Digitale Verwaltung kommt voran
Hauptproblem sind Veränderungen während der Umsetzungsphase / Noch viele Baustellen
Die digitale Transformation der Verwaltung kommt an vielen Stellen voran. Die Nutzung digitaler Leistungen steigt – wenn auch langsam. Allerdings spüren die Bürger von diesen Fortschritten zu wenig. Dennoch zeigt sich die Mehrheit der Bürger offen für die Entwicklung und glaubt an die Vorteile der digitalen Verwaltung. Den Stand der Digitalisierung in der Verwaltung dokumentieren zwei regelmäßige Untersuchungen: Der „eGovernment Monitor“ und der „D21-Digital-Index“ zeigen ein jährliches Lagebild.
Die deutsche Wirtschaft stagniert ebenfalls auf dem Weg zur Digitalisierung. Beispiele zeigen, dass viele Fertigungsunternehmen noch immer mit Checklisten auf Papier in der Qualitätskontrolle arbeiten. Nur drei von zehn Unternehmen kommunizieren überwiegend digital mit Ämtern und Behörden. In einer repräsentativen Befragung des Digitalverbands Bitkom vom Oktober erklärten alle Unternehmen, dass sie sich immer wieder gezwungen sehen, per Brief oder Fax mit Behörden zu kommunizieren. Auch das Institut der Deutschen Wirtschaft kritisierte im IW-Report, dass häufig Prozesse an papierorientierten Verwaltungsvorgängen ausgerichtet bleiben und teilweise die Personalintensität erhöhen, statt die digitalen Möglichkeiten zur Produktivitätssteigerung zu nutzen.
Nutzung digitaler Dienstleistung
„Ich freue mich, dass immer mehr Bürgerinnen und Bürger digitale Verwaltungsleistungen nutzen. Denn wenn es spürbar vorangeht, nimmt auch das Vertrauen der Bevölkerung in den Staat zu“, erklärte Nancy Faeser, Bundesministerin des Inneren und für Heimat. „Die Verwaltungsdigitalisierung ist mir ein Herzensanliegen, an vielen Baustellen arbeiten wir unter Hochdruck“, erklärte sie als Schirmherrin der Studie „eGovernment Monitor“ 2023. Der Fortschritt sei spürbar, auch wenn es noch jede Menge Hürden zu bewältigen gebe.
Der „eGovernment Monitor“ dokumentiert, welche Erfolge die digitale Transformation der Verwaltung bei den Bürgern in Deutschland, Österreich und der Schweiz erzielt. Das Lagebild wird seit 2010 erstellt, um Fortschritte zu messen und Schwachstellen zu identifizieren. Die Studie wird von der Initiative D21 und der Technischen Universität München erstellt.
An den Mehrwert der digitalen Verwaltung glauben 71 Prozent der Deutschen. Jedoch sind 42 Prozent mit dem derzeitigen Angebot nicht zufrieden. Bei der digitalen Identifikation gibt es kaum Fortschritte. Lediglich 14 Prozent haben bereits den Personalausweis mit Chip benutzt. Als Hauptgrund wird genannt, dass die Bürger keine Verwendung dafür finden.
Das Online-Zugangsgesetz sollte 2017 die Verwaltung in Deutschland ins digitale Zeitalter befördern. Darin haben sich Bund, Länder und Kommunen selbst verpflichtet, 575 Verwaltungsleistungen online bis 31. Dezember 2022 anzubieten. In lediglich 114 von 575 Fällen glückte die Offensive.
Jetzt richtet sich der Blick auf die Rückstände. Was ist der Grund, dass die Digitalisierung schleppend verläuft? Die Studie zeigt ein häufiges Problem bei Großprojekten: Noch während der Umsetzungsphase werden Änderungen und Erweiterungen eingeführt. Der „eGovernment Monitor“ zeigt, dass die Politik ständig Regeln hinzufügt, die in die Standards eingefügt werden sollen – seien es Sonderregeln für die Parkraumbewirtschaftung von Polizeikräften oder QR-Codes, die manuell aufgeklebt werden müssen.
Die Unterschiede zwischen den Bundesländern sind mit neun Prozentpunkten vergleichsweise gering. Bei einem Mittelwert von 65 Prozent beurteilen die Bürger das Online-Angebot ihrer Kommune in fast allen Bundesländern ähnlich gut. Trotz seiner vergleichsweise hohen Nutzungszahlen belegt Berlin jedoch bei der Zufriedenheit den letzten Platz.
Digitale Verwaltung in Berlin
Insbesondere in der deutschen Hauptstadt scheint es, als würde die Digitalisierung eine Erreichbarkeit der Amtsvertre-
ter erschweren. Das Telefon klingelt ins Leere, eMails an verantwortliche Stellen – selbst an das Digital Office des Landes Berlin oder das Staatssekretariat für Digitales und Verwaltungsmodernisierung – werden offenbar nicht beantwortet: Es scheint, die Digitalisierung der Behörden muss dringend mit einer Verbindlichkeit und personellen Verantwortung gekoppelt werden, wenn sie erfolgreich sein soll.
Der Berliner Senat hat im Juli 2023 den vierten Umsetzungsbericht zum eGovernment-Gesetz Berlin und den Zukunftsbericht zur Informations- und Kommunikationstechnik beschlossen. Martina Klement, die Staatssekretärin für Digitales und Verwaltungsmodernisierung, kommentierte den Bericht in einer Pressemitteilung: „Wir konnten die Fortschritte der Digitalisierungsmaßnahmen im vorliegenden Bericht noch detaillierter darstellen.“
Mit vier Handlungsfeldern und fünf Querschnittsthemen will Rheinland-Pfalz die Digitalisierung voranbringen. „Wir wollen noch digitaler werden, um Teilhabe für alle zu ermöglichen“, erklärte Ministerpräsidentin Malu Dreyer. Um den Fortschritt der Digitalstrategie messbar, transparent und steuerbar zu machen, wird ein zentrales Monitoring der Digitalisierungsvorhaben aller Ministerien eingerichtet.
Lagebild der digitalen Gesellschaft
Ein umfassendes Lagebild der digitalen Gesellschaft in Deutschland zeichnet die Studie D21-Digital-Index, die vom Marktforschungsinstitut Kantar für die Initiative D21 erhoben sowie vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert wird. Mit der aktuellen Studie 2022/2023 wurde ein digitalpolitisches Monitoring zu fünf gesellschaftlich relevanten Zielen der Digitalstrategie der Bundesregierung gestartet.
„Ein Großteil der Bevölkerung gehört mit soliden Kompetenzen zur digitalen Mitte“, erklärte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. Der Digitalisierungsgrad der deutschen Gesellschaft liegt bei einem Wert von 57 von 100 möglichen Punkten. Für die Mehrheit der Bürger ist Digitalisierung ein fester Bestandteil des eigenen Lebens. 55 Prozent gehören zur digitalen Mitte, 30 Prozent sogar zu den digitalen Profis. Nur 15 Prozent zählen zu den digitalen Vermeidern. Vor allem Frauen, Menschen der älteren Generation und Menschen mit niedriger formaler Bildung laufen Gefahr, den digitalen Anschluss zu verlieren. [ dlu ]