Großwärmepumpen als Hoffnungsverdichter
Wärme ohne Ausstoß von Treibhausgas / Kommunale Versorger spielen Schlüsselrolle
Durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe werden in Deutschland knapp 80 Prozent des Wärmebedarfs in Gebäuden und in der Industrie gedeckt. Um die Klimaziele zu erreichen, braucht Deutschland jedoch eine klimaneutrale Wärmeversorgung. Der Ausstoß von Treibhausgas muss drastisch vermindert werden. Im Blick auf die Klimaziele Deutschlands spielt der Wärmesektor folglich eine Schlüsselrolle. Großwärmepumpen können den Betrieb von Wärmenetzen auf ein klimaneutrales Niveau heben, hat eine topaktuelle Studie ergeben.
„Wärmepumpen bieten die volkswirtschaftlich sinnvollste Zusammensetzung, um den Endenergieverbrauch zu decken“, lautet die Einschätzung von Fabian Ahrendts, der zusammen mit Dr.-Ing. Matthias Utri (beide Fraunhofer IEG) an der Studie „Roll-out von Großwärmepumpen in Deutschland“ arbeitete, die von Agora Energiewende und dem Fraunhofer-Institut für Energieinfrastrukturen und Geothermie vor wenigen Tagen veröffentlicht wurde.
Der Verbrauch ist derzeit dominiert von Methan (Erdgas) und Heizöl in der Größenordnung von 600 TWh des 800 TWh Endenergieverbrauchs im Gebäudesektor heute. Bis 2045 werden nur noch etwa 500 Terawattstunden benötigt, die dann aus erneuerbaren Quellen stammen werden.
„Ein Fünftel davon kann durch Fernwärme gedeckt werden“, erläutert Ahrendts. „Ein erheblicher Teil kann durch Großwärmepumpen bereitgestellt werden.“ Großwärmepumpen können im Jahr 2045 mehr als 70 Prozent der Fernwärme bereitstellen, heißt es in der Studie.
Einteilung der Wärmepumpen
Großwärmepumpen untergliedern sich in drei grobe Anwendungsklassen: Raumwäme und Warmwasser, Fernwärme und industrielle Wärmebedarfe mit jeweils größeren Vorlauftemperaturen. Von Großwärmepumpen kann bei Geräten mit einer Heizleistung oberhalb von 500 kW gesprochen werden, da die bei Kleingeräten typischen Scrollverdichter sich nicht sinnvoll für diese Leistungsklassen skalieren lassen. Vielmehr finden bei mittleren Leistungen Schrauben- und Hubkolbenverdichter und bei größeren Leistungen Turboverdichter Anwendung. Bei großen Temperaturhüben für die Anwendungen in der Fernwärme oder für industrielle Wärmebedarfe werden die Anlagen mehrstufig. Dies betrifft auch kommunale Bedarfe mit Senkentemperaturen von weniger als 120 Grad.
Der Wirkungsgrad sinkt im Allgemeinen mit der Temperaturdifferenz der genutzten Wärmequelle und der erzeugten Vorlauftemperatur. Großwärmepumpen arbeiten etwas effizienter als kleinere Geräte, weil die Investitionskosten gegenüber den Betriebskosten klein sind.
Für die Entwicklung einer Hochtemperaturwärmepumpe arbeitet das IEG gemeinsam mit der TU Dortmund und der Aerzener Maschinenfabrik im öffentlichen Forschungsprojekt SteamScrew mit Wasser als Kältemittel zur Bereitstellung von Wärme auf einem Temperaturniveau von 140 bis 200 Grad Celsius. „Dafür wird eine Wärmepumpe mit Dampfschraubenverdichter genutzt“, ergänzt Dr. Matthias Utri. Damit lässt sich Prozesswärme für die Industrie bereitstellen. Das Niveau der Wärmequelle liegt zwischen 80 und 120 Grad und kann durch Abwärme oder Tiefengeothermie bereitgestellt werden.
