Sachsenring: Mit High-Speed sicher auf die Zielgerade
Nicht nur im Motorsport kommt es in Sachen Sicherheit auf die zuverlässige Entwässerung der Fahrbahn an
Abrupt bremsende und beschleunigende Fahrzeuge wie die DTM-Boliden, die Anfang September mit bis zu 280 Stundenkilometern über den Parcours rasten, bedeuteten eine maximale Fahrbahnbelastung für den Sachsenring bei Hohenstein-Ernstthal. Aber auch an einem normalen Tag tummeln sich bis zu 140 Fahrzeuge bei Veranstaltungen und Fahrsicherheitstrainings des ADAC Sachsen auf der Rennstrecke. Die fast ganzjährige Dauerfrequentierung stellt höchste Stabilitäts- und Sicherheitsanforderungen an die technischen Lösungen vor Ort.
Seit Ostern 2023 sorgen 250 Meter der Betonschwerlastrinne BIRCOsir dafür, dass anfallendes Regenwasser in der berühmten „Queckenbergkurve“ zuverlässig und schnell abtransportiert wird.
MotoGP-Rennen auf dem Sachsenring genießen einen legendären Ruf: 233.000 Fans verfolgten im Mai den dreitägigen Grand Prix (GP). Rekord in der fast 100-jährigen Renntradition. Nicht minder ziehen die „Deutschen Tourenwagen-Masters“ (DTM) die Massen an den Sachsenring. Ein Highlight für die Fans ist die Einfahrt in die finale Kurve 13, bekannt als „Queckenberg-Kurve“. Sie führt über eine starke Steigung zur Start- und Zielgeraden und ist eine Schlüsselstelle: eine kleine Unkonzentriertheit in der Kurve und man verliert entscheidende Meter beim Herausbeschleunigen. „Die Herausforderung ist, den Kurveneingang zu 100 Prozent korrekt zu treffen. Generell ist der Sachsenring mit einem supergriffigen Asphalt ausgestattet und mit den vielen Linkskurven sowie Bergab- und Bergauf-Anteilen kann es keine andere Strecke in Deutschland aufnehmen“, schwärmt der gebürtige Hohenstein-Ernstthaler und Motorrad-Jungprofi Moritz Jenkner (23) von seiner Heimstrecke.
Infrastrukturmaßnahmen 2023
Die Faszination Motorsport birgt aber auch Risiken: In der Rennsaison 2022 ereigneten sich laut Statistik 1.106 Stürze. Im schlimmsten Fall verunglücken Rennfahrer tödlich. Maximale Sicherheitsvorkehrungen sind unerlässlich und sorgen dafür, dass die Unfallquote konstant rückläufig ist. Dabei nimmt der Sachsenring eine Vorreiterrolle ein. Für optimale Voraussetzungen wurden vor dem Saisonstart umfangreiche Umbau- und Sanierungsarbeiten vorgenommen. Das Gesamtprojekt umfasste 15.000 Quadratmeter Deckschichterneuerung mit gummimodifiziertem Asphalt, die Instandsetzung der Streckenentwässerung sowie der Entwässerungsrinnen.
Mit den Infrastrukturmaßnahmen am Sachsenring ist Lutz Niedner bestens vertraut. Seit 1997 ist er Technischer Leiter der Kultrennstrecke. „In der Queckenbergkurve wurden neue und vergrößerte Curbs als Begrenzung der Fahrbahn eingebaut. Dabei musste die oberflächennahe Entwässerungslösung erneuert werden“, erläutert Niedner. Mit Blick auf den Saisonstart waren die Bautätigkeiten zügig vorzunehmen. Dabei kam der Entwässerungsspezialist BIRCO aus Baden-Baden ins Spiel. Bereits vor der Anlieferung im Februar wurden die langlebigen und robusten Betonteile des Systems BIRCOsir Nennweite 150 inklusive der Abdeckungen zugeschnitten, so dass ein passgenauer und schneller Einbau gewährleistet war.
Sicherheit und Stabilität
„Die Schubkräfte, die auf Asphalt und Bauteile an der Oberfläche sowie in Oberflächennähe wirken, sind enorm“, beschreibt Verarbeiter Albrecht Queck von der „Wolf Straßen- und Tiefbau GmbH“ den hohen Anspruch an die Strecken-Infrastrukturmaßnahmen. Für die bestmögliche Sicherheit gab es drei wesentliche Anforderungen an das Entwässerungssystem:
1. Eine leistungsstarke Linienentwässerung zum Schutz vor potenziellen Überschwemmungen, da das an die Fahrbahn grenzende Kiesbett trotz Drainage an Retentionsgrenzen stoßen kann. Gefordert war eine ausreichende Aufnahmefähigkeit, um das Regenwasser effektiv über Sickerschächte in die Kanalisation abzuleiten und Aquaplaning zu verhindern.
2. Das Entwässerungssystem wird in Einbau-, Wartungs- und Trainingsphasen auch von Schwerlastfahrzeugen befahren und muss deshalb auch hohen und dynamischen Belastungen standhalten.
3. Reifenabrieb, Unebenheiten oder Kanten an der Oberfläche können zur Fahrzeug-Instabilität führen. Ein maßgenauer Rinneneinbau ist nötig, um Oberflächenkanten zu vermeiden und die Fahrzeugreifen nicht zusätzlich zu strapazieren.
Stabile und langlebige Kombi-Lösung
Die in der Queckenbergkurve eingesetzten, ein Meter langen und 25 Zentimeter breiten Elemente aus druckresistentem C 40/50 Beton verfügen über hohe Belastungsreserven bei 80 bis 90 Kilogramm Gewicht. Mit Tragehilfen und Baggerunterstützung konnte das Montage-Team gut mit den Bauteilen umgehen.
Ein geringer Wasser-Zement-Wert sorgt für entsprechende Abriebswerte, Frost- und Tausalzbeständigkeit sowie eine geringe Wasser-Eindringtiefe. Zudem ist die Seitenstabilität bis zu dreimal höher als bei herkömmlichen Bauteilen. Die gute Haftfähigkeit der Oberfläche ermöglichte den stabilen und sicheren Anschluss an den angrenzenden Asphalt. Durch die Aufschwemmsicherung kann ein Aufschaukeln oder Lösen der Rinne nahezu ausgeschlossen werden. „Durch die stabilen Grundkörper und die belastungsstabil verbundenen Massivstahlzargen erfüllt die Lösung die Anforderungen der Piste“, so Baustellenleiter Queck.
Beim Einfahren in die Queckenbergkurve touchieren die Fahrer in der Regel den Curb und dabei auch die Doppelsteg-Gussabdeckungen der Entwässerungsrinne. Diese komplettieren das leistungsfähige Konzept: „Die Abdeckungselemente können bis zu achtmal pro Meter mit dem Rinnenkörper verschraubt werden, was eine hohe Verkehrssicherheit gewährleistet“, erklärt Uwe Bormann, zuständiger Gebietsverkaufsleiter von BIRCO.
„Es ist ein bewährtes System, das durch seine Stabilität den extremen Horizontal- und Punktbelastungen am Sachsenring standhält“, ergänzt der Technische Leiter Niedner. Für ihn kann nun auch die Rennsaison 2024 kommen.