Bereit für die Unterwelt: Eine Drohne kurz vor ihrem Flug in den Standardschacht, um Beschädigungen im Kanalsystem aufzufinden.

Bereit für die Unterwelt: Eine Drohne kurz vor ihrem Flug in den Standardschacht, um Beschädigungen im Kanalsystem aufzufinden.

22. Februar 2023

Drohnen fliegen auch im Untergrund

Inspektionen mit Flugrobotern erleichtern die Kontrolle in Abwasserkanälen

Laut dem Statistischen Bundesamt ist das bundesdeutsche Kanalnetz 594.335 Kilometer lang. Rund ein Prozent davon werden pro Jahr saniert. Zur Einschätzung, an welchen Stellen und in welcher Höhe Sanierungsbedarf besteht, sind Kanalinspektionen zwingend notwendig. Unter Berücksichtigung der Bedingungen vor Ort ergänzen Drohnen nun den Einsatz herkömmlicher Inspektionstechnik.

Große Bauwerke oder schlecht zugängliche Bereiche sind für TV-Inspektionstechnik nicht geeignet, stellen für Drohnen aber kein Problem dar. Außerdem können Drohnen schon in einem Bereich ab DN 800 eingesetzt werden, in dem herkömmliche Systeme an ihre Leistungsgrenze geraten und eine Begehung zwar theoretisch möglich, aber aus Sicht der Arbeitssicherheit überaus bedenklich ist.

Neben der Inspektion großer Bauwerke oder schlecht zugänglicher Stellen in Kanalsystemen, bewährt sich der Einsatz von Drohnen auch für die Inspektion ständig wasserführender Sammler, beispielsweise im Zulauf einer Kläranlage. Mit herkömmlicher Technik wird die Inspektion mit einer aufwendigen Abwasserüberleitung oder Rückhaltung zu einem mehrtägigen Projekt. Bei sehr hohen Sonderbauwerken könnten zudem Einrüstungen der Bauwerke zur Inspektion notwendig werden. Mit Drohnen wird eine Inspektion ohne Aufwand in wenigen Stunden durchgeführt, denn trotz des vorhandenen Wassers ist es möglich, den Teil des Bauwerks zu betrachten, der oberhalb des Wasserpegels liegt. Auch ermöglichen Betrachtungen zum Strömungsverhalten Einschätzungen zu den Verhältnissen unter Wasser. Aus dieser Gesamtbetrachtung kann die Notwendigkeit weiterer Schritte abgeleitet werden.

Ganz allgemein verringert sich mit dem Einsatz von Drohnen der Arbeitsaufwand erheblich. Im Vorfeld der Befliegung bedarf es deutlich weniger Vorbereitungen als bei herkömmlichen Kanalinspektionen. So sind etwa Spülungen nicht notwendig. Die Absenkung des Wasserspiegels ist sinnvoll, aber nicht zwingend erforderlich. Eventuell notwendige verkehrstechnische Absperrungen im Straßenbereich sind nur für die Dauer der Befliegung erforderlich, die meist jedoch nach einer Stunde abgeschlossen ist.

Begleitendes Monitoring der Drohne ermöglicht eine intensivere Begutachtung möglicher Schadstellen. Mit photogrammetrischen 3-D-Aufnahmen (rechts der Einstiegsschachts eines Regenüberlaufbauwerks) können Beschädigungen und undichte Bereiche leichter aufgefunden werden.

Begleitendes Monitoring der Drohne ermöglicht eine intensivere Begutachtung möglicher Schadstellen. Mit photogrammetrischen 3-D-Aufnahmen (rechts der Einstiegsschachts eines Regenüberlaufbauwerks) können Beschädigungen und undichte Bereiche leichter aufgefunden werden.

Drohnen vereinfachen die Inspektion

Dabei ist die Drohneninspektion denkbar einfach. Beim Vor-Ort-Termin reicht es aus, den in der Projektvorplanung ausgewählten Schacht zu öffnen. Ein Mitarbeiter steuert dann von der Oberfläche aus die Drohne in den Untergrund. Zeitgleich überträgt die Drohne bereits die ersten Bilder. Während das Gerät einen Schacht durchfliegt, überträgt es live die aufgenommenen Videos und Fotos auf den Monitor des Einsatzleiters. Dadurch wird es für die Ingenieure vor Ort möglich, die gesamte Befliegung bereits vor Ort zu verfolgen und bei Bedarf besonders auffällige Stellen einer intensiveren Inspektion durch die Drohne unterziehen zu lassen.

