Die Karriere des Scheiterns wird im Keim erstickt
Der Einsatz von Sozialarbeitern in Kitas und Grundschulen ist nach dem Pirmasenser Modell zum Nachahmen geeignet
Schulsozialarbeit hat sich an weiterführenden Schulen etabliert und bewährt. Vor acht Jahren hat Pirmasens zudem Grundschul-Sozialarbeiter installiert, um den Einstieg zur Unterstützung sozial benachteiligter Familien vorzuverlegen. Mehr als das sollten die niederschwelligen Beratungs- und Betreuungsleistungen noch früher ansetzen, um möglichst viele Kinder in die Kitas zu bekommen – wo sie Bildung und Sozialisation erfahren, die ihren Übergang an die Grundschule erleichtern.
So entstand in Pirmasens als landesweites Novum im April 2021 der Kita- und Grundschul-Sozialarbeiter in Personalunion. Das Konzept wurde zunächst in zwei Sozialräumen umgesetzt. Oberbürgermeister Markus Zwick beschreibt das Ziel: „Die Zukunftschancen für Kinder nachhaltig zu verbessern, gehört zu den zentralen kommunalen Aufgaben. Wir wissen, dass jeder einzelne gelöste soziale Problemfall meist viele andere im Umfeld verhindern kann. Fehlentwicklungen müssen daher möglichst früh angegangen werden. Der Lückenschluss am Übergang von Kita zur Schule fügt sich in die Pirmasenser Tradition ein, Blaupausen zu schaffen, wo es keine gibt.“
Niederschwellige Kommunikation auf Augenhöhe
Im Zuge des Pilotprojekts wurden zwei neue Stellen für Kita-Sozialarbeiter geschaffen. Es formierten sich in Kombination mit zwei vorhandenen Grundschul-Sozialarbeitern zwei Tandems zum Einsatz in den Stadtteilen Horeb und Winzler Viertel. Diese sind ständig in den Quartieren als Ansprechpartner präsent und schreiten bei offenbar werdenden Problemfällen ein. Und das mit hohen Synergien. Für beide Einrichtungstypen nämlich ist Marko Burkhart im Stadtteil Horeb mit seinen zwei Grundschulen und drei Kitas zuständig und ansprechbar. „Zuständigkeitsgrenzen fallen so weg, die Gefahr verringert sich deutlich, dass Familien aus dem Radar geraten“, so Burkhart.
Er steht in regelmäßigem Kontakt mit Erziehern sowie Lehrern und Leitern der Einrichtungen, wo Büros für Sprechstunden zur Verfügung stehen und er bei Bedarf zu Elterngesprächen hinzugezogen werden kann. Weil er täglich im Quartier unterwegs ist, kennt er die meisten Familien und Kinder, etwa über zurückliegende Betreuungen von Geschwistern. „Der Weg in die Familien zur Kommunikation auf Augenhöhe wird kürzer und einfacher“, betont Burkhart. Als wertvoll beschreibt er die enge Kooperation mit Netzwerkpartnern wie Familienzentrum Aufwind, Pakt für Pirmasens, Lern- und Spielstube, Caritas und Johanniter, aber auch Stadtwerke und Einwohnermeldeamt.
Kita- und Grundschulsozialarbeiter in Personalunion: Das Pirmasenser Modell ermöglicht, die Übergänge vom bloßen Zu-Hause-Sein in die Kita und von dort in die Grundschule als potenziell kritische Lebenssituationen zu begleiten. Davon profitiert auch die Stadtgesellschaft, da jede Karriere des Scheiterns meist immense Mittelaufwendungen nach sich zieht. Die Effekte mögen sich (noch) nicht in Zahlen bemessen lassen. Dennoch sind die Verantwortlichen vom Erfolg überzeugt und sehen den Bedarf, das mittlerweile auch von anderen Kommunen verfolgte Konzept weiter auszurollen.