Jeden Tag brennt es lichterloh
Recycling-Wirtschaft und der Akku-Irrsinn
Berlin, Frankfurt, Braunschweig, zuletzt wieder in der Nähe von Karlsruhe – quer durch die Republik geraten die Anlagen der Recycling-Wirtschaft immer wieder in Brand. Warmes Wetter begünstigt Entzündungen. Jeden Tag brennt es lichterloh. Der Branchenverband BDE schätzt, dass es pro Tag zu etwa 30 Bränden kommt. Die allermeisten Brandherde können vor Ort selbst gelöscht werden. In zwei von 30 Fällen muss jedoch die Feuerwehr anrücken.
Brandursache sind meist illegal entsorgte Elektrogeräte mit verbauten Lithium-Ionen-Akkus. Im Müllpresswagen oder bei der Vorsortierung der Abfälle mit dem Greifbagger brechen die Akkus, die Chemikalien reagieren und entzünden sich in rasender Geschwindigkeit. Die brennende Ladung wird dann vom Lkw auf die Straße gekippt. In den Anlagen erkennen Infrarot-Sensoren und Wärmebildkameras bereits die meisten Brandherde, und die Mitarbeiter können diese rechtzeitig isolieren und löschen, bevor sie sich in rasender Geschwindigkeit ausbreiten können. Doch in vielen Fällen gelingt das nicht. Trotz millionenschwerer Aufrüstung beim Brandschutz geraten immer mehr Mitarbeiter, aber auch Feuerwehrleute in Gefahr und müssen sich einem unnötigen Risiko aussetzen. Das achtlose Wegwerfen von Akkus gerät so zur fahrlässigen Brandstiftung.
Elektro-Schrott: Einzelhandel fördert illegale Entsorgung
Der BDE warnt seit vielen Jahren, dass mit der steigenden Produktion von Lithium-Ionen-Akkus auch die Brandgefahr bei der Entsorgungswirtschaft massiv zunimmt. In ganz Europa.
Niemand darf sein altes Handy, seine Einweg-E-Zigarette oder einen Akku illegal in der schwarzen, gelben oder blauen Tonne entsorgen. Doch es scheint vielen immer noch nicht bekannt zu sein, dass Elektrogeräte, Batterien und Akkus nicht in den Hausmüll gehören.
Um es den Konsumenten leichter zu machen, müssen laut Elektrogeräte-Gesetz seit 1. Juli 2022 auch Discounter und große Drogeriemärkte kleinere Elektro-Altgeräte annehmen. Doch viele dieser angeblich so umweltbewussten Märkte weigern sich immer noch standhaft, gut sichtbare Abgabe-Stationen im Kassenbereich einzurichten. Kunden wird so vorgegaukelt, dass eine Abgabe alter Geräte hier nicht möglich sei.
Zahlreiche Stichproben von ALBA belegen, dass meist nicht einmal das Kassen-Personal von der Annahme-Pflicht alter Elektrogeräte weiß. Auch Testbesuche der Deutschen Umwelthilfe (DUH) belegen die „katastrophale Umsetzung“ der Rücknahmepflicht von E-Schrott. Laut einer Civey-Umfrage im Auftrag von ALBA nutzen angeblich nur neun Prozent der Deutschen diese Möglichkeit der Rückgabe. Der Einzelhandel trägt so eine Mitschuld an der schlechten Recycling-Quote von Batterien und Akkus – und an den illegalen Fehlwürfen.
Systemrelevante Branche bald ohne Versicherungsschutz?
Die Entsorgungswirtschaft ist eine systemrelevante Branche. Ohne sie versinkt das Land in Müll und Chaos. Ohne Recycling wären Fortschritte in Umwelt- und Klimaschutz nicht möglich.
Doch nun besteht die Gefahr, dass kaum mehr Versicherungen bereit sind, für die weiter steigenden Brandrisiken der Entsorgungswirtschaft und die entstandenen Millionen-Schäden einzustehen. Doch: Verschiedenste Bankkredit-Verträge und öffentliche Ausschreibungen sind mit einer Versicherungspflicht verbunden. Diese Pflicht wäre dann nicht mehr zu erfüllen.
Wer soll die gestiegenen Brand- und Versicherungsrisiken und den entstandenen Schaden dann bezahlen? Die Verbraucher? Der Bund, beziehungsweise die Steuerzahler? Der Einzelhandel? Die Elektro-Industrie? Sollten sich auch die letzten Versicherungen zurückziehen, droht die Abfall-Entsorgung in Deutschland zu kollabieren.
Es wird Zeit für ein Umdenken
Mit Aufklärungskampagnen allein ist der Problemlage mittlerweile nicht mehr Herr zu werden. Notwendig sind nun wesentlich schärfere Maßnahmen. Und Sicherheit. Denn, wie erwähnt: Es brennt jeden Tag lichterloh.
Die Hersteller dieser Geräte und die Politik stecken jedoch den Kopf in den Sand und tun, als ob sie nichts damit zu
tun hätten. Sollen doch die Mitarbeiter der Entsorgungswirtschaft sehen, dass sie möglichst nicht zu Schaden kommen und sich um die Brände kümmern. BDE-Prä-
sident Peter Kurth ist sauer: „Selten wird Verantwortungslosigkeit so schamlos vorgelebt. Es reicht schon lange. Die Maßnahmen sind bekannt. Es braucht nun Menschen in der Politik, die nicht länger Arbeitsverweigerung für angemessen halten.“
Dr. Matthias Hochstätter, Leiter Politik und Kommunikation ALBA Europe Holding