rasenthema-august-2010.html (abgerufen 17.06.2023).

Nonn, H. (2010b): Verwendung von Weißklee (Trifolium repens L.) in Rasenmischungen. Neue Landschaft 55, 46-48.

STRI, 2006. The effects of „microclover“ on the appearance & growth of amenity seed mixtures with & without perennial ryegrass. Document No. R3082. Bingley. Unpublished.

Wagner, M., W. Henle, H. Schneider und W. Clauphein (2010): Microclover – Einsatz von kleinblättrigem Klee auf Rasenflächen. European Journal of Turfgrass Science 41, 3-8.

Wöster, S. (2018). Saatgut. In Thieme-Hack, M. (Hrsg.): Handbuch Rasen – Fachbibliothek grün, Eugen Ulmer, Stuttgart. S. 22-55.

Turgeon, A.J. (1996): Turfgrass Management – 4th edition. Prentice Hall, New Jersey.


Logo Deutsche Rasengesellschaft (DRG) e.V.

Dr. Harald Nonn, Vorsitzender

Alexander-von-Humboldt-Straße 4
53604 Bad Honnef

E-Mail. info@rasengesellschaft.de
Web. www.rasengesellschaft.de

29. April 2024


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