Deutsche Schlossgärten leiden
Der Klimawandel fordert neue und kreative Lösungen
Der Klimawandel ist überall spürbar – auch in historischen Schloss- und Gartenanlagen. Zahlreiche alte Bäume leiden unter der Trockenheit. Zusätzlich setzt die Frühjahrsblüte der Bäume früher ein. Deshalb sind sie nun anfälliger für Frostschäden. Dabei ist es gar nicht so einfach, die historischen Pflanzen auszutauschen.
Die Gartenarchitekten vergangener Jahrhunderte überließen nichts dem Zufall. Sie stimmten die Farben der Laubbäume und deren Formen genau aufeinander ab. Dieses Bild könnte zerstört werden, wenn man ohne einen übergeordneten Plan klimafreundliche Bäume und Pflanzen ansiedelt. Deshalb müssen sich die Landschaftsgärtner der Schlossverwaltungen auf Zeiten einstellen, in denen neue gärtnerische Fähigkeiten in den Vordergrund rücken.
Die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Schlösserverwaltungen, in der fünfzehn staatliche Institutionen vertreten sind, hat deshalb auch den Klimawandel auf ihrer Agenda. Im Juni trafen sich Vertreter der Arbeitsgemeinschaft zu einem zweiten Kolloquium. Dabei kamen die Experten zu dem Schluss, dass Panikmache „unproduktiv“ sei. Allerdings dürfe man auch nicht die Augen vor der Realität verschließen. Bernd Schreiber, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Schlösserverwaltungen: „Aus jahrhundertelangem gärtnerischen Erfahrungsschatz in einer innovativen und intensiven Verschränkung mit der Wissenschaft lassen sich jedoch konstruktiv und gemeinschaftlich Lösungsansätze entwickeln.“ Es sind also neue und kreative Lösungen gefragt.
Bereits im ersten Kolloquium im August 2022, das im Gartenreich Dessau-Wörlitz stattfand, einigte man sich auf Handlungsstrategien, bei denen alle in den Parks bereits erprobten Anpassungen erfasst, ausgewertet und wissenschaftlich untersucht werden. So entstand erstmals eine deutschlandweite strukturierte Sammlung von gärtnerischem Erfahrungswissen. Im nun im Schloss Nymphenburg in München abgehaltenen zweiten Kolloquium des von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) und der Stiftung Fürst-Pückler-Park Bad Muskau geförderten Projekts wurde dieses Erfahrungswissen in einem gemeinsamen Austausch mit Wissenschaftlern kritisch diskutiert und weiterentwickelt.
Erfahrungsaustausch verschiedener Konzepte
Einige Konzepte zeigen bereits erste Erfolge. Dazu gehören etwa parkeigene Baumschulen und Versuchspflanzungen im Park Babelsberg und im Muskauer Park. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Optimierung des Wassermanagements. Dürre und Wasserknappheit in Brandenburg sind ein zentrales Thema für die staatlichen Gärten der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg. Um langfristig den Erhalt der historischen Gärten – insbesondere der Gehölzstrukturen – sicherzustellen, sei ein nachhaltiges und ressourcenschonendes Wassermanagement erforderlich. Das beinhaltet viele Einzelmaßnahmen, beispielsweise eine lokale Wasserrückhaltung und Versickerung, zeitverzögerte Weiterleitung von Niederschlagswasser in die Vegetationsflächen, zeitlich angepasste Bewässerung und die Verwendung von innovativen Bewässerungstechniken.
Aber auch die Verbesserung der Böden und des Standortes ist wichtig. So mussten im Großen Garten in Dresden in den vergangenen Jahren 900 alte Bäume gefällt werden. 700 weitere sind abgestorben. Deshalb muss in Dresden der gesamte Bestand neu aufgeholzt werden. Bei diesem Wiederaufbau wird die Schließung lokaler Stoffkreisläufe durch eine ökologisch nachhaltige Wiederverwertung organischer Biomasse zur Bodenverbesserung angestrebt. Dementsprechend werden Holzabfälle aus dem laufenden Parkpflegebetrieb zu Pflanzenkohle aufbereitet und bei Neupflanzungen als Pflanzenkohlesubstrat dem Boden wieder zurückgeführt. Ziel ist eine Nährstoffoptimierung, Verbesserung des Wasserspeichervermögens und zudem eine langfristige Bindung von Kohlenstoff im Boden.
In Freising machen die Gärtner dagegen bereits seit 20 Jahren gute Erfahrungen mit einem denkmalpflegerischen Umfang geschlossener Gehölzbestände. Prägende Altbäume bleiben dabei als Strukturbäume erhalten. Parallel dazu wird die Naturverjüngung gefördert. Die Altbäume sind neben ihrem ästhetischen Wert auch biologisch sehr gewinnbringend, denn sie sind Lebensraum für viele hundert holzbewohnende Käfer und andere Insekten. Mit der Naturverjüngung setzt die Gartenabteilung auf die Etablierung von standortangepassten Gehölzen, die dem Klimawandel zukünftig besser entgegentreten können.
Ein 2020 fertiggestelltes Konzept für ein nachhaltiges und denkmalgerechtes Baum-Management in den historischen Gärten, Parks und an den Seeufern der Bayerischen Schlösserverwaltung wird seit 2022 schrittweise umgesetzt. Mit diesem Konzept wird das Baum-Management professionalisiert und umfassend modernisiert. Die Verwaltung kann damit gezielter und fachkundiger auf die klimabedingten Schäden an den Bäumen reagieren. Die Bayerische Schlösserverwaltung setzt aber auch auf die Vitalisierung Phytophthora-geschädigter Bäume. Seit dem Frühjahr 2006 führt der Phytophthora-Spezialist Dr. Thomas Jung im Auftrag der Bayerischen Schlösserverwaltung eine Behandlung von ausgewählten, von Phytophthora befallenen Bäumen mit Kaliumphosphit durch. Im Rahmen des Projektes werden mehr als 800 Bäume behandelt. Gleichzeitig wird beispielsweise im Schloss Nymphenburg in München aber auch der Mistelbefall der Linden genau beobachtet. In Bayern setzt man außerdem auf Mikroorganismen zur Verbesserung der Böden. Die Pflanzen werden durch die Einbringung von effektiven Mikroorganismen aktiv gestärkt, damit sie die klimatischen Herausforderungen und stärkere Belastung durch Schädlinge besser überstehen können.
Weitere Informationen:
https://www.schloesser.bayern.de/deutsch/schloss/index.htm