Fördermittel nutzen
„Die Wärmepumpe wird sich zu einer der günstigsten Wärmequellen entwickeln“, davon ist Ahrendts überzeugt, und er hat auch einen wichtigen Tipp für Kommunen parat: „Die Bundesförderung für effiziente Wärmenetze, BEW, ist nicht nur ein gut ausgestattetes Programm, sondern sie bezieht auch Betriebskostenzuschüsse mit ein.“
Durch bestehende Fernwärmenetze ist bereits ein Teil der benötigten zentralen Infrastruktur für Großwärmepumpen vorhanden. Das ist ein großer Vorteil. „Trotzdem taucht die Henne-Ei-Problematik auf“, sagt Ahrendts und schildert das Problem der Kommunen, wofür zuerst gesorgt werden soll: Wärmepumpe oder Fernwärmenetz mit abgesenkter Temperatur. Die Absenkung der Temperatur des Fernwärmenetzes erlaubt einen effizienteren Betrieb sowie eine einfachere und günstigere Wärmepumpe. Üblicherweise reichen die Investitionsmittel nicht für beides gleichzeitig. „In der Praxis zeigt sich, dass man sich häufig zuerst um die Wärmepumpe und damit die Reduktion der CO2-Emissionen kümmert, aber dann wird die Sache in Summe deutlich teurer.“
Kommunale Versorger können eine wichtige Rolle bei der Energiewende spielen. Wie sieht die dekarbonisierte Wärmeplanung aus? Für die Erstellung der kommunalen Wärmeplanung und die Umsetzung der Ziele werden Berater benötigt, deren Terminplan bereits jetzt für lange Zeit ausgebucht ist – und die Nachfrage steigt. Dann kann auf die Expertise der wissenschaftlichen Mitarbeiter des Fraunhofer IEG zurückgegriffen werden. „Wir bieten kommunale Wärmeplanung an“, berichtet Ahrendts, „und haben schon Werkzeuge dafür entwickelt.“ Seiner Erfahrung nach haben innovative Kommunen bereits jetzt die ersten Schritte unternommen, etwa in der Quartiersentwicklung.
Bei der Neuplanung eines Wärmenetzes darf man sich keine Patzer erlauben. „Gleich richtig machen“, lautet einer der Tipps des Fraunhofer-Experten. „Für den Start ist ein Wärmekataster hilfreich: Wo liegen die Umweltwärmequellen und wie können sie erschlossen werden? Da die Vorlauftemperatur eine große Rolle spielt, müssen wahrscheinlich Netze für Niedertemperatur ertüchtigt und gebaut werden. Dafür müssen die Heizsysteme angepasst werden. [ dlu ]
Förderung für die Wärmepumpe:
Den Zuschuss für eine Wärmepumpe kann beantragen, wer sich an die Fördervoraussetzungen der BEG-Richtlinie für die Heizungsmodernisierung als Einzelmaßnahme (Bundesförderung effiziente Gebäude, BEG-EM) hält.
Förderhöhe:
- Mindestens 25 Prozent Wärmepumpen-Förderung vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA).
- Bis zu 30 Prozent Zuschuss gibt es mit dem 5-Prozent-Bonus für natürliche Kältemittel oder besondere Effizienz der Anlage.
- Mit dem 10-Prozent-Heizungstausch-Bonus sind maximal 40 Prozent Zuschuss möglich.
Handlungsprioritäten laut Studie „Roll-out von Großwärmepumpen in Deutschland“:
Großwärmepumpen:
- schnelle Kostensenkung
- weitere Performancesteigerung
- höhere Fertigungskapazitäten
Wärmenetze:
- bereinigte Förderlandschaft
- verbindliche Wärmeplanung
- vereinfachte Umsetzung von Großwärmepumpenprojekten
Ansprechpartner:
Fabian Ahrendts, Leitung Hochtemperatur-Wärmepumpen: Tel.: +49 355 35540-155
Dr.-Ing. Matthias Utri, Leitung Hochtemperatur-Wärmepumpen: Tel.: +49 234 33858-161