Aus den gesammelten Flugdaten und aus den aufgezeichneten Videos werden standardmäßig Punktwolken erstellt. Diese ermöglichen die Verortung der Videoaufnahmen sowie die Vergleichbarkeit von Inspektionen im selben Bauwerk. Auffälligkeiten und Schäden können dadurch genau lokalisiert und für spätere weitergehende Untersuchungen oder Planungen markiert werden.

Inzwischen können aus den Punktwolken Markierungen und Vermessungen erzeugt und so photogrammetrische Modelle erstellt werden. Das gesammelte Bildmaterial und die Daten werden im Anschluss am Computer ausgewertet. Alle Schäden werden klassifiziert (DWA-M 149-2) und mit Hilfe der Fotos oder Videoaufnahmen hinterlegt und dem Auftraggeber übergeben. Ein Vorteil dieser Arbeitsweise ist die Möglichkeit, auch Jahre später neue Einmessungen aus den Aufnahmen über die Punktwolke vornehmen zu können. Dabei ist eine Übergabe in den gängigen Formaten wie nach dem DWA-M 150 oder ISYBAU möglich. Zukünftig soll KI (künstliche Intelligenz) dieses Vorgehen unterstützen.

Drohnenaufnahme eines Hauptsammlers mit Einbindung

Drohnenaufnahme eines Hauptsammlers mit Einbindung

Drohneninspektionen zur Kontrolle und Prävention

Abplatzungen, Absplitterungen, Undichtigkeit mit Fremdwassereintritt, freiliegende Bewehrung, Haltepunkte oder Überreste vorheriger Bauteile, Rissbildungen in der Kanalwand, fehlende Dichtungen, Muffenschäden – die Liste von Mängeln und Schäden ließe sich beliebig weiterführen. Sichtbare Schadstellen sowie ungewöhnlich anmutende Auffälligkeiten an Schachtwänden oder anderen Stellen von abwassertechnischen Bauwerken können mit einer Drohneninspektion gesichtet, erfasst und klassifiziert werden. Aus diesem Grund eignet sich der Einsatz von Drohnen nicht nur bei geplanten Sanierungen, sondern auch im Rahmen von Kontrollinspektionen zur Prävention.

Ein Blick in die Zukunft lässt vermuten, dass der Einsatz von Drohnen bei Kanalinspektionen erst der Anfang in der Abwasserbranche ist. Zum einen wird die Weiterentwicklung aktueller Drohnensysteme immer wieder Verbesserungen mit sich bringen. Zum anderen ergeben sich damit weitere Einsatzmöglichkeiten.

So kann etwa davon ausgegangen werden, dass zukünftig Künstliche Intelligenz die Auswertung von gewonnenen Ergebnissen unterstützt. Das hätte unter anderem zur Folge, dass die Zustandsbewertung enorm beschleunigt würde. Die Erstellung von 3D Modellen mittels Laserscan von Sonderbauwerken und bald auch von Kanälen gehört mit der neuesten Drohnengeneration bereits zum Leistungsspektrum.

Eine weitere Entwicklung könnten autonom fliegende Systeme sein, die Inspektionen mehrfach ohne direkte menschliche Unterstützung durchführen könnten und so auch unterschiedliche Betriebszustände oder Schadensentwicklungen über längere Zeiträume hin ermöglichen würden.

Dipl.-Ing. Dipl. Umweltwissenschaftler Andreas Obermayer (Technischer Leiter Engineering bei Unitechnics) und Dipl.-Ing. Daniel Mattick (Vertriebsingenieur bei Unitechnics)

Drohnenaufnahme eines Hauptsammlers mit digital erzeugter Punktewolke für den Entwässerungsbetrieb Erfurt

Drohnenaufnahme eines Hauptsammlers mit digital erzeugter Punktewolke für den Entwässerungsbetrieb Erfurt


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