Der Schlüssel zur Energiewende: die Speicher
Nur mit langlebigen Energiespeichern kann der Sprung zur Klimaneutralität gelingen / Nicht entflammbarer Elektrolyt
Der Erfolg der Energiewende wird sich über stationäre Speicher entscheiden. Davon sind Experten überzeugt. Denn neues Heizen und Transformation der Mobilität brauchen den Puffer für Zeiten, in denen regenerierbare Energie nicht in genügendem Maß vorhanden ist. Die Pufferspeicher sind erforderlich, um die gefürchteten Überlastspitzen beim Strom zu vermeiden. Das deutsche Startup High Performance Battery spielt dabei eine entscheidende Rolle.
Eine neue Technologie zur Produktion von Batterien mit außergewöhnlichen Eigenschaften kann dem Umweltschutz einen großen Schub geben.
Kommunen müssen wie alle anderen Verbraucher auch ihre Energieerzeugung und -bereitstellung rasch umstellen, um die Transformation zum klimagerechten Handeln zu schaffen. Die Umstellung muss bereits vor Arbeitsbeginn der Mitarbeiter in der Verwaltung greifen: Sie brauchen künftig Ladeplätze für ihre Kraftfahrzeuge, während sie arbeiten. „Da besteht schon ein substanzielles Ausbauproblem“, betont Dr. Sebastian Heinz, Geschäftsführer der High Performance Battery GmbH. In den Gebäuden müssen Strom und Heizung bedient werden. Nicht zuletzt muss die Kommune auch in der Innenstadt für Ladeinfrastruktur sorgen, weil nicht jeder einen Vorgarten hat mit der Möglichkeit, sein E-Fahrzeug zu laden. „Wir müssen in die Lage kommen, dass der Strom ähnlich wie Lebensmittel beim Einkauf verteilt werden kann“, meint Heinz. Er sieht ein unerschöpfliches Feld für kommunale Anbieter, die Energiewende zu managen.
Für diese Herausforderung müssen allerdings wirtschaftliche Lösungen entwickelt werden. Von den stationären Speichern ist Heinz überzeugt. Jedoch haben aktuelle Batterien den Nachteil, dass Lebensdauer und Leitfähigkeit schwach entwickelt sind. Für die Verbesserung dieser schwachen Punkte brauchte es seiner Ansicht nach „nichts weniger als eine überzeugende Chemie und bei Feststoffakkus die Überwindung der Probleme aus der Physik.“
Ursprünglich wollte der Erfinder Professor Günther Hambitzer eine Methode entwickeln, um die Alterung von Batterien zu verlangsamen oder gar zu verhindern. Ein Zufall während der Experimente „brachte uns einen Penicillin-Moment“, freut sich Heinz über den überraschenden Erfolg. Obwohl eine Flüssigkeit in den Reaktor hineingegeben wurde, kam nichts mehr heraus, erzählt er. Die Suche nach dem Grund ergab, dass sich die Substanz an der Innenwand des Reaktors festgesetzt hatte. „Da erkannten wir, dass wir einen Festionenleiter entwickelt haben“, schildert er die Beobachtung.
Die Eigenschaften der Batterie sind „überragend“, sagt er. „Wir haben eine überragende Lebensdauer und hervorragende innere Werte insbesondere bei der Leitfähigkeit und chemischen Robustheit.“ Die gemessenen Daten und Eigenschaften zeigen signifikant bessere Werte und Charakteristika im Vergleich mit üblichen Lithium-Ionen-Batterien. Zudem ist der neuartige Festionenleiter nicht entflammbar.
„Alles Entscheidende findet stationär statt“, betont Heinz im Blick auf Erzeugung, Verbrauch und beispielsweise das Laden von Elektroautos. Mit Pufferspeichern kann man nicht nur die Lastspitzen dämpfen, sondern auch den Eigenverbrauch von selbsterzeugtem Strom erhöhen. „Für diesen Zweck müssen die Batterien allerdings wirtschaftlich attraktiv sein“, erklärt Heinz.
Lebensdauer und Investitionssicherheit
Derzeit behindert die kurze Lebensdauer von Batterien den Durchbruch. Dabei bestimmt die Lebensdauer die Investitionssicherheit. Die entscheidende Frage lautet: Wie viele Ladezyklen hält eine Batterie aus? Während herkömmliche Lithium-Ionen-Batterien nach etwa 1.250 Ladezyklen – bei stündlichem Laden und Entladen – ausgetauscht werden müssen, liegt der HPB-Feststoffakku bei über 12.500 Lade-
zyklen bei vergleichbarer Belastung, erläutert Heinz: „Unsere Batterie ist extrem robust. Wir sind schon jenseits von 12.500 Ladezyklen.“
Ein weiteres entscheidendes Kriterium ist die Leitfähigkeit des Elektrolyten. Sie entscheidet über die Möglichkeit des Schnellladens und auch über das Verhalten bei tiefen oder hohen Temperaturen. „Dabei ist die Leitfähigkeit unseres nicht entflammbaren HPB Festionenleiters auch bei minus 40 Grad Celsius noch besser als bei herkömmlichen flüssigen und entflammbaren Elektrolyten bei plus 60 Grad“, ergänzt Heinz. Derzeit geschieht die Produktion in einer Manufaktur, um die Parameter für die industrielle Fertigung festzulegen. Der Vorteil der HPB-Feststoffakkus ist, dass für ihre Herstellung bekannte herkömmliche Verfahren aus der Lithium-Ionen-Batterieproduktion mit flüssigen Elektrolyten angewendet werden können. In naher Zukunft werden Lizenzen vergeben, damit in sieben Jahren 7,6 Gigawattstunden an Speicher produziert werden können.
Ökobilanzen für Batterien
Ein Speicher besteht aus mehreren Modulen mit je acht Zellen und 50 Amperestunden pro Zelle. Für die erste Produktionslinie werden derzeit die optimalen Bedingungen überprüft. 72 Millionen Euro an Investition sind vorgesehen. Neben dem Aufbau der Pilotfertigungslinie, die in Deutschland entstehen soll, werden Lizenzen weltweit vergeben. Diese werden auch an die Erstellung von Ökobilanzen geknüpft sein, damit Rohstoffe aus der näheren Umgebung des jeweiligen Standorts verwendet werden.
„Einzelaspekte werden zu sehr in den Vordergrund gerückt“, betont Heinz. Wenn bei Elektroautos nur auf Reichweite und Schnellladefähigkeit abgehoben wird, dann wecke dies eine falsche Erwartungshaltung. Nur anhand dieser Punkte zu urteilen, sei „technischer Unsinn“. Stattdessen legt er Wert darauf, „eine Brücke für die Energiewende zu bauen.“ Erst muss geklärt werden, welche Anforderungen Batterien erfüllen müssen, um die jeweilige Anwendung zu unterstützen. Dann kann die technische Innovationskraft genutzt werden, um den Ökostrom, der aktuell häufig abgeregelt wird, nicht ungenutzt zu lassen. [ dlu ]