Damit Senioren weiterhin gefahrlos am Straßenverkehr teilnehmen können, müssen Straßen übersichtlich angelegt und komplexe Kreuzungen vereinfacht werden.

Damit Senioren weiterhin gefahrlos am Straßenverkehr teilnehmen können, müssen Straßen übersichtlich angelegt und komplexe Kreuzungen vereinfacht werden.

28. März 2022

Sicherheit für Senioren zahlt sich für alle aus

Tipps für kommunale Entscheidungsträger

Ob mit dem eigenen Auto, mit dem Fahrrad oder zu Fuß: Senioren werden immer mobiler und nehmen teils bis ins hohe Alter auf verschiedene Art am Straßenverkehr teil. Damit tragen sie ein im Vergleich zu jüngeren Menschen deutlich erhöhtes Unfallrisiko. Für die kommunale Infrastruktur gilt aus Sicht der DEKRA Unfallforschung: Wer in die Sicherheit für ältere Menschen investiert, hilft auch allen anderen Gruppen.

„Was für Seniorinnen und Senioren hilfreich ist, schafft auch insgesamt mehr Sicherheit“, so Unfallforscher Markus Egelhaaf. „Ein alter Mensch mit Rollator hat oft die gleichen Probleme wie etwa jemand mit Kinderwagen. Wer – egal in welchem Alter – ein bestimmtes körperliches Handicap hat, ist langsamer zu Fuß, genauso wie viele Seniorinnen und Senioren. Nachlassende Hör- und Sehfähigkeit im Alter entspricht vergleichbaren Einschränkungen durch Krankheit oder Behinderung in anderen Altersgruppen. Unter dem Strich: Die Schaffung seniorengerechter Infrastruktur ist ein Ziel, das die Verkehrssicherheit als Ganzes voranbringt.“

Das zunehmende Risiko in höherem Alter hat unterschiedliche Ursachen: nachlassende körperliche und kognitive Leistungsfähigkeit, oftmals Medikamenteneinfluss oder auch die höhere Vulnerabilität. „Der natürliche Alterungsprozess bedingt für Seniorinnen und Senioren ein deutlich höheres Risiko, bei gleichem Unfallgeschehen schwerere Verletzungen zu erleiden als jüngere Menschen“, erläutert der Unfallforscher den Fachbegriff.

Worauf ist aber bei einer seniorengerechten kommunalen Infrastrukturgestaltung zu achten? Für den Experten muss diese Frage aus unterschiedlichen Perspektiven beantwortet werden – je nachdem, wie die Älteren am Verkehr teilnehmen.

„Die Analyse der amtlichen Unfallstatistik zeigt: Wenn ältere Menschen mit dem eigenen Pkw unterwegs sind, besteht immer dann ein erhöhtes Unfallrisiko, wenn sie in komplexe Verkehrssituationen geraten“, sagt Markus Egelhaaf. „Wenn Kreuzungen unübersichtlich sind, die Beschilderung verwirrend ist, zu viel auf einmal wahrgenommen und verarbeitet werden muss, dann tun sich ältere Menschen deutlich schwerer als jüngere – und verursachen in diesen Situationen häufiger Unfälle.“

Nichts ist für ältere Menschen schöner als bis ins hohe Alter unabhängig und mobil zu sein.

Nichts ist für ältere Menschen schöner als bis ins hohe Alter unabhängig und mobil zu sein.

Mit Blick auf die Infrastruktur muss die Zielrichtung deshalb sein, die Komplexität möglichst zu minimieren – etwa durch eindeutige, möglichst selbsterklärende Verkehrsführung, durch klare Fahrbahnmarkierung in Kreuzungsbereichen und indem man darauf achtet, nur so viele Verkehrszeichen aufzustellen wie nötig. Außerdem sollten Entscheider beim Thema Stadtmöblierung darauf achten, dass Werbetafeln und ähnliches für Verkehrsteilnehmer nicht die Sicht behindern. Und: Für die Verkehrssicherheit ist oft eine zusätzliche Ampel ein Gewinn – klarer lässt sich eine Kreuzung kaum regeln.“

