Fachkräfte sind besonders gefragt. Das spüren auch Stadt- und Gemeindeverwaltungen.

Fachkräfte sind besonders gefragt. Das spüren auch Stadt- und Gemeindeverwaltungen.

30. November 2023

Bewerben beim Bewerber

Der Konkurrenzkampf um Talente weitet sich auf öffentliche Einrichtungen aus / Von positiven Beispielen lässt sich viel lernen

Der Fachkräftemangel bremst die wirtschaftliche Entwicklung. Zudem reduzieren Städte die Betreuungszeiten bei Kita oder Kindergarten und nehmen arbeitenden Eltern die Flexibilität, ihre Arbeitszeiten auszudehnen. Da bleibt Arbeitgebern nicht mehr viel übrig, als sich bei der Suche nach neuen Arbeitskräften möglichst gut darzustellen. Denn die aktuelle Situation am Arbeitsmarkt stellt den bisher üblichen Prozess auf den Kopf. Im Gespräch mit dem Bewerber muss der Arbeitgeber seinen Stern leuchten lassen, um den potenziellen Mitarbeiter von sich zu überzeugen.

Arbeitskräfte sind gesucht – von der ungelernten Kraft bis zum Akademiker. Kommunen, öffentliche Verwaltung, soziale Arbeit und Stadtwerke müssen sich anstrengen, wenn sie das gewohnte Leistungsniveau erhalten wollen.

Das Ende der Spirale ist nicht in Sicht: „Der Fachkräftemangel wird sich sehr viel stärker zuspitzen“, befürchtet Lutz Stratmann, Geschäftsführer der Demografieagentur. Wenn in den nächsten drei Jahren beispielsweise in Niedersachsen nahezu ein Drittel der Beschäftigten im öffentlichen Dienst in den Ruhestand wechselt, dann wachsen die Löcher bei der Stellenbesetzung. Schon jetzt kann kaum eine Verwaltung alle wichtigen Positionen besetzen, mahnt das Institut aus Hannover, das bundesweit aktiv ist.

Umdenken heißt die Devise: Wie können Ämter oder Stadtwerke als Arbeitgeber attraktiv werden? Die Demografieagentur unterstützt bei der Analyse der spezifischen Probleme. Sie kümmert sich neben der Anziehungskraft auf neue Mitarbeiter auch um das vorhandene Potenzial, indem Arbeitsprozesse optimiert werden. Digitalisierungsprozesse und Unterstützung durch künstliche Intelligenz helfen dabei, bestimmte manuelle Tätigkeiten entbehrlich zu machen.

So hat die Energiewende keine Chance auf Umsetzung, wenn von den Ämtern keine Genehmigungen erteilt werden. „Sie brauchen eigentlich mehr Personalressourcen“, zeigt Stratmann das Dilemma auf, aber schon jetzt fehlen Sachbearbeiter, ohne dass Hoffnung auf neue Mitarbeiter besteht. Der Wettbewerb spitzt sich zu und führt teils schon zur Kannibalisierung zwischen öffentlichen und privaten Arbeitgebern. Da ist es wichtig, dass die öffentliche Hand attraktivere Arbeitsbedingungen schafft. Eine wertschätzende und mitarbeiterorientierte Arbeitskultur wird zum entscheidenden Faktor.

„Viele Gemeinden kümmern sich bereits um die Lösung dieses Problems“, hat Stratmann erfahren. Allerdings sieht er auch die großen Hürden, die übersprungen werden müssen. „Die meisten schaffen das alleine nicht“, befürchtet er. Zur Unterstützung ist die Demografieagentur gemeinsam von allen Sozialpartnern gegründet worden. Zwar gibt es keine Patentlösung für alle, aber nach einer organisationsspezifischen Betrachtung werde deutlich, wo der größte Handlungsbedarf besteht und wo die Prioritäten gesetzt werden müssen.

Besonders in Kitas und Kindergärten sind Mitarbeiter für die Betreuung von Kindern gefragt.

Besonders in Kitas und Kindergärten sind Mitarbeiter für die Betreuung von Kindern gefragt.

