Leitungsnetze sind Lebensadern
IAB-Institut erforscht Möglichkeiten zur Effektivitätssteigerung der Leitungen durch Sanierung
Die ältesten Überlieferungen über Leitungssysteme stammen aus Ägypten etwa 1300 Jahre vor Christus. Diese Leitungen dienten zur Wasserversorgung von größeren Siedlungen. Auch in Mesopotamien wurde lange vor Beginn der christlichen Zeitrechnung ein langer Aquädukt gebaut. Mit der Entstehung von Städten wurde eine gesicherte Wasserversorgung für die Bewohner existenziell. Auch in der Landwirtschaft spielten Leitungsnetze zur Bewässerung beziehungsweise zur Melioration eine große Rolle. Mit der technischen Entwicklung entstanden immer größere Leitungsnetze und die Palette der darin transportierten Medien erweiterte sich. So wurden die Leitungsnetze nicht nur mehr zum Transport von Wasser und Abwasser genutzt, sondern auch zur Energieversorgung und Nachrichtenübermittlung.
Um den heutigen Ansprüchen im urbanen Raum gerecht zu werden benötigt man eine funktionierende Infrastruktur. Dazu gehören alle Medien der stadttechnischen Infrastruktur wie Wasser und Abwasser, der Bereich der energetischen Versorgung wie Gas, Fernwärme und Strom. Ein wichtiger Bestandteil in unserer neuen Welt sind auch die Kommunikations- und Steuerkabeltrassen. Mehr und mehr werden Versorgungsleitungen auch für die Mobilität unserer Gesellschaft erforderlich. So sind neben den signaltragenden Leitungen für Ampeln, Schranken und anderen verkehrsregelnden Einrichtungen auch Leitungen für die Versorgung der E-Mobilität erforderlich. All diese Leitungsnetze müssen in die stadttechnische Infrastruktur integriert sein. Sie müssen technisch funktionsfähig, in einer koordinierten Belegung in den unterirdischen Bauraum eingeordnet und vor Allem eins sein: in Kapazität, Lage und Sicherheit den jeweiligen gesellschaftlichen Anforderungen entsprechend.
Aufgrund ihrer Lage im Untergrund und ihrer normativen Nutzungsdauer sind Leitungsnetze als langlebige Einrichtungen zu betrachten, welche oft über mehr als eine Generation ihre Zwecke erfüllen sollen. Damit hat die Gesellschaft bei der Planung und beim Bau solcher Leitungsnetze eine hohe Verantwortung. Die Leitungen sind so zu dimensionieren, dass sie den Anforderungen über eine lange Liegezeit entsprechen und technischen, wirtschaftlichen aber auch klimatischen und demographischen Entwicklungen standhalten.
In Deutschland gibt es zur öffentlichen Abwasserbeseitigung ein Kanalnetz von cirka 580.000 Kilometern Länge. Für die Wasserversorgung stehen im öffentlichen Bereich etwa 530.000 Kilometer Leitungslänge zur Verfügung. Die anderen Medien stehen diesen Ausmaßen nicht nach. Insgesamt stellt somit das öffentliche Leitungsnetz das höchste Anlagevermögen dar. Dazu kommen noch die Leitungslängen, welche sich nicht im öffentlichen Bereich befinden.
Der Tief- und Rohrleitungsbau bildet die Voraussetzung für eine funktionierende Infrastruktur. Um die Effektivität der Netzerweiterung und -verdichtung zu erhöhen und die Restnutzungsdauer von Leitungen durch Sanierung zu verlängern, machen sich neue Entwicklungen erforderlich. So arbeiten heute Wissenschaftler des IAB-Institut für Angewandte Bauforschung Weimar gGmbH an der Entwicklung neuer Rohrwerkstoffe und neuer Rohrformen. Ebenfalls sind neue Methoden der Sanierung Inhalt dieser Forschungen.
Bei den Arbeiten werden aber vorrangig die Aspekte der Nachhaltigkeit der Leitungsnetze berücksichtigt. So werden Forschungen zur flexibleren Anpassung der Netze an demographische und klimatische Veränderungen genauso vorangetrieben, wie die Befähigung der Leitungsnetze für zusätzliche Nutzungen, zum Beispiel für die Abwasserwärmenutzung oder die Gewinnung von geothermischer Wärme aus Altrohleitungen.
Mit der Erforschung bionischer Ansätze im Leitungsbau lassen sich zum Beispiel durch die Schaffung von Innenstrukturen in den Rohren bessere Bedingungen für den Sedimenttransport schaffen oder aber auch Konstruktionen aus der Natur für technische Ausrüstungen und Geräte, wie für Strömungswächter nutzen. Für die Wissenschaftler des IAB Weimar steht auch die Qualitätskontrolle im Tief- und Rohrleitungsbau auf der Agenda, da diese eine große Rolle für nachhaltige Netze mit langer Lebensdauer spielt. Auf dem Prüfstand stehen Fügetechniken und neue Verdichtungsverfahren ebenso wie neue Inspektionstechniken und Monitoringverfahren.
Zur Erweiterung und den Neubau von Netzen werden selbstregulierende und lernende Armaturen und Regeleinrichtungen entwickelt, um die Leistungsfähigkeit und Flexibilität entsprechend beeinflussen zu können. Für die effektive Betreibung von Leitungsnetzen werden aber auch so alltagsnahe Themen wie der Zerfall von Feuchttüchern in der Kanalisation untersucht beziehungsweise umweltschonendere Möglichkeiten zur Bekämpfung von Ratten erforscht.
Zukünftige Forschungsaktivitäten werden sich der Erneuerung, Sanierung und Verdichtung von Infrastrukturnetzen widmen. Diese Aktivitäten dienen der Erhöhung der Effizienz und der Flexibilität der Netze sowie der Erhöhung der Wirtschaftlichkeit mit dem Ziel der Schonung von Ressourcen.
Mit einer intakten Infrastruktur werden auch zukünftig die Ver- und Entsorgungsaufgaben im Lebensalltag und in Industrie und Gewerbe mittels der als Lebensadern fungierenden Leitungsnetze zu bewerkstelligen sein.