Sensibilisieren, motivieren, aktivieren – so gelingt Klimaschutz
Ausgezeichnete Städte und Gemeinden punkten mit cleveren Ideen vom Jugendklimarat über eine CO2-Challenge bis hin zur Beschaffungsstrategie
Der Klimawandel ist eine der zentralen Herausforderungen dieser Zeit. Der Schutz des Klimas wird in vielen Kommunen unlängst als eine der wichtigsten Aufgaben gesehen, wie eine Befragung belegt, die das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) jährlich bei den Stadtspitzen in Städten mit mindestens 50.000 Einwohnern in Deutschland durchführt. Bei diesem „OB-Barometer“ wurde Anfang 2022 die Klimathematik erstmals und mit deutlichem Abstand als wichtigstes Handlungsfeld angegeben – von fast zwei Drittel der Städte. Auch in der diesjährigen Umfrage bleibt der Klimaschutz eines der Top-Themen in der Wahrnehmung der Befragten.
Die Handlungsoptionen im kommunalen Klimaschutz sind vielfältig. Beim Wettbewerb „Klimaaktive Kommune“, den das Difu seit 2009 mit Förderung der Nationalen Klimaschutzinitiative des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz auslobt, werden jährlich vorbildliche Klimaschutzmaßnahmen deutschlandweit ausgezeichnet. Die prämierten Projekte, aber auch die Vielfalt der eingereichten Bewerbungen belegen das Engagement, mit dem viele Kommunen aktiv CO2 einsparen.
Klimaschutz geht dabei durch alle Handlungsbereiche einer Kommune: Energienutzung und -versorgung, (eigene) Liegenschaften, Mobilität, Abfall- und Abwasserwirtschaft, Beschaffung und Ernährung und einiges mehr. Um die nationalen Klimaschutzziele der Treibhausgasneutralität bis 2045 zu erreichen, sind ambitionierte Transformationsprozesse gefragt: Energiewende, Wärmewende, Verkehrswende beispielsweise. Was aber auch benötigt wird, ist eine
„Wende in den Köpfen“, damit der Klimaschutz die notwendige hohe Priorität und Akzeptanz in der Umsetzung erhält. Daher sind neben investiven Maßnahmen auch Anpassungen von Prozessen, Verhaltensweisen oder Prioritäten gefragt. Vor allem diese „weichen“ Maßnahmen zeigen die folgenden ausgewählten Beispiel-Projekte, die neben vielen weiteren zu den Gewinnerprojekten des Wettbewerbs „Klimaaktive Kommune“ der letzten Jahre zählen.
Vorbildliche kommunale Praxis
In Hannover setzt die Verwaltung beim Thema Energiesparen seit mehr als 25 Jahren auf die Motivation der Nutzer städtischer Liegenschaften. Schon Mitte der 1990er Jahre startete sie ein Projekt zum Einsparen von Energie an Schulen und hat es später in angepasster Weise auf Kindertagesstätten und die Stadtverwaltung übertragen. Ziel ist es dabei, die Nutzer für den Klimaschutz zu sensibilisieren, über Handlungsoptionen zu informieren und zu CO2-sparendem Verhalten zu motivieren. Die Einrichtungen und ihre Nutzer werden für die Teilnahme oder die erfolgreichen Einsparungen entsprechend belohnt.
Die Stadt Ludwigsburg hat ihre „Marktmacht“ für den Klimaschutz genutzt und ihre Beschaffung nachhaltig aufgestellt. Mehrere städtische Fachbereiche legten dazu in einer ämterübergreifenden Arbeitsgruppe gemeinsam mit einer externen Beratung Nachhaltigkeitskriterien für die gesamte Beschaffungspraxis fest. Das Ergebnis war eine Dienstanweisung, die auf dem „Cradle-to-Cradle-Konzept“, also einer Kreislaufwirtschaft, basiert und um zusätzliche soziale und klimarelevante Aspekte ergänzt wurde. Sie gilt für die gesamte Verwaltung – von der Bildung über die Mobilität bis hin zum Hochbau.
Die Metropolregion Nürnberg möchte zu Verhaltensänderungen motivieren und wendet sich seit einigen Jahren mit ihrer „CO2-Challenge“ gezielt an ihre Bürger. Bei diesem Wettbewerb sollen die Teilnehmenden kleinere Herausforderungen zum CO2-Sparen im Alltag annehmen. Diese reichen von Fahrradfahren und Stromsparen über klimafreundliche Ernährung bis hin zum plastikfreien Einkaufen. Die Projektidee entwickelte ein Netzwerk von Klimaschutzmanagern der Städte und Landkreise in der Metropolregion Nürnberg.
Um das Thema klimafreundliche Mobilität aufzugreifen berät und unterstützt die Stadt Essen lokale Unternehmen und Organisationen dabei, sich vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) als „Fahrradfreundlicher Arbeitgeber“ zertifizieren zu lassen. Hierzu werden Veranstaltungen und Workshops für interessierte Unternehmen organisiert, Netzwerke aufgebaut und als Anreiz zur Zertifizierung auch eine finanzielle Unterstützung für die durchzuführenden Maßnahmen angeboten.
Bei der Zertifizierung selbst wird die Fahrradfreundlichkeit in verschiedenen Aktionsfeldern bewertet. Ziel der Stadt Essen ist es, mit dieser Maßnahme das Radfahren stärker in die betriebliche Mobilität zu integrieren und den Umstieg aufs Fahrrad zu fördern.
Die Stadt Bremerhaven nimmt die Belange junger Menschen gezielt in den Blick. Um Jugendliche stärker in politische Entscheidungen im Themenfeld Klimaschutz einzubinden, hat die Stadt ein eigenes Gremium eingerichtet: den „Jugendklimarat Bremerhaven“. Er arbeitet jeweils für zwei Jahre und besteht in wechselnder Zusammensetzung aus rund 20 Bremerhavener Schülern oder Auszubildenden ab Sekundarstufe II.
Die Mitglieder des Jugendklimarats treffen sich regelmäßig in eigenen und öffentlichen Sitzungen. Im politischen Bau- und Umweltausschuss haben sie Beratungs- und Rederecht und können eigene Beiträge in die Sitzungen einbringen. Außerdem entwickeln sie eigene Klimaschutzprojekte und erhalten hierfür ein Budget.
Wie die Beispiele zeigen, haben Kommunen viele Möglichkeiten, unterschiedliche Zielgruppen für den Klimaschutz zu sensibilisieren. Ein wichtiger Schritt ist es dabei, selbst mit gutem Beispiel voranzugehen und Klimaschutz vor Ort als Querschnittsaufgabe zu begreifen, die in allen relevanten kommunalen Entscheidungen zu berücksichtigen ist. Dazu haben einige Kommunen bereits sogenannte „Klimachecks“ eingeführt, mit denen sämtliche Beschlussvorlagen auf ihre Klimawirkung oder ihre Klimarelevanz hin geprüft werden. Durch Klimachecks können bislang unentdeckte Treiber des Klimawandels im kommunalen Handeln aufgedeckt und Mitarbeiter verstärkt für die Bedeutung des Klimaschutzes sensibilisiert werden. Denn Klimaschutz in Kommunen erfordert Teamwork – auf allen Ebenen.
Für Rückfragen zu diesem Thema wenden Sie sich am besten an:
Frau Ulrike Vorwerk, M.A.
am Deutschen Institut für Urbanistik in Köln
Forschungsbereich Umwelt
Gereonstraße 18-32, 50670 Köln
Tel.: +49 (0)221 340308-0
E-Mail: umwelt@difu.de
Weitere Informationen zum Thema „Klimaaktionen“:
Wettbewerbsgewinner „Klimaaktive Kommune“ 2009 bis 2022:
www.klimaschutz.de/de/service/wettbewerbe
Online-Publikation #Klimahacks No. 9 – Mach dein Projekt zum Klimacheck für Ratsbeschlüsse:
https://difu.de/16672