Die Region attraktiv machen

Arbeitskräfte aus dem Ausland werden als eines der praktikablen Mittel betrachtet, um den Mangel in Deutschland zu lindern. Dafür sind vor einem Jahrzehnt „Welcome Center“ in Baden-Württemberg geschaffen worden. Das Welcome Center Schwarzwald-Baar-Heuberg wird in Kooperation von der Wirtschaftsförderung Schwarzwald-Baar und der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg betrieben und vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg gefördert. „Wir arbeiten branchenübergreifend und beziehen beispielsweise auch Handwerk und Pflege ein“, berichtet Ramona Shedrach, die die Einrichtung der Wirtschaftsförderung Schwarzwald-Baar-Heuberg und der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg berät.

„Gemeinsam müssen wir die Region attraktiv machen“, fordert Shedrach alle Beteiligten auf. Dazu sollen Kommunen und Unternehmen beispielsweise offener für Menschen aus anderen Ländern werden.

Eine Stärkung der Willkommenskultur geht auch mit der Unterstützung bei der sozialen Integration einher. Dafür gibt es bereits einige Beispiele: „Unternehmen machen soziale Events, man kümmert sich um Wohnraum und unterstützt sich gegenseitig“, schildert Shedrach ihre Beobachtungen. In der Summe ist es noch zu selten, aber es hilft einer Region, attraktiv zu bleiben. Wie im Pflegebereich generell ist der Mangel auch im Hotel- und Gastrobereich sehr groß, obwohl bereits viele Anstrengungen unternommen wurden, die Lücke zu schließen. Die Hürden im Fachkräfte-Einwanderungsgesetz sind hoch, das Prozedere ist oft langwierig – nicht zuletzt wegen des steigenden Personalmangels in Botschaften und Institutionen.

Zu den Problemen gehören häufig die Sprachkenntnisse. Es wird verschärft durch fehlende Personen, die einen Sprachkurs geben. Deutlich wird es derzeit bei Geflüchteten aus der Ukraine, die zwar häufig mit hoher Ausbildung kommen, aber neben der Sprache auch auf reglementierte Berufe stoßen, die ihnen den einfachen Einstieg verwehren. Faktoren wie die Kinderbetreuung, die selbst in ländlichen Gebieten nicht überall gewährleistet ist, behindern ebenfalls eine Arbeitsaufnahme.

Neue Wege gehen

Gute Erfahrungen hat das Welcome Center mit dem frühen Einstieg in Aktivitäten gemacht. Deshalb wird nach Interessenten gesucht, die ihre Ausbildung in Deutschland machen. Derzeit läuft ein Projekt mit Indonesien, das Jugendlichen die Chance bietet, ihre Ausbildung in Deutschland zu machen und damit den Problemen der Berufsanerkennung aus dem Weg zu gehen. Viele Informationen bietet aus Shedrachs Sicht auch die Seite „Make it in Germany“ (www.make-it-in-germany.com/de), ein Portal der Bundesregierung, das seit zehn Jahren Fachkräften aus dem Ausland hilft.

Während Kommunen wie Tübingen, Schorndorf oder Kandern die Öffnungszeiten für Kinderbetreuung einschränken, weil nicht genügend Erzieher vorhanden sind, punkten manche Stadtwerke durch unorthodoxe Aktionen. „Schluss mit dem BewerbungsBLABLA“ hinterfragt die traditionellen Phrasen bei Bewerbungsgesprächen auf ironische Weise. Das Stadtwerk, das vor einem Jahrzehnt gegründet wurde, stellt sich selbst als Bewerber bei den potenziellen Mitarbeitern vor, die ihre Arbeitskraft geben sollen – Arbeit-Geber im umgekehrten Sinn. Die Kampagne wurde in den sozialen Netzwerken zum Erfolg. Die Bewerberzahlen stiegen deutlich, teilweise um ein Drittel, wie es aus der Unternehmenskommunikation heißt.

Ohne soziale Medien geht nichts mehr – schon gar nicht die Ausschreibung von Stellen. Diese Tatsache müssen Arbeitgeber berücksichtigen.