Für Senioren zu Fuß sind Kreuzungs- und Querungsbereiche so zu gestalten, dass möglichst wenige Konfliktsituationen mit Fahrzeugen entstehen, sagt der Experte und nennt ein Beispiel: „Wenn abbiegende Fahrzeuge Grün haben und auf den entgegenkommenden Verkehr sowie querende Fußgänger achten müssen, entstehen mehr gefährliche Situationen, als wenn die Fahrzeuge noch bei Rot warten müssen, solange die Fußgänger Grün haben.“ Auch baulich können Querungsstellen sicherer gemacht werden: mehr Fußgängerampeln und Zebrastreifen, Verkehrsinseln zur Querungshilfe, Ausbuchtungen, Gehwegabsenkungen zur Verringerung von Barrieren. „Man muss sich aber auch bewusst sein, dass die Nullabsenkung wiederum für Sehbehinderte ein Problem darstellen kann. Hier müsste dann die Blindenleitlinie zum Einsatz kommen.“

Zu Fußgängerampeln hat der Unfallforscher zwei klare Empfehlungen: Die Räumzeiten müssen lang genug sein, damit auch langsamere Fußgänger ohne Gefahr die Fahrbahn queren können. Und alle Fußgängerampeln sollten rund um die Uhr als Anforderungsampeln funktionieren. „Am Wochenende die Fußgängerampel vor dem Altenwohnzentrum abzuschalten, ist aus Perspektive der Sicherheit ein Unding.“

Immer mehr Senioren sind mit dem Zweirad unterwegs – der Pedelec-Boom wird wesentlich von den höheren Altersgruppen getragen. „Die kommunale Radinfrastruktur sollte für die höheren Geschwindigkeiten von Pedelec-Fahrerinnen und -Fahrern, aber auch für die relative Unerfahrenheit der älteren Altersgruppen ausgelegt sein. Eine 75-Jährige, die zum ersten Mal seit Jahren wieder aufs Rad steigt, und das mit elektrischer Unterstützung, hat andere Voraussetzungen als ein junger, sportlicher Fahrradpendler.“ Konkret: Radwege müssen vor allem breit genug sein und die Differenzgeschwindigkeiten sollten dort, wo sich unterschiedliche Verkehrsteilnehmer begegnen, verringert werden. „Die Geschwindigkeit des Kraftverkehrs innerorts zu reduzieren, ist nicht nur für Rad- und Pedelecfahrer, sondern auch für Fußgänger ein Sicherheitsgewinn“, plädiert der Unfallforscher für mehr Tempo 30.

Gerade für Senioren kann auch der Öffentliche Nahverkehr ein wichtiger Baustein für die Mobilität sein. „Wer ältere Menschen aus Sicherheitsgründen vom Autofahren abbringen möchte, der muss eine taugliche Alternative schaffen“, sagt Egelhaaf. Das heißt: Der ÖPNV muss möglichst barrierefrei sein. Das gilt für Busse und Straßenbahnen, aber auch zum Beispiel für den Nahverkehrszug mit Fahrrad-Abteil. „Es bringt einem alten Menschen nichts, wenn er sein Pedelec im Zug mitnehmen könnte, es dafür aber erst drei Stufen nach oben in den Zug schaffen soll“, macht der Experte klar.

Und auch im ländlichen Raum braucht es aus seiner Sicht Mobilitätsangebote für Senioren, die nicht mehr selbst Auto fahren. „Wenn der Schüler- und Pendlerbus einmal am Morgen und einmal am Abend ins Dorf kommt, ist das für Renterinnen und Rentner kein attraktives Angebot. Damit bekommt man sie nicht dazu, das eigene Auto abzuschaffen.“

Und eines darf man aus Sicht des Experten auf keinen Fall vergessen: „Mobilität ist eine Frage der gesellschaftlichen Teilhabe. Auch wenn der Verkehr am sichersten wäre, wenn wir alle zu Hause bleiben – das ist keine Option. Nicht für die Jungen und auch nicht für die Alten.“

Senioren sind heutzutage bis ins hohe Alter aktiv und sehr selbstständig. Daher ist es wichtig, in Kommunen für sie eine sichere Infrastruktur zu sorgen, damit sie ihr Leben möglichst unabhängig führen können.

Senioren sind heutzutage bis ins hohe Alter aktiv und sehr selbstständig. Daher ist es wichtig, in Kommunen für sie eine sichere Infrastruktur zu sorgen, damit sie ihr Leben möglichst unabhängig führen können.


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