Das kommunale Energiemanagement kommt
Bis 2028 ist der Wärmeplan ein Muss: Sowohl das Gebäudeenergiegesetz als auch das Wärmeplanungsgesetz treten mit Jahresbeginn in Kraft
Die Anforderungen, die auf die Kommunen in Bezug auf die Wärmeregelung zurollen, haben eine bislang immer noch unübersehbare Dimension. Fast scheint es, als würde sich mancher Verantwortliche in der Verwaltung danach sehnen, dass er es lediglich mit der enormen Preissteigerung zu tun hätte. Diese Kurve lässt sich trotz ihres steilen Anstiegs womöglich leichter in den Griff bekommen als das Wärmeenergiekonzept mit den Reduzierungsvorgaben.
Die kommunale Wärmeplanung, die nach der Novelle des Gebäudeenergiegesetzes für alle Städte und Gemeinden vorgeschrieben ist, steht nach einer Umfrage des Deutschen Städtetags noch am Anfang. 47 Prozent der befragten 119 Städte sind noch in der Koordinierungsphase. 18 Prozent erstellen die Bestandsanalyse. 17 Prozent sind bereits beim Aufstellen des Wärmeplans und vier Prozent bereits in der Umsetzungsphase. Noch gar nicht angefangen haben vier Prozent.
Größere Städte haben bis 2026 Zeit, einen Plan für klimabewusstes Heizen vorzulegen – kleinere Kommunen bis 2028. Das Gebäudeenergiegesetz, das auch unter dem Namen Heizungsgesetz bekannt ist und am 1. Januar 2024 in Kraft tritt, soll den Ausstoß von Treibhausgas auch auf diesem Sektor senken. Ebenfalls mit Jahresbeginn soll das Wärmeplanungsgesetz in Kraft treten.
Gerhard Stryi-Hipp, Gruppenleiter Smart Cities des Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg, erläutert: „Um die Transformation hin zu einer klimaneutralen und nachhaltigen Lebensweise erfolgreich zu meistern, benötigen Städte systematische Pläne und eine kompetente Unterstützung.“ Doch wie kommen sie zur Erstellung und anschließenden Umsetzung eines Energiekonzepts?
Zunächst muss das Ziel gesetzt werden, erläutert der Wissenschaftler: Die Aufgabe der Verwaltung ist es, „Klimaneutralität bis 2045 zu erreichen.“ Das bedeutet, dass alle Maßnahmen einen Beitrag zu diesem langfristigen Ziel bringen müssen. Darunter fällt beispielsweise, ineffiziente Heizungen zu ersetzen. Auch der Bau von Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) ist schnell umsetzbar und ohne ein großes Gesamtkonzept möglich.
Das Ziel ist allerdings nur erreichbar, wenn alle Bausteine des Konzepts einen Beitrag leisten. „Nur bei dem richtigen Mix von Erzeugung und Entnahme der Energie wird Klimaneutralität erreicht“, betont Stryi-Hipp. Beispielsweise sieht er keine Chance, die Energiewende im Mobilitätssektor zu erreichen, wenn kein Gesamtkonzept vorhanden ist, das auch auf die Sektoren heruntergebrochen wird. Dieses Gesamtkonzept lässt sich nicht in Kürze erstellen. So lange darf die Verwaltung jedenfalls nicht mit den ersten Maßnahmen warten, sondern diese müssen parallel erfolgen, weil sonst zu viel Zeit verloren geht.
Da war einst die Welt doch deutlich einfacher für die Kommunen: In Bezug auf die Energiefrage wurde eine Konzession vergeben, und damit war das Problem gelöst. „Jetzt müssen sich die Kommunen mit dem Thema beschäftigen“, schildert Stryi-Hipp die Lage. Die aktuelle Fragestellung lautet: Wie werden alle Kommunen bis zum Jahr 2045 klimaneutral. Dazu hat sich Deutschland mit dem Klimaschutzgesetz verpflichtet. Bereits bis 2030 sollen die Gesamtemissionen um 65 Prozent im Vergleich zum Jahr 1990 sinken. Dazu hat der Gebäudesektor also lediglich acht Jahre Zeit. „Die Kommune wird heutzutage viel stärker in die Pflicht genommen, den Bürger zu unterstützen“, sagt der Wissenschaftler. Und sie muss schließlich auch auf die Gebäude im eigenen Bestand achten.
Zur Erstellung der Energiebilanz rät Stryi-Hipp, auf externe Hilfe zurückzugreifen, denn der Blick auf die verschiedenen Sektoren wie Solar, Wind oder Wasser bietet eine große Vielfalt. Die Energieagenturen sind seiner Ansicht nach gut dafür geeignet. Ebenfalls hilfreich ist es, Netzwerke zu bilden. „Eine Kommune sollte das Thema ganzheitlich angehen, aber schon mit konkreten Punkten anfangen“, sagt Stry-Hipp. Dann können die technischen und finanziellen Fragen als Gesamtlösung geklärt werden. „Ich gehe davon aus, dass die meisten Bürger auf Nahwärme setzen.“ Diese Lösung ist zwar oft etwas teurer, dafür bietet sie eine hohe Sicherheit.
Bei den Wärmepumpen, deren Kosten vom Strompreis abhängig sind, sieht der Experte sehr dynamische Entwicklungen im Gang. Noch vor kurzem waren sie vor allem in Neubauten zu finden, jedoch sind sie inzwischen auch in Altbauten eingezogen, obwohl ihr Effizienzgrad dort schlechter ist. Dennoch lassen sich oft durch einfache Maßnahmen wie den Austausch der Heizkörper gute Lösungen erzielen.
Teilweise wird auch Geothermie vorbereitet, dann macht auch Nahwärme Sinn. Erdbeben sind seiner Ansicht nicht völlig vermeidbar, aber ein Desaster wie in Staufen muss nicht befürchtet werden, wenn das Unternehmen keine groben Fehler macht. „Studien zeigen, dass wir als Haupterzeugung in Wohngebäuden die Wärmepumpen haben werden“, berichtet Stryi-Hipp. Immerhin zählt die Wärmepumpe zu den erneuerbaren Energien. Sie erfüllt heute bereits die Anforderungen.
Für regenerative Energie generell kommen vor allem Wind und Sonne in Betracht, bei denen die Umwandlungsverluste technologisch minimiert werden. Grundsätzlich bedeutet die Energiewende für die Kommunen, dass die Energie künftig dezentral erzeugt wird. Dafür sind auch intelligente Energiesysteme vor Ort erforderlich. „Viele Aspekte, die zusammenhängen, müssen beachtet werden“, rät Stryi-Hipp, „da sollte die Verwaltung jemanden suchen, der sich auf dieses Thema konzentrieren kann.“ [ dlu ]
Ansprechpartner für Rückfragen:
Gerhard Stryi-Hipp, Fraunhofer ISE
Bereiche: Smart Cities, klimaneutrale Städte und Quartiere
Tel.: +49 761 4588-5686