Moderne Quartiere brauchen die Transformation
Innovative Wohnviertel stellen auf erneuerbare Energie um / Wissenschaftliche Unterstützung durch mathematische Optimierungsverfahren
Klimaneutrale Städte entwickeln sich nicht automatisch, denn die Herausforderungen sind groß: Sie brauchen wirtschaftliche und innovative Versorgungskonzepte für Strom und Wärme. Da sind Entscheidungshilfen gefragt, wie die Transformation von Erzeugung und Versorgung mit den Infrastrukturen gelingen kann. Für eine zukunftsweisende Quartiersentwicklung setzt sich die Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie IEG ein.
Weg von fossilen Energieträgern und hin zu erneuerbaren Energien: So lautet die Aufgabe in verstärktem Maß für die Kommunen. Mit innovativen Tools will das Fraunhofer IEG die Kommunen dabei unterstützen, Wohnquartiere mit 100 Prozent erneuerbarer Energie auszustatten. „Unterscheiden muss man bei der Energieplanung eines Quartiers zwischen Neubau und Sanierung“, erläutert Anette Anthrakidis. Die operative Leiterin des Teams „Integrierte Quartiersplanung“ beim Fraunhofer IEG sieht bei der Sanierung die Bestandsanalyse an erster Stelle. Daraus erst kann der Wärmebedarf abgeleitet werden.
Dafür nehmen die Wissenschaftler nicht nur den Tagesbedarf in den Blick, sondern berechnen ebenso den saisonalen Verlauf. „Daraus kann die Empfehlung für einen Wärmenetzanschluss oder dezentrale Lösungen wie Wärmepumpen auf techno-ökonomischer Basis abgeleitet werden“, sagt Anthrakidis. In die Potenzialanalyse kann auch die Nutzung von Abwärme beispielsweise aus der Industrie als Option einfließen.
Beim Neubau müssen die generellen Versorgungsoptionen geprüft werden. Der Blick fällt dann auch auf die Frage nach einer sinnvollen Verknüpfung der Energiesektoren. Mit den Nutzungsprofilen wird anschließend ein Versorgungskonzept entwickelt. Darin müssen auch die unterschiedlichen Nutzungstypen berücksichtigt werden: Gibt es beispielsweise einen Kindergarten, Schulen oder eine Arztpraxis?
„Die Stärke unseres Instituts ist die Entwicklung von Software für die Berechnung des Bedarfs in den Quartieren unter Berücksichtigung der Sektorkopplung“, berichtet Anthrakidis. Damit erhalten Kommunen Hilfe zu spezifischen Lösungen. Die Verknüpfung der Energiesektoren schafft komplexe Systeme, deren Teile starke Wechselwirkungen aufeinander haben. Deshalb wird ein Werkzeug benötigt, um Investitionsentscheidungen zu treffen. Eine Grundlage dafür ist das Projekt „ODH@Jülich, das unter meiner Leitung wissenschaftlich fundierte Methoden erarbeitet, um maßgeschneiderte Lösungen zu entwickeln“, berichtet Anthrakidis. So kann das Institut als partnerschaftlicher Berater die Kommunen dabei unterstützen, die Klimaziele zu erreichen. Das Forschungsprojekt ist ein Teil der Initiative von mehreren Fraunhofer-Instituten für zukunftsfähige Quartiere. Die Wissenschaftler entwickeln ein Ökosystem, bei dem digitale Zwillinge in einem selbstlernenden Energiemanagementsystem unter Berücksichtigung der Cyber-Sicherheit eingesetzt werden.
Denkmalschutz und Energieeffizienz in Union
Dem Ziel der nachhaltigen städtischen Entwicklung widmet sich auch der EUREF-Campus Berlin, der sich selbst als „Reallabor der Energiewende“ bezeichnet. Bereits seit 2014 erfüllt das Quartier die Klimaziele der Bundesregierung für 2045. Mehr als 5000 Beschäftigte arbeiten, lernen und forschen in mehr als 150 Unternehmen und Organisationen in den Bereichen Energie, Mobilität und Nachhaltigkeit. In dem Stadtquartier sind denkmalgeschützte Backsteinbauten mit moderner Architektur vereint. Zudem sind außergewöhnliche Veranstaltungsräume vorhanden, die alle unter den Aspekten von Denkmalschutz und Energieeffizienz saniert wurden.
Für die klimagerechte Transformation empfiehlt Anthrakidis den schnellen Einstieg in die Umsetzung. Die Analyse des Bestands ist wichtig, aber sie muss nicht komplett abgeschlossen sein, um mit anfänglichen Maßnahmen zu beginnen. „Kommunen brauchen Hilfe bei der Erfassung der Lage“, erläutert Anthrakidis. Jedes Effizienzpotenzial sollte genutzt werden. Dazu sollte der Blick auf Fenster zur Verbesserung der Wärmeeffizienz oder auf Dächer zur Nutzung von Photovoltaik fallen.
Im Trend liegen derzeit Wärmepumpen, bei denen sich die Technologie rasant weiterentwickelt. Auch Großwärmepumpen zur Versorgung von Wärmenetzen sind gefragt.
Auf der Geothermie ruhen viele Hoffnungen, insbesondere weil neue Bohrungsverfahren entwickelt wurden.
So gibt es viele Transformationspfade für Kommunen, „für die das Fraunhofer IEG Unterstützung anbietet“, erklärt Anthrakidis. [ dlu ]
Ansprechpartner:
Fraunhofer IEG – Integrierte Quartiersplanung
Anette Anthrakidis, Operative Leitung
anette.anthrakidis@ieg.fraunhofer.de
Tel. +49 234 33858-160