Ohne soziale Medien geht nichts mehr – schon gar nicht die Ausschreibung von Stellen. Diese Tatsache müssen Arbeitgeber berücksichtigen.

Einfach mal bewerben

Dabei ist die Selbstdarstellung als idealer Arbeitgeber in Zeiten von New Work die eine Seite. Ebenso entscheidend für die Rekrutierung neuer Mitarbeiter ist es, unkomplizierte Bewerbungsmöglichkeiten bereitzustellen. Insbesondere der Erstkontakt sollte stark vereinfacht werden. Da liegt es nahe per Chat auf die Zielgruppe zuzugehen. Der Erfolg kommt als Bewerbung: „Wir erhalten vier bis sechs Mal so viele Bewerbungen wie zuvor“, erklärt Beatrix Dammert vom Caritasverband Schwarzwald-Baar, die sich mit der „Einfach bewerben GmbH“ aus Villingen-Schwenningen auf neue Wege eingelassen hat. Geschäftsführer Peter Bürk sieht es mit Blick auf die jüngere Generation als entscheidend an, aktiv auf Talente zuzugehen und diese durch den Bewerbungsprozess zum Stellenantritt zu führen.

Denn „für einen größer werdenden Teil der jungen Generation kommt es nicht mehr in Frage, sich auf langwierige, analoge Bewerbungsprozesse einzulassen“, erläutert Bürk das Konzept. Ist der Aufwand zu hoch, dann brechen viele den Prozess ab oder verzichten von vorneherein darauf. „Arbeitgeber sollten daher ihre bisherige Vorgehensweise auf den Prüfstand stellen und insbesondere den Erstkontakt so unkompliziert wie möglich gestalten“, rät Bürk.

Die jüngeren Generationen, oft mit Y und Z bezeichnet, werden den Wandel der Arbeitswelt maßgeblich gestalten. Vertreter dieser Generationen zeichnen sich durch eine neue Haltung zum Thema Arbeit aus, analysiert Bürk. „Vertreter dieser Generationen verfolgen eine klare Grenzziehung, die im Begriff Work-Life-Balance zum Ausdruck kommt – und bloß nicht zu viel Zeit im Büro verbringen.“ Schließlich kommt es darauf an, aktiv auf Talente zuzugehen und entlang des Bewerbungsprozesses eine Bindung zu ihnen aufzubauen, die direkt oder zu einem späteren Zeitpunkt zum Stellenantritt führt. „All diese Punkte machen den modernen Recruiting-Prozess zu einer Herausforderung, deren Bewerkstelligung übermäßig viele Ressourcen in Anspruch nehmen kann.“ Bürk rät deshalb, auf Softwarelösungen zu setzen, um Bewerbungsverfahren auf ein zeitgemäßes und effizientes Level zu heben.

Soziale Medien sind Pflicht

Etwa zwei Drittel der Unternehmen verzeichnen einen steigenden Personalbedarf. Das Recruiting läuft auf Hochtouren. 7,3 Millionen Stellen schrieben Arbeitgeber im ersten Halbjahr 2023 aus. Personaldienstleistungen veröffentlichten insgesamt 2,6 Millionen Stellenangebote. Am häufigsten gesucht wurden Handwerker und Bauarbeiter – sie konnten sich auf 1,5 Millionen Stellen bewerben. Regional gesehen gab es in Nordrhein-Westfalen das größte Stellenangebot (1,4 Millionen Positionen). Im Städteranking führt Berlin mit 469.000 inserierten Jobs. Das sind die zentralen Ergebnisse der jüngsten Stellenmarkt-Auswertung der Berliner Personalmarktforschung Index Research.

Um diesen Bedarf zu befriedigen, sieht jeder zweite Verantwortliche im Personalbereich Social-Media-Recruiting als wichtigsten Trend, wie aus dem Index Recruiting Report 2022 hervorgeht. In diesem Wettbewerb „müssen Kommunen offensiv werben“, betont Stefan Hackel von der Index-Gruppe. Sie müssen ihre Region gut präsentieren und zeigen, wie hoch die Lebensqualität ist. Eine ausreichende Zahl von Kindergartenplätzen gehört zum Stichwort Familienfreundlichkeit. „Kommunen müssen bei dieser Konkurrenz selbstbewusster werden.“
Das betrifft nicht nur Kommunen, auch die IHK Berlin hat ein eigenes Ausbildungsportal „Ausbildung.Berlin“ eingerichtet. Dort können Interessenten alle öffentlich ausgeschriebenen Ausbildungsplätze gesammelt finden.

Auch kleinere Kommunen greifen inzwischen zu regionalen Stellenbörsen, wie die Region bayerischer Untermain es getan hat. „Vom Volumen her ist die klassische Stellenanzeige immer noch das Recruiting-Instrument Nummer eins“, berichtet Hackel. Die Anzeige sollte unbedingt mit Foto und einer Aufzählung der Benefits verbunden sein, um aus der Masse hervor-
zustechen.

„Es reicht jedoch schon lange nicht mehr, auf die eigene Karriereseite zu verlinken und seine Stellen auf Jobbörsen zu veröffentlichen. Auf diesen Wegen erreichen Unternehmen nämlich nur Menschen, die aktiv nach einem neuen Job suchen“, sagt Hackel.

Es komme grundsätzlich immer auf die Zielgruppe an. Unternehmen müssen die gewünschten Fachkräfte auf Kanälen ansprechen, die sie häufig frequentieren. Mit Blick auf die jüngere Zielgruppe seien das ganz klar die sozialen Medien. Auf Instagram, TikTok & Co. können Firmen auch passiv Jobsuchende auf sich aufmerksam machen. Also Menschen, die nicht direkt nach einer neuen Stelle Ausschau halten, aber grundsätzlich offen für eine neue berufliche Herausforderung sind. Denn öffentliche Einrichtungen haben „das verstaubte Image zu Unrecht“, betont Hackel. Weder bei Karriere noch bei Gehalt liegen sie immer hinten. Dafür bieten sie die Chance, etwas für das Gemeinwohl zu tun oder eine sinnstiftende Tätigkeit auszuüben. Allerdings müssen Kommunen ihre Vorteile und Attraktivität besser ausspielen und darstellen. Da können Personaldienstleister große Unterstützung bieten. [ dlu ]

 

Tipps für modernes Recruiting:

Neue Strategien für die Rekrutierung von Mitarbeitern helfen bei der Gewinnung von Talenten:

  • Recruiting-Integration auf der Website und Erstellung von KarriereWebsites: sich als attraktiver Arbeitgeber präsentieren und die eigene
    Website effektiv in den Bewerbungsprozess einbinden.
  • Erstellung der Online-Stellenanzeige: aufbereitet für mobile Endgeräte,  Social Media und Google Jobs.
  • Konfiguration des Chat-Bewerbungsprozesses: Bewerbern den einfachen Erstkontakt aus jeder Situation heraus ermöglichen und aussagekräftige Daten auch ohne Unterlagen erhalten.
  • Einrichtung des Bewerbermanagements: direkt mit Bewerbern kommunizieren und  Ordnung sowie Geschwindigkeit in den Personalauswahlprozess bringen.
  • Social Media Kampagne: Stellenzeigen mit effizientem Targeting auf  Facebook, Instagram, Linkedin nutzen.

 

 

Weitere Adressen:

Demografieagentur für die Wirtschaft GmbH
Tel. :+49 511 16 990-900
info@demografieagentur.de
www.demografieagentur.de

 

index Agentur für strategische Öffentlichkeitsarbeit und Werbung GmbH
Tel.: +49 30 39088-0
info@index-hr.de
https://hr-marketing.index.de www.index.de

 

Welcome Center Schwarzwald-Baar-Heuberg
c/o IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg
Tel.: +49 7721 6973 25-2
welcome@wifoeg-sbh.de
www.welcome-sbh.de


Ah&Oh – the digital easy

Rietstraße 14
78050 Villingen-Schwenningen

Tel. +49 7721 9938 890
E-Mail. hello@ah-oh.com
Web. www.ah-oh.com

17. April 